Seiten

Dienstag, 1. Oktober 2013

Hans-Jürgen Urban: Arbeiterbewegung heute - Wandel der Arbeit – Wandel der Bewegung

Die finanzmarktorientierte Restrukturierung der Unternehmen und die Deregulierung wohlfahrtsstaatlicher Sicherungssysteme sind wesentliche Treiber der Prekarisierung von Arbeit, die einen konstitutiven Trend des Gegenwartskapitalismus darstellt. Die Folgen sind Verluste an sozialen Sicherheiten und neue Spaltungen unter den Lohnabhängigen. Eine gewerkschaftliche Politik der Entprekarisierung hat dabei anzuerkennen, dass die unbefristete Vollzeitbeschäftigung über das ganze Erwerbsleben hinweg nicht mehr für alle Beschäftigten eine erstrebenswerte Norm darstellt. Arbeits- und Lebensformen jenseits der Normalerwerbsbiografie werden mitunter auch als willkommene Optionen wahrgenommen. Die veränderten Erwartungen verlangen nach einem neuen Regime sozialer Sicherheit, das individuelle Handlungsspielräume bei unsteten Erwerbsverläufen eröffnet. Gefordert ist eine sozialstaatliche Neuordnung des Arbeitsmarktes inklusive eines Umbaus der Sozialversicherungen.[15] Unvermeidlich wäre dabei die Abkehr vom aktivierenden Arbeitsmarktsystem mit seinen reduzierten Lohnersatzleistungen und seinen repressiven Zumutbarkeitsregeln. Nicht minder wichtig ist jedoch die Öffnung gewerkschaftlicher Interessenpolitik für schutzbedürftige Arbeit in Form abhängiger Selbstständigkeit. Notwendig sind auch hier arbeitspolitische sowie arbeits- und sozialrechtliche Strategien. Vor allem muss sich das Selbstverständnis der Gewerkschaften verändern: von der Schutzorganisation der abhängig Beschäftigten zu einer Interessenorganisation der abhängig Arbeitenden – in allen sozialen Formen. Das ist ein Unterfangen, das an die Fundamente einer identitätsstiftenden Organisationskultur stößt und daher nicht einfach zu realisieren sein dürfte.

Mein Blog befasst sich in einem umfassenden Sinn mit dem Verhältnis von Wissen, Wissenschaft und Gesellschaft. Ein besonderes Augenmerk richte ich dabei auf die Aktivitäten des Medien- und Dienstleistungskonzern Bertelsmann und der Bertelsmann Stiftung.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Sie sind herzlich zu Kommentaren aufgefordert und eingeladen!