Mittwoch, 11. Juli 2012

TILL WESTERMAYER: Die drei Ebenen des Falls Johannes Ponader

Ich glaube, es geht eher darum, zu zeigen, dass ein ausgefülltes, tätiges Leben mit einem Grundeinkommen prinzipiell auch heute schon möglich wäre. Das ist natürlich eine Provokation – vor allem denen gegenüber, die der Arbeitsreligion anhängen. Gerade im Kunstbereich klappt das klassische Erwerbsarbeitsmodell doch heute schon überhaupt nicht mehr – auch deswegen sind die aktuellen Urheberrechtsdebatten ja so heftig: weil die Kunstschaffenden, die sich vom Netz bedroht fühlen, oft gerade mal so über die Runden kommen und Existenzängste haben. Ähnliches gilt für Kleinselbstständigkeiten unterhalt der Wirtschaftlichkeitsschwelle (nicht nur Modedesigner oder Lifestyle-Bloggerinnen in Berlin, sondern auch Subunternehmer in der Forstwirtschaft, um den Horizont etwas zu weiten). Zum Teil auch für akademische Tätigkeiten »unterhalb« der Professur – Lehrbeauftragte beispielsweise. Die wohlfeil-sozialdemokratische Antwort auf all diese lebenskünstlerischen Nischen ist es, diese zuzubetonieren und statt dessen tariflich gesicherte abhängige Beschäftigungsverhältnisse zu schaffen. Den Rest darf der Markt erledigen – was sich nicht trägt, ist unabhängig vom individuellen und gesellschaftlichen Wert, der in einer solchen Tätigkeit geschaffen wird, nicht länger tragbar.

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