Mittwoch, 18. März 2015

Ina Rogg: Gestärktes kurdisches Selbstbewusstsein. Der Sieg gegen die Jihadisten in Kobane hat auch den türkischen Kurden Auftrieb gegeben und die Grenzen aufgeweicht

"Der Reformwille Erdogans und der AKP ist freilich seit langem erlahmt. Statt die Demokratisierung des Landes voranzutreiben, haben sie den Rückwärtsgang eingelegt. Ausdruck ist nicht zuletzt das heftig umstrittene Sicherheitsgesetz, das die AKP just auf den Weg brachte, als die Kurden gegen die türkische Blockade auf der Strasse nach Kobane protestierten. Mehr als dreissig Demonstranten verloren bei den Ausschreitungen Anfang Oktober ihr Leben. Das Gesetz sieht unter anderem eine Stärkung der von der Regierung eingesetzten Gouverneure vor. Diese könnten die gewählten Kommunalvertretungen faktisch entmachten - ein probates Mittel, um unter anderem gegen unangenehme, von Kurden dominierte Stadtverwaltungen im Südosten der Türkei vorzugehen. Es wäre ein Rückfall in die neunziger Jahre. Dabei verkennt Erdogan, dass sich die Kurden heute noch weniger in die Knie zwingen lassen als damals. Die PKK ist so stark wie seit Jahren nicht mehr, und das nicht zuletzt wegen des Konflikts in Syrien."

Quelle: Neue Zürcher Zeitung, 18. März 2015 (Nr. 64, 236. Jg.), S. 7.

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