Dienstag, 21. Januar 2014

Volker Ullrich: Nun schlittern sie wieder. Mit Clark gegen Fischer: Deutschlands Konservative sehen Kaiser und Reich in der Kriegsschuldfrage endlich rehabilitiert

In solchen Attacken wird deutlich, worauf der teils schrille deutsche Jubel über Clarks Schlafwandler letztlich zielt: Es geht um eine geschichtspolitische Weichenstellung. Was den Konservativen im "Historikerstreit" der achtziger Jahre noch missglückte - nämlich die Deutungshoheit über die deutsche Geschichte zurückzugewinnen -, das soll jetzt gelingen. Es fällt auf, wie matt der Widerspruch bislang war. In der Zunft scheint man des Streites müde geworden zu sein.
Christopher Clarks Buch ist in England sehr viel zurückhaltender aufgenommen worden als in Deutschland. Es überrasche ihn, merkte etwa der Rezensent des Spectator ironisch an, dass Clark bei seinen Vorlesungen noch keine Pickelhaube trage. Hierzulande gilt der sympathische Historiker aus Cambridge, nicht zuletzt wegen seiner australischen Herkunft, als unvoreingenommen; von ihm lässt man sich gern Versöhnliches über die preußisch-deutsche Geschichte sagen. So kann man von konservativer Seite denn auch problemlos anknüpfen an die nationale "Meistererzählung" zum Ersten Weltkrieg, wie sie vor der Fischer-Kontroverse kanonische Geltung besaß.
(Aus: DIE ZEIT, 16. Januar 2014, Nr. 4, S. 17)

Mein Blog befasst sich in einem umfassenden Sinn mit dem Verhältnis von Wissen, Wissenschaft und Gesellschaft. Ein besonderes Augenmerk richte ich dabei auf die Aktivitäten des Medien- und Dienstleistungskonzern Bertelsmann und der Bertelsmann Stiftung.

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