Mittwoch, 6. Februar 2013

Roland Preuß: Plagiatsfall Schavan - Warum der Titelentzug nicht richtig ist

Die Causa Schavan ist ein Grenzfall, das zeigt schon die lange Prüfung durch die Universität. Das Fehlverhalten der heutigen Ministerin liegt mehr als 30 Jahre zurück. All das hätte man berücksichtigen, die Zitierfehler rügen - und es dabei belassen können. Historiker können dem zweiten Kabinett Merkel seit Dienstagabend ein neues Etikett verpassen: Es war die Runde der Abschreiber. Mit Guttenberg und Schavan kommt die Regierung auf eine Plagiatorenquote von 12,5 Prozent. Das ist fast so viel wie der Anteil der fehlerhaften Seiten in Schavans Doktorarbeit. Ausgerechnet im Jahr der Bundestagswahl beschädigt das die Glaubwürdigkeit der schwarz-gelben Koalition und die bürgerlichen Tugenden, die sie hochhält: Leistungsbereitschaft und Rechtstreue. Plagiatoren missachten beides. Die Philosophische Fakultät in Düsseldorf hat der Bundesbildungsministerin in kühler Strenge den Doktortitel aberkannt. Das Gremium hätte sich durchaus anders entscheiden können, doch am Ende war das Votum klar: Schavan habe absichtlich plagiiert. Deshalb der Titelentzug und damit die akademische Höchststrafe für Frau Professor Schavan. Nun hat die Bundesbildungsministerin nicht einmal mehr einen akademischen Abschluss, denn sie hatte ihr Studium per Promotion beendet. Die Entscheidung ist juristisch vertretbar, dennoch ist sie nicht richtig. Zum einen war die Causa Schavan ein Grenzfall, das zeigt schon die lange Prüfung durch die Universität. Und das zeigt der Streit, den die Vorwürfe unter Wissenschaftlern entfacht haben. Zum Zweiten lag das Fehlverhalten der jungen Annette Schavan mehr als 30 Jahre zurück. All das hätte man berücksichtigen, die Zitierfehler rügen - und es dabei belassen können. Die Entscheidung gegen Schavan setzt strenge Maßstäbe, auch bei der Prüfung von Dissertationen, die in den Bibliotheken längst vor sich hingilben. Man darf gespannt sein, wie viele Titel diesen Maßstäben noch zum Opfer fallen werden.

Gegen-Kommentar von Steffen Roski: 


Die Causa Schavan stellt keinen Grenzfall dar, das zeigt das klare Prüfungsvotum der Universität. Das Fehlverhalten der heutigen Ministerin liegt mehr als 30 Jahre zurück. Eine recht große zeitliche Distanz, gewiss, aber die Schavanschen Zitierfehler sind gravierend - sie bloß zu rügen, dies wäre nicht genug. Historiker können dem zweiten Kabinett Merkel seit Dienstagabend ein neues Etikett verpassen: Es war die Runde der Abschreiber. Mit Guttenberg und Schavan kommt die Regierung auf eine Plagiatorenquote von 12,5 Prozent. Das ist fast so viel wie der Anteil der fehlerhaften Seiten in Schavans Doktorarbeit. Ausgerechnet im Jahr der Bundestagswahl beschädigt das die Glaubwürdigkeit der schwarz-gelben Koalition und die bürgerlichen Tugenden, die sie hochhält: Leistungsbereitschaft und Rechtstreue. Plagiatoren missachten beides. Die Philosophische Fakultät in Düsseldorf hat der Bundesbildungsministerin in klarer Strenge den Doktortitel aberkannt. Das Gremium hätte anders nicht entscheiden können: Schavans absichtliche Plagiate sind zu offensichtlich. Deshalb der Titelentzug und damit die akademische Höchststrafe für Frau Professor Schavan. Nun hat die Bundesbildungsministerin nicht einmal mehr einen akademischen Abschluss, denn sie hatte ihr Studium per Promotion beendet. Die juristisch klar begründete Entscheidung ist richtig. Zum einen ist die Causa Schavan kein Grenzfall, das zeigt schon allein die Tatsache, dass der jungen Promovendin die Regeln korrekten wissenschaftlichen Arbeitens auch vor dreißig Jahren sehr wohl vertraut gemacht wurden. Der unter Wissenschaftlern entfachte Streit über die Vorwürfe darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Prüfung der gegen Schavan erhobenen Vorwürfe nur an ihrer Alma Mater erfolgen kann, denn nur in Düsseldorf selbst gibt es das notwendige institutionelle Gedächtnis. Nur dort kann konkret die spezifische Lern- und Lehrkultur nachvollzogen werden, unter der Schavan ihr Vorhaben zu realisieren trachtete. Zum Zweiten handelte es sich beim Fehlverhalten der jungen Schavan um ein solches, das auch vor 30 Jahren als gravierend  hätte eingeschätzt werden müssen. All dies hat man heute berücksichtigt, die Promotion aberkannt - und der Unabhängigkeit der Wissenschaft einen Dienst erwiesen. Die Entscheidung gegen Schavan setzt strenge Maßstäbe, auch bei der Prüfung von Dissertationen, die in den Bibliotheken längst vor sich hingilben, die aber ihren Autorinnen und Autoren einen unangemessenen Startvorteil für Karrieren in Wirtschaft, Wissenschaft, Bildungswesen, Politik und Kultur erbracht haben. Man darf gespannt sein, wie viele unberechtigte akademische Titelträgerinnen und Titelträger durch diese neuen Maßstäbe in Zukunft noch bloßgestellt werden.

Kommentar zum Gegenkommentar:

Manche Passagen des Kommentars von Preuß sind von mir völlig bewusst abgeschrieben worden. Mein Plagiieren folgt einer bestimmten Absicht, nämlich der Verharmloserei durch den Kommentator der SZ gezielt entgegenzuwirken!




Mein Blog befasst sich in einem umfassenden Sinn mit dem Verhältnis von Wissen, Wissenschaft und Gesellschaft. Ein besonderes Augenmerk richte ich dabei auf die Aktivitäten des Medien- und Dienstleistungskonzern Bertelsmann und der Bertelsmann Stiftung.

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