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Montag, 15. Oktober 2012

Olaf Gersemann: Kapitalismus - was sonst?

Vergangene Woche starb mit dem hochbetagten britischen Historiker Eric Hobsbawm der letzte marxistische Denker von Rang. Ein würdiger Nachfolger ist nicht in Sicht. Kapitalismuskritiker gibt es viele – doch wo ist der Intellektuelle, dem zuzutrauen wäre, eine kohärente nicht kapitalistische Wirtschaftsordnung zumindest im Modell zu entwerfen? In den Wirtschaftswissenschaften, die dafür zuständig wären, jedenfalls bestimmt nicht. Gewiss wechseln dort die Moden, in den 80er- und 90er-Jahren dominierten jene Forscher den Fachbereich, die die Selbstheilungskräfte des Marktes betonen und im Staat eher das Problem als die Lösung sehen. Seit einigen Jahren nun haben, gerade auch unter dem Eindruck der großen Finanzkrise, wieder jene Aufwind, die ihr Augenmerk darauf legen, wann und warum Märkte ihren Dienst versagen. Dass bei der Vergabe des Ökonomie-Nobelpreises am Montag kommender Woche ein weiterer herausragender Vertreter der dezidiert liberal ausgerichteten Chicago School, Eugene Fama etwa, geehrt wird, darf als unwahrscheinlich gelten. Eher wird der Preis wohl wieder an einen Zweifler gehen, an den britischen Ungleichheitsforscher Anthony Atkinson zum Beispiel oder den amerikanischen Krisenpropheten Robert Shiller. Leicht übersehen wird dabei vom Publikum: Kapitalisten sind sie alle, unter den führenden Köpfen der Profession sind selbst die Linksaußen gerade einmal moderate Sozialdemokraten. Die schärfsten Kritiker der Elche sind selber welche.

Mein Blog befasst sich in einem umfassenden Sinn mit dem Verhältnis von Wissen, Wissenschaft und Gesellschaft. Ein besonderes Augenmerk richte ich dabei auf die Aktivitäten des Medien- und Dienstleistungskonzern Bertelsmann und der Bertelsmann Stiftung.

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