Mein Blog befasst sich in einem umfassenden Sinn mit dem Verhältnis von Wissen, Wissenschaft und Gesellschaft. Ein besonderes Augenmerk richte ich dabei auf die Aktivitäten des Medien- und Dienstleistungskonzern Bertelsmann und der Bertelsmann Stiftung.
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Montag, 3. März 2014
Piratenpartei: PIRATEN leaken geheime Dokumente aus EU-Freihandelsabkommen mit Kanada
Die Piratenpartei Deutschland hat soeben auf ihrer Webseite ein bisher geheim gehaltenes Dokument aus dem CETA-Freihandelsabkommen veröffentlicht. Die Verhandlungen dazu finden aktuell im Hinterzimmer zwischen Kanada und Europa statt.
Konkret handelt es sich dabei um das Kapitel »Immaterial Property Rights« (IPR), in dem es um geistige Eigentumsrechte, Patentrechte und Markenschutz geht. Der Urhe- berrechtsexperte und EU-Kandidat der Piratenpartei Deutschland, Bruno Gert Kramm, dem die Dokumente [1] zugespielt wurden, findet klare Worte für den bisher neuesten Beleg intransparenter Lobbypolitik auf europäischer Ebene:
»Die Dokumente offenbaren ein weiteres Mal das vollkommen aus dem Gleichgewicht geratene Selbstverständnis von EU-Kommissaren und Vertretern großer Konzerne und Verbände. Im Windschatten der oberflächlichen öffentlichen Debatte um Chlorhühn- chen im transatlantischen Freihandelsabkommen zwischen USA und Europa entsteht mit CETA ein weiteres Abkommen im Stile von ACTA«, so Kramm.
Aktuell werden die Freihandelsabkommen außerhalb der Öffentlichkeit und damit auch weitestgehend abseits des öffentlichen Interesses verhandelt. Dabei haben gerade Freihandelsabkommen als völkerrechtlich bindende Vereinbarungen handfeste Auswirk- ungen auf die nationale Gesetzgebung, kann der Gesetzgeber die mit den Abkommen eingegangenen internationalen Verpflichtungen im Nachhinein doch kaum noch ent- schärfen, modifizieren oder zurücknehmen.
»Den meisten Menschen sind die Auswirkungen von CETA und TAFTA auf die eigene, zunehmend digitalisierte Lebenswelt kaum bewusst. Doch die Zirkulation von Wissen, Schöpfungen und Informationen im Netz kennt keine nationalen Grenzen. Damit stellen gerade restriktive internationale Regeln eine Gefahr für das Wissen im Netz und seine Nutzer dar. Aus diesem Grund müssen bilaterale Abkommen wie CETA transparent und unter Berücksichtigung aller Interessensgruppen – und eben nicht nur der Industriever- bände und Unternehmen – ausgehandelt werden«, fordert Kramm weiter.
So enthält das von den PIRATEN veröffentlichte CETA-Kapitel zum geistigen Eigentum einige kritische Punkte, deren Auswirkungen auf die Störerhaftung und die Durchsetzung von Schadensansprüchen gegenüber Nutzern in ihrer Tragweite kaum zu spezifizieren sind. Weiterhin fällt die Erwähnung von Camcorderaufzeichnungen auf, die sowohl Licht- spielhäuser als auch öffentliche Aufführungen betreffen dürfte; hier birgt die im Vertrag vorgesehene Möglichkeit, bisher rein zivilrechtlich geahndete Durchsetzungen in den strafrechtlichen Bereich zu verlagern, nicht zu unterschätzende Gefahren für Privatper- sonen. Die Störerhaftung und die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen und abgeleiteten Forderungen könnten durch CETA ebenso eine weitreichende Verschärfung erfahren.
Bruno Kramm kritisiert deshalb: »Wie schon bei ACTA und TTIP werden aus dem Elfen- beinturm heraus Bedingungen für den internationalen Handel über die Köpfe vieler hundert Millionen Bürger auf beiden Seiten des Atlantiks entschieden, ohne auch nur ein Quäntchen Mitbestimmung zu ermöglichen. Gerade im Zeitalter der digitalen Partizipa- tionsmöglichkeiten wie z. B. Onlinebefragungen und Volksabstimmungen stellt sich die Frage, ob nicht die grundsätzliche Legitimation dieser undemokratischen und entmün- digenden Handelsabkommen hinterfragt werden muss. Wenn Regierungen die ihnen auf Zeit anvertraute Hegemonie immer bereitwilliger an die Konzerne abtreten, die zuneh- mend die Bedingungen des gesellschaftlichen Miteinanders bestimmen, müssen die Bürger die Reißleine ziehen können.«
Neben notwendiger Transparenz und Mitbestimmung bei der Aushandlung solcher Ab- kommen stellt sich für die PIRATEN auch die Frage, ob in einer global vernetzten Welt der Handel ohne Grenzen überhaupt bilateral gelöst werden sollte oder nicht von vorn- herein multilateral und grenzenlos gedacht werden muss.
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