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Dienstag, 21. April 2015

Daniel Wiener: Der Kapitalismus schleicht sich davon. Null- und Negativzinsen zerstören die Vorteile des Systems.

"Noch schlimmer ist ein zweiter Effekt: Solange Geld einen Preis hat, fällt es den Unternehmungen mit der besten Geschäftsidee zu, die auch die höchsten Raten zahlen können, bei vergleichbarem Kreditausfallrisiko. Wenn die Zinsen als Preissignal für Investoren entfallen, wird das Geld heimatlos. Es weiss nicht mehr, wohin es fliessen soll. Je tiefer das Zinsniveau liegt, umso einer werden allenfalls noch bestehende Unterschiede zwischen den Preisen. Beispielsweise senken die meisten Banken, trotz Negatvzinsen, die sie der Nationalbank schulden, ihre Libor-Hypotheken nicht unter ein bestimmtes Minimalniveau. Bald zahle alle Hypothekarschuldner, unabhängig von ihrer Tragfähigkeit, Bonität oder ihren spezifischen Risiken ihrer Liegenschaft, rund 0,75 Prozent Zins. Es ist, als ob dem Kapitalmarkt der Kompass abhanden gekommen wäre. Ohne Preissignal wird er zwangsläufig ineffizient oder inexistent. Mit der Amputatin der 'unsichtbaren Hand', wie Adam Smith vor bald 250 Jahren den pteisgesteuerten Mitteleinsatz treffend umschrieb, fällt der wichtigste Erfolgsfaktor des kapitalistischen Systems dahin. Nicht mit revolutionärem Getöse, wie noch Karl Marx erwartete, sondern auf leisen Sohlen schleicht der Kapitalismus von dannen."

Quelle: http://www.nzz.ch/meinung/debatte/der-kapitalismus-schleicht-sich-davon-1.18526242

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