Freitag, 3. Mai 2013

Daniela Pscheida: Wissen und Wissenschaft unter digitalen Vorzeichen

Die Bildungsinstitutionen Schule und Universität stehen der Nutzung der Wikipedia als Informationsquelle in der Regel allerdings skeptisch gegenüber. Grund dafür ist der Mangel an Verlässlichkeit der in den Artikeln zu findenden Informationen. Da jeder jederzeit Eintragungen und Änderungen vornehmen kann, ist die Qualität nicht garantiert. Zwar wurde in verschiedenen Vergleichsstudien nachgewiesen, dass die Wikipedia klassischen Enzyklopädien in diesem Punkt keineswegs nachsteht,[19] doch ist die Skepsis in gewisser Hinsicht durchaus angebracht. Denn die Benutzung der Wikipedia bedeutet, dass man die in ihr herrschenden Prämissen des Umgangs mit Wissen akzeptiert oder wenigstens in Kauf nimmt. So waren die klassischen Enzyklopädien, die als ledergebundene Nachschlagewerke die Regale der Bibliotheken und privater Wohnzimmer füllten, nicht nur physisch an das Medium des gedruckten Buches gebunden. Sie waren auch strukturell durch und durch Sprösslinge der Buchkultur und damit auch einem buchkulturellen Wissensmodell verhaftet, das sich nicht zuletzt durch eine klare redaktionelle Trennung zwischen den schreibenden Experten und den sich lesend informierenden Laien auszeichnete und dadurch die hohen Standards der Wissenschaftlichkeit – Objektivität und Rationalität – gewährleisten konnten. Die Wikipedia nun überwindet neben den Grenzen des bedruckten Papiers (wodurch sie ein Vielfaches an Inhalten aufnehmen kann) auch jene der buchkulturellen Wissensprinzipien, indem sie etwa auf einen redaktionellen Prüfprozess vor Veröffentlichung verzichtet.[20] Dieser Schritt ist im Sinne der demokratischen und partizipativen Internetkultur nur konsequent, im Rückgriff auf den buchkulturell geprägten Begriff der Enzyklopädie ist er problematisch oder wenigstens irritierend, denn die Online-Enzyklopädie à la Wikipedia weicht damit vom klassischen Gattungsverständnis ab und definiert dieses neu.

Mein Blog befasst sich in einem umfassenden Sinn mit dem Verhältnis von Wissen, Wissenschaft und Gesellschaft. Ein besonderes Augenmerk richte ich dabei auf die Aktivitäten des Medien- und Dienstleistungskonzern Bertelsmann und der Bertelsmann Stiftung.

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