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ibb punkt.de: Wie und wozu Schülerdaten gesammelt werden

Der Journalist Richard Gutjahr hat eine Initiative im Internet namens Lobbyplag gestartet. Hierbei geht es grundsätzlich darum, Datenschutzverletzungen aufzuspüren. In dieser Reihe beschäftigt er sich gerade damit, wie Unternehmen die Daten von Schülern ersammeln. Insbesondere geht es hierbei um die Firma Bertelsmann und ihre Methoden.

Kommentar von Steffen Roski: Da sind sie wieder, die Drückermethoden des Hauses Bertelsmann. Natürlich angepasst an den Stand der Technologie. Ich kann berichten, dass Verlagsableger von Random House (Bertelsmann) aggressiv versuchen, direkt in jede Klasse einer jeweiligen Schule vorzudringen. Lehrerinnen und Lehrer sollen dann die milden Gutscheingaben direkt über die Schülerinnen und Schüler an die Erziehungsberechtigten weitervermitteln. Spielt ein Fachbereich nicht mit, fassen die Vertriebler des Hauses Bertelsmann direkt in der jeweiligen Schule nach. Offensichtlich wird hier der Zusammenhang mit den Projekten der vorgeblich gemeinnützigen Bertelsmann Stiftung. Ein Konzern, der mehrheitlich von einer Stiftung gehalten wird, die doch das Gute und Richtige anpeilt, wird doch auch ein absolut honoriger Bildungsverleger sein ... Leider fallen viele Lehrerinnen, Lehrer sowie Schulleitungen auf die Maschen des Gütersloher Medien- und Dienstleistungsimperiums herein und werden so zu Bertelsmanns willfährigen Multiplikatoren.

Mein Blog befasst sich in einem umfassenden Sinn mit dem Verhältnis von Wissen, Wissenschaft und Gesellschaft. Ein besonderes Augenmerk richte ich dabei auf die Aktivitäten des Medien- und Dienstleistungskonzern Bertelsmann und der Bertelsmann Stiftung.

Mittwoch, 20. Februar 2013

Birgit Rydlewski: Über den Kontrollverlust bei Krankheit

Als ich das erste Mal mit dem linken Auge zum Arzt gegangen bin, weil ich anfing, Flecken zu sehen (stellt euch vor, ihr habt in die Sonne gesehen), war ich noch irritiert, wenn ein Arzt sagte, dass er mal lieber noch einen Kollegen holt. Ich habe mich mittlerweile daran gewöhnt, dass Ärzte, die das vorher nicht gesehen haben, nichts damit anzufangen wissen. Der eine sagt: “Ach, Sie sind das.” (auch, wenn er mich Jahre nicht gesehen hat.) Meine Achtung hatte ein Chefarzt, der ganz offen zugab, dass er bezüglich der Behandlung unsicher sei und er gerne die Meinung eines Spezialisten aus der Uni-Klinik in Essen hören wollte. In beiden Kliniken bin ich heute noch, je nach Stand der Diagnose, in Behandlung. Letztendlich war es die ganze Zeit viel Ausprobieren. Zig Diagnosemethoden. Bilder mit und ohne Farbstoff. OCT. Was immer die Augendiagnostik so bietet. Am Ende lief es in den meisten Fällen auf Cortison (also genauer: Triamcinolon) hinaus. Das kann man ins Auge spritzen (klingt schlimmer als es ist, hat aber die Nebenwirkung, dass der Augeninnendruck steigt und die Linse leidet oder direkt neben das Auge (das muss man dann auch nicht unter OP-Bedingungen machen). In beiden Fällen braucht man Geduld. Die Zeit, bis die Sehstärke wieder normal ist, hat zwischen 4 Wochen und mehreren Monaten betragen).

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Manfred Koch: Klabunds Kürzestgeschichte der Dichtung - Vagabondage durch die Weltliteratur

Klabund muss den Verlagsauftrag als sportliche Herausforderung genommen haben. Entsprechend dynamisch gestaltete er sein Produkt: ein Parforceritt durch die Weltliteratur mit kühnen Sprüngen und Würfen. Da ihm auferlegt war, die gesamte kanonische Literatur aller Völker und Zeiten zu behandeln, galt es in erster Linie, eine trockene Aufzählung der Autorennamen und Werktitel zu vermeiden. Klabund löste das Problem durch schmissige Sekundencharakteristiken sowohl der Kulturen als auch der Dichter. Zwei Sätze reichen, um den kulturellen Hintergrund des Haiku zu erläutern: «Winzig erscheinen uns der Japaner selbst, seine Frauen, Häuser, Geräte, Gedichte. Aber er hat das Menschenmögliche in der Prägnanz, Plastik und Schärfe des Kurzgedichtes geleistet.» Zwei Sätze verbinden das Russland des 19. Jahrhunderts mit Dostojewskis ausufernder Erzählkunst und Gontscharows Darstellung der «Oblomowerei», des nationalen Hangs zum Nichtstun: «Dostojewski schreibt die Karamasows, und als er die ersten drei Bände schliesst, merkt er, dass er noch gar nicht angefangen hat. Man wird nie fertig in Russland, deshalb fängt man oft erst gar nicht an.»

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Samstag, 9. Februar 2013

Steffen Roski: Die TRD

Wie viele Mogeldissertationen mögen wohl noch in Uni- Bibliotheken vor sich hin gilben? Wie viele Karrieren sind mittels einer Täuschung geebnet worden? Wird dies je aufgeklärt? Es geht ja nicht nur um öffentlich bekannte Personen, sondern auch um die Heerscharen derer, die in den gesellschaftlichen Teilsystemen zu einkömmlichen Jobs auf Grund ihrer. "akademischen Exzellenz" gelangt sind. Aus der BRD wird die TRD: Die Täuschungsrepublik Deutschland!

Donnerstag, 7. Februar 2013

Oskar Negt: Plädoyer für ein gerechtes Gemeinwesen Europa - Essay

Diese Verdrehungen und Mystifizierungen einer Realität, die nur noch schwer fassbar ist und der begrifflichen Fixierung häufig entgleitet, funktionieren nur in einem Marktgeschehen, das auf die Zerstörung von Bindungen setzt. Es ist eben einfacher, ganze Belegschaften, die alle Bindungen verloren haben, aus Renditegründen in die Wüste zu schicken, als mit Menschen zurechtzukommen, die fest gebunden sind an die Stätten ihres Arbeits- und Lebenszusammenhangs. Zerstörte Bindungen führen dazu, dass sich die Gewaltpotenziale in der Gesellschaft vergrößern. Menschen, die im Inneren und im Äußeren keine gesicherte Identität mehr haben, denen die Erfahrung einer klaren Ortsbestimmtheit fehlt, also ein Ort, an den sie zwanglos zurückkehren können, wo sie fest verankert, wo sie verwurzelt sind – diese Menschen sind manipulierbar und korruptionsanfällig. So wirkt sich das Grundmuster der Zerstörungen von Bindungen, das dem Leitbild einer betriebswirtschaftlichen Ökonomie folgt, auf die Geistesverfassung einer ganzen Gesellschaft und die komplexen Reaktionen der Menschen aus. Man sollte diese Angst, enteignet und herumgestoßen zu werden, nicht als Einzelfall bagatellisieren; rechtsradikale Bewegungen in allen europäischen Ländern sind dabei, den Angstrohstoff, der durch Erweiterung des sozialdarwinistischen Überlebens beständig größer wird, für antidemokratische und menschenverachtende Zwecke zu verarbeiten.

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Immanuel Wallerstein: Neue Revolten gegen das System - Der lang andauernde Widerstand gegen die etablierte Ordnung

Ich würde sagen, dass eines der sinnvollsten Ziele – substantiell, politisch und psychologisch gesehen – der Versuch ist, selektiv, aber in zunehmendem Maße Güter der Warenlogik zu entziehen. Wir unterliegen heute einem Hagel neoliberaler Versuche, Dinge zur Ware zu erklären, die früher selten oder nie als für den privaten Handel geeignet betrachtet worden waren – der menschliche Körper, das Wasser, die Krankenhäuser. Wir müssen uns dem nicht nur widersetzen, sondern uns in die entgegensetzte Richtung bewegen. Industrien, besonders zum Scheitern verurteilte Industrien, sollten der Warenlogik entzogen werden. Das bedeutet nicht, dass sie "verstaatlicht" werden sollten – was zumeist einfach eine andere Art der Warenlogik ist. Es bedeutet, dass wir Strukturen schaffen sollten, die auf dem Markt agieren, deren Ziel Leistung und Fortbestehen sind und nicht der Profit. Wie wir aus der Geschichte von Universitäten und Krankenhäusern wissen, kann das erreicht werden, – nicht von allen, aber von den besten. Warum sollte eine solche Logik für Stahlwerke, die von der Standortverlagerung bedroht sind, unmöglich sein?

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Samir Amin, François Houtart, Ignacio Ramonet: Vier Bausteine für eine wirklich multipolare Welt

1: Europa schlägt den Weg des Sozialaufbaus ein, also eines langwierigen Übergangs zu einem weltweiten Postkapitalismus und fängt an, definitiv seiner imperialistischen Vergangenheit und Gegenwart den Rücken zu kehren; 2: In China siegt der „Marktsozialismus“ über die illusionäre Fehlentwicklung zu einem nationalen Kapitalismus, der sich unmöglich stabilisieren lässt, weil er die Bevölkerungsmehrheit der ArbeiterInnen und Bauer/ Bäuerinnen ausschließt; 3: den Ländern des Südens (Völkern und Staaten) gelingt es, eine gemeinsame Front aufzubauen. Das ist die Bedingung zur Eröffnung von Freiräumen, in denen die benachteiligten Bevölkerungsschichten nicht nur für sie günstige Konzessionen erlangen, sondern darüber hinaus den Charakter des etablierten Staatsapparats umprägen können, indem sie die dominierenden Blöcke, die mit den Interessen des Nordens liiert sind, durch nationale, volksnahe und demokratische Blöcke ersetzen; 4: der Aufbau der nationalen und internationalen Rechtsssysteme verbindet den Respekt vor der nationalen Souveränität (von der Souveränität der Staaten bis hinauf zu derjenigen der Völker) einerseits mit dem Respekt vor den individuellen, kollektiven, politischen und sozialen Rechten andererseits, wie sie von den sich zusammenschließenden Sozialbewegungen und Anti-System-Organisationen gefordert werden.

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Walden Bello: Die Vorzüge der Deglobalisierung

Das Paradigma der Deglobalisierung umfasst 11 Kernpunkte: 1. Statt der Produktion für den Export muss die Produktion für den Binnenmarkt wieder das Gravitationszentrum der Wirtschaft werden. 2. Das Subsidiaritätsprinzip sollte im wirtschaftlichen Leben hochgehalten werden durch Förderung der Warenproduktion auf den Ebenen der Gemeinschaft und des Staates, sofern dies bei vernünftigen Kosten geleistet werden kann, um die Gemeinschaft zu bewahren. 3. Die Handelspolitik, d.h., Quoten und Zölle, sollte eingesetzt werden, um die lokale Wirtschaft vor der Zerstörung durch subventionierte Waren mit Dumpingpreisen zu schützen. 4. Die Industriepolitik – einschließlich Subventionen, Zöllen und Handel – sollte verwendet werden, um den Sektor der industriellen Produktion zu revitalisieren und zu stärken. 5. Lange aufgeschobene Maßnahmen zur gerechten Umverteilung des Einkommens und des Landbesitzes (einschließlich einer städtischen Landreform) können einen vitalen Binnenmarkt schaffen, der als Anker für die Wirtschaft dient und lokale Finanzressourcen für Investitionen bereitstellt. 6. Verlagerung des Schwergewichts vom Wachstum auf die Verbesserung der Lebensqualität und auf die Maximierung von Gerechtigkeit wird die Schieflage der Umwelt vermindern. 7. Die Entwicklung und Verbreitung von umweltfreundlich kongenialer Technologie in Landwirtschaft und Industrie sollte gefördert werden. 8. Wirtschaftliche Entscheidungen von strategischer Bedeutung können nicht dem Markt oder Technokraten überlassen werden. Stattdessen sollte die Reichweite demokratischer Entscheidungsfindung in der Wirtschaft erweitert werden, so dass alle wirklich entscheidenden Fragen Gegenstand demokratischer Diskussion und Entscheidung werden, etwa solche Fragen wie: welche Industrien sollen entwickelt, welche sollen zurückgefahren werden; welcher Teil des Staatshaushaltes soll für die Landwirtschaft verwendet werden etc. – 9. Die Zivilgesellschaft muss den privaten Sektor und den Staat überwachen; ein Prinzip, das institutionalisiert werden sollte. 10. Die Eigentumsverhältnisse sollten in eine „gemischte Wirtschaft“ transformiert werden, die kommunale Kooperativen, private und staatliche Unternehmen umfasst und transnationale Gesellschaften ausschließt. 11. Zentrale globale Institutionen wie Weltwährungsfonds und Weltbank sollten durch regionale Institutionen ersetzt werden, die nicht auf Freihandel und Mobilität des Kapitals gegründet sind, sondern auf Prinzipien der Kooperation, welche „die Logik des Kapitals überschreiten“, um es in den Worten von Hugo Chavez bei der Beschreibung der Bolivarischen Alternative für Amerika (ALBA) zu sagen.

Mein Blog befasst sich in einem umfassenden Sinn mit dem Verhältnis von Wissen, Wissenschaft und Gesellschaft. Ein besonderes Augenmerk richte ich dabei auf die Aktivitäten des Medien- und Dienstleistungskonzern Bertelsmann und der Bertelsmann Stiftung.

Mittwoch, 6. Februar 2013

Steffen Roski: Plagiatsaffären - ein Vorschlag

Die Schavan-Geschichte lässt mich einstweilen nicht los. Nach meinem Dafürhalten sollte eine Stiftung oder ein Fonds, der durch Gelder aus Wissenschaft, Wirtschaft und Politik gespeist wird, gegründet werden. Die Aufgabe: Wissenschaftliche Angestellte arbeiten in einer Art "Plagiats-Clearingstelle" all die in den Bibliotheken vor sich hin gilbenden Dissertationen auf mit dem Zweck, diese auf plagiierte Passagen hin zu untersuchen. Und käme es daraufhin zu einer massenhaften Aberkennung von akademischen Graden - gut so! All die Pfusch-Doktores in den Subsystemen der BRD-Gesellschaft kämen zum Vorschein, es würde eine notwendige Debatte über die Bedingungen autonomer Wissenschaft entfacht und schließlich: Es ergäbe sich ein neuer, kritischer Blick auf die Klassen- und Sozialstruktur der BRD-Gesellschaft!

Roland Preuß: Plagiatsfall Schavan - Warum der Titelentzug nicht richtig ist

Die Causa Schavan ist ein Grenzfall, das zeigt schon die lange Prüfung durch die Universität. Das Fehlverhalten der heutigen Ministerin liegt mehr als 30 Jahre zurück. All das hätte man berücksichtigen, die Zitierfehler rügen - und es dabei belassen können. Historiker können dem zweiten Kabinett Merkel seit Dienstagabend ein neues Etikett verpassen: Es war die Runde der Abschreiber. Mit Guttenberg und Schavan kommt die Regierung auf eine Plagiatorenquote von 12,5 Prozent. Das ist fast so viel wie der Anteil der fehlerhaften Seiten in Schavans Doktorarbeit. Ausgerechnet im Jahr der Bundestagswahl beschädigt das die Glaubwürdigkeit der schwarz-gelben Koalition und die bürgerlichen Tugenden, die sie hochhält: Leistungsbereitschaft und Rechtstreue. Plagiatoren missachten beides. Die Philosophische Fakultät in Düsseldorf hat der Bundesbildungsministerin in kühler Strenge den Doktortitel aberkannt. Das Gremium hätte sich durchaus anders entscheiden können, doch am Ende war das Votum klar: Schavan habe absichtlich plagiiert. Deshalb der Titelentzug und damit die akademische Höchststrafe für Frau Professor Schavan. Nun hat die Bundesbildungsministerin nicht einmal mehr einen akademischen Abschluss, denn sie hatte ihr Studium per Promotion beendet. Die Entscheidung ist juristisch vertretbar, dennoch ist sie nicht richtig. Zum einen war die Causa Schavan ein Grenzfall, das zeigt schon die lange Prüfung durch die Universität. Und das zeigt der Streit, den die Vorwürfe unter Wissenschaftlern entfacht haben. Zum Zweiten lag das Fehlverhalten der jungen Annette Schavan mehr als 30 Jahre zurück. All das hätte man berücksichtigen, die Zitierfehler rügen - und es dabei belassen können. Die Entscheidung gegen Schavan setzt strenge Maßstäbe, auch bei der Prüfung von Dissertationen, die in den Bibliotheken längst vor sich hingilben. Man darf gespannt sein, wie viele Titel diesen Maßstäben noch zum Opfer fallen werden.

Gegen-Kommentar von Steffen Roski: 


Die Causa Schavan stellt keinen Grenzfall dar, das zeigt das klare Prüfungsvotum der Universität. Das Fehlverhalten der heutigen Ministerin liegt mehr als 30 Jahre zurück. Eine recht große zeitliche Distanz, gewiss, aber die Schavanschen Zitierfehler sind gravierend - sie bloß zu rügen, dies wäre nicht genug. Historiker können dem zweiten Kabinett Merkel seit Dienstagabend ein neues Etikett verpassen: Es war die Runde der Abschreiber. Mit Guttenberg und Schavan kommt die Regierung auf eine Plagiatorenquote von 12,5 Prozent. Das ist fast so viel wie der Anteil der fehlerhaften Seiten in Schavans Doktorarbeit. Ausgerechnet im Jahr der Bundestagswahl beschädigt das die Glaubwürdigkeit der schwarz-gelben Koalition und die bürgerlichen Tugenden, die sie hochhält: Leistungsbereitschaft und Rechtstreue. Plagiatoren missachten beides. Die Philosophische Fakultät in Düsseldorf hat der Bundesbildungsministerin in klarer Strenge den Doktortitel aberkannt. Das Gremium hätte anders nicht entscheiden können: Schavans absichtliche Plagiate sind zu offensichtlich. Deshalb der Titelentzug und damit die akademische Höchststrafe für Frau Professor Schavan. Nun hat die Bundesbildungsministerin nicht einmal mehr einen akademischen Abschluss, denn sie hatte ihr Studium per Promotion beendet. Die juristisch klar begründete Entscheidung ist richtig. Zum einen ist die Causa Schavan kein Grenzfall, das zeigt schon allein die Tatsache, dass der jungen Promovendin die Regeln korrekten wissenschaftlichen Arbeitens auch vor dreißig Jahren sehr wohl vertraut gemacht wurden. Der unter Wissenschaftlern entfachte Streit über die Vorwürfe darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Prüfung der gegen Schavan erhobenen Vorwürfe nur an ihrer Alma Mater erfolgen kann, denn nur in Düsseldorf selbst gibt es das notwendige institutionelle Gedächtnis. Nur dort kann konkret die spezifische Lern- und Lehrkultur nachvollzogen werden, unter der Schavan ihr Vorhaben zu realisieren trachtete. Zum Zweiten handelte es sich beim Fehlverhalten der jungen Schavan um ein solches, das auch vor 30 Jahren als gravierend  hätte eingeschätzt werden müssen. All dies hat man heute berücksichtigt, die Promotion aberkannt - und der Unabhängigkeit der Wissenschaft einen Dienst erwiesen. Die Entscheidung gegen Schavan setzt strenge Maßstäbe, auch bei der Prüfung von Dissertationen, die in den Bibliotheken längst vor sich hingilben, die aber ihren Autorinnen und Autoren einen unangemessenen Startvorteil für Karrieren in Wirtschaft, Wissenschaft, Bildungswesen, Politik und Kultur erbracht haben. Man darf gespannt sein, wie viele unberechtigte akademische Titelträgerinnen und Titelträger durch diese neuen Maßstäbe in Zukunft noch bloßgestellt werden.

Kommentar zum Gegenkommentar:

Manche Passagen des Kommentars von Preuß sind von mir völlig bewusst abgeschrieben worden. Mein Plagiieren folgt einer bestimmten Absicht, nämlich der Verharmloserei durch den Kommentator der SZ gezielt entgegenzuwirken!




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Steffen Roski: "Drogenpolitik ist Gesellschaftspolitik" - Andreas Rohde trägt in Xanten vor

Sollte den Piraten im Herbst der Einzug in den Bundestag gelingen, kann sich Andi Rohde Chancen ausrechnen im hohen Hause dabei zu sein. Eine aussichtsreiche Platzierung auf der Landesliste der NRW-Piraten ist dem Parteivorsitzenden im Kreis Wesel sicher. Was ihn inhaltlich politisch antreibt, hat Rohde am 5. Februar in Xanten dargestellt. Im Rahmen einer Veranstaltung der Xantener Piraten in der Gaststätte "De Kelder" ging es denn um Rohdes Fachthema: Die Drogen- und Suchtpolitik.

Andi Rohde

Im Mittelpunkt des Referats stand die Erörterung einer sowohl simplen wie folgenreichen These: "Drogenpolitik ist Gesellschaftspolitik." Folgenreich deshalb, weil die These zumindest zweierlei impliziert: So gut wie jede Bürgerin / jeder Bürger konsumiert Drogen. Und: Eine Drogenpolitik, die vor allem auf die Karte der polizeilichen und staatlichen Repression setzt, verspielt die Möglichkeit, gesellschaftliche Probleme in einer rationalen und zivilen Weise zu bearbeiten und verkleinert zudem die Spielräume an Freiheit und Menschenwürde in einer unerträglichen Weise. 

Besonders spannend fand ich den Vortrag vor allem dort, wo Andi Rohde systematisch auf die globalgeschichtliche Dimension des Drogenhandels und -konsums einging. Koloniale bzw. neokoloniale Machtpolitik und Kriege waren und sind allzu oft die Ursache dafür, dass ein Suchtmittel zunächst im geostrategischen "Hinterland", später dann weltweit Verbreitung findet. So proklamierten die USA unter Präsident Nixon vollmundig einen "War on drugs", der sich tatsächlich als ein "War with drugs" entpuppt hat. Die Folgen dieser heuchlerischen Machtpolitik sind gegenwärtig etwa in Afghanistan und in Mittel- und Südamerika zu beobachten, wo Drogenkartelle auf brutale Weise ganze Landstriche und Regionen kontrollieren. Militärisch ist dieser Kampf nicht zu gewinnen. Im Gegenteil: Repression setzt Gewaltschrauben in Gang, die letztlich diese perversen Verhältnisse nur noch weiter stabilisieren.

Blick in die Geschichte: Das Bayer-Produkt Heroin


Rohde verwies auf das portugiesische Beispiel, wo es durch Entkriminalisierung und eine Normalisierungspolitik gelang, den drohenden Einfluss solcher kriminellen Kartelle zurückzudrängen. Folgender Telepolis-Beitrag sei zur weiteren Lektüre empfohlen: Jörg Auf dem Hövel: Das normalisierte Drogenparadies am Ende Europas. Die schaurige bundesdeutsche Wirklichkeit wird in diesem aktuellen Pressebericht abgebildet: BR: Fastnacht in Franken - Vermeintliche Raucherin meldet sich zu Wort. Repression und Denunziation sind zwei Seiten ein und derselben Medaille ...

Das könnte helfen: Die Risikoampel auf der PIRATOL-Schachtel


Aus diesem Grunde setzen sich die Piraten - gemeinsam mit VertreterInnen aus anderen Parteien, Die Linke und Bündnis 90 / Die Grünen etwa - für eine repressionsfreie Drogenpolitik ein und fordern ein Ende der gescheiterten Prohibition. Betrachtet man die Milliarden, die durch die Einstellung der Strafverfolgung eingespart und die Milliarden, die durch eine angemessene Besteuerung von Genussmitteln erwirtschaftet werden können, dann, so Rohde, könne davon ausgegangen werden, dass eine pragmatische Suchtpolitik endlich umgesetzt werden kann.


Ein Lied gefällig?


Aufmerksame Zuhörerinnen und Zuhörer
Dies wurde auf der Vortragsveranstaltung gesichtet: Ein Piraten-Programm und das, obschon es ja laut den etablierten Medien so etwas gar nicht geben soll.





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