Donnerstag, 7. Mai 2015

Zafer Senocak: Wahrnehmen und Wahrhaben. Wie kam es zum Völkermord in Armenien? Türken und Armenier waren einander nicht fremd in Anatolien. Wie aber wurden sie einander feind? Das ist die Frage, die uns beschäftigen muss. Es hat mit der Etablierung von Nationalstaaten zu tun.

"Zu Recht werden heute Vertreibungen und Verfolgungen von Menschen wegen ihrer Zugehörigkeit zu einer Ethnie oder einem Glauben als Verbrechen gegen die Menschlichkeit geahndet. Doch wie es zu diesen Verbrechen gekommen ist, wo sie stattfanden, wird nach wie vor kaum thematisiert. Die weisse Weste scheint die Uniform vieler Staaten zu sein, die sich freiheitlicher Demokratie verpflichtet fühlen. Doch ist die Weste wirklich so weiss? In der Wirklichkeit will man die Schlachthäuser nicht wahrnehmen, wahrhaben. Auch nicht in Europa, in den USA, in Japan. Es ist den Arbeiten einzelner mutiger Forscher zu verdanken, dass hier und da die Verbrechen der Kolonialzeit aufgedeckt werden, ganz zu schweigen von der Beinahe-Ausrottung der einheimischen Völker Amerikas und Australiens durch die weissen Siedler. Der Humus des Nationalstaats bleibt unangetastet."

Quelle: http://www.nzz.ch/meinung/debatte/wahrnehmen-und-wahrhaben-1.18535442

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