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SteinbergRecherche.com: Syriza Program


The daily bulletin of Italy’s Communist Refoundation Party published the apparently official program of Greek radical left coalition, Syriza. 
1.      Audit of the public debt and renegotiation of interest due and suspension of payments until the economy has revived and growth and employment return.
2.      Demand the European Union to change the role of the European Central Bank so that it finances States and programs of public investment.
3.      Raise income tax to 75% for all incomes over 500,000 euros.
4.      Change the election laws to a proportional system.
5.      Increase taxes on big companies to that of the European average.
6.      Adoption of a tax on financial transactions and a special tax on luxury goods.
7.      Prohibition of speculative financial derivatives.
8.      Abolition of financial privileges for the Church and shipbuilding industry.
9.      Combat the banks’ secret [measures] and the flight of capital abroad.
10. Cut drastically military expenditures.
11. Raise minimum salary to the pre-cut level, 750 euros per month.
12. Use buildings of the government, banks and the Church for the homeless.
13. Open dining rooms in public schools to offer free breakfast and lunch to children.
14. Free health benefits to the unemployed, homeless and those with low salaries.
15. Subvention up to 30% of mortgage payments for poor families who cannot meet payments.
16. Increase of subsidies for the unemployed. Increase social protection for one-parent families, the aged, disabled, and families with no income.
17. Fiscal reductions for goods of primary necessity.
18. Nationalization of banks.
19. Nationalization of ex-public (service & utilities) companies in strategic sectors for the growth of the country (railroads, airports, mail, water).
20. Preference for renewable energy and defence of the environment.
21. Equal salaries for men and women.
22. Limitation of precarious hiring and support for contracts for indeterminate time.
23. Extension of the protection of labor and salaries of part-time workers.
24. Recovery of collective (labor) contracts.
25. Increase inspections of labor and requirements for companies making bids for public contracts.
26. Constitutional reforms to guarantee separation of Church and State and protection of the right to education, health care and the environment.
27. Referendums on treaties and other accords with Europe.
28. Abolition of privileges for parliamentary deputies. Removal of special juridical protection for ministers and permission for the courts to proceed against members of the government.
29. Demilitarization of the Coast Guard and anti-insurrectional special troops. Prohibition for police to wear masks or use fire arms during demonstrations. Change training courses for police so as to underline social themes such as immigration, drugs and social factors.
30. Guarantee human rights in immigrant detention centers.
31. Facilitate the reunion of immigrant families.
32. Depenalization of consumption of drugs in favor of battle against drug traffic. Increase funding for drug rehab centers.
33. Regulate the right of conscientious objection in draft laws.
34. Increase funding for public health up to the average European level.(The European average is 6% of GDP; in Greece 3%.)
35. Elimination of payments by citizens for national health services.
36. Nationalization of private hospitals. Elimination of private participation in the national health system.
37. Withdrawal of Greek troops from Afghanistan and the Balkans. No Greek soldiers beyond our own borders.
38. Abolition of military cooperation with Israel. Support for creation of a Palestinian State within the 1967 borders.
39. Negotiation of a stable accord with Turkey.
40. Closure of all foreign bases in Greece and withdrawal from NATO.
Aus dem Italienischen übersetzt von Gaither Stewart, Countercurrents.org, 29. Mai 2012

Steffen Roski / Bertelsmann bedient den Milliardenmarkt Bildung


Es gibt aller­dings einen Bereich, der eine bedeut­same Schar­nier­stelle von Stif­tungs– und Kon­zern­han­deln dar­stellt, der also sowohl für die Ber­tels­mann Stif­tung als auch für die Bertels­mann AG von größter ope­ra­tiver Bedeu­tung ist. Der Vor­stands­vor­sit­zende der Ber­tels­mann AG, Hartmut Ost­rowski, sagte be– reits im Juli 2008 in einem Gespräch mit dem Spiegel ganz offen:
»Bil­dung ist in unserer modernen Gesell­schaft ein Mega­trend. Wir wollen im Bereich Wei­ter­bil­dung mehr machen. Wir haben ein Pro­jekt für Online-​Bildung gestartet und beschäf­tigen uns im anglo­ame­ri­ka­ni­schen Raum mit Anbie­tern, die Berufs­aus­bil­dung etwa für Kran­ken­schwes­tern oder Buch­halter anbieten.«
Ein gigan­ti­scher Mil­li­ar­den­markt harrt der Erobe­rung! Die Güters­loher Stra­tegen in Kon­zern und Stif­tung erheben bereits die ent­spre­chenden For­de­rungen, um den Fuß in die Tür des Bil­dungs­marktes zu bekommen.

Jochen Krautz, Pro­fessor für Bil­dungs­wis­sen­schaft an der Bonner Alanus Hoch– schule für Kunst und Gesell­schaft, nennt einige dieser Forderungen:
»Eng­lisch bereits im Kin­der­garten; Lehrer sollen nur befristet ein­ge­stellt und leis­tungs­be­zogen bezahlt werden; nicht nur das Abitur, son­dern fächer­spe­zi­sche Tests sollen die Ein­tritts­karte für die Hoch­schulen sein, mit dem beson­deren Hin­weis, daß diese Tests auch von pri­vaten Testrmen ange­boten werden könnten.
(…) Als wei­tere ›Rezepte‹ sind auch fol­gende Vor­schläge be– kannt: Schulen und Hoch­schulen bräuchten mehr Wett­be­werb und Efzienz, Eigen­stän­dig­keit und Selbst­ver­ant­wor­tung, moderne Manage­ment­me­thoden, Leis­tungs­mes­sungen und Eva­lua­tionen, Bil­dungs­stan­dards und zen­trale Prü­fungen, Sprach­tests im Vor– schul­alter, Ent­rüm­pe­lung der Lehr­pläne, Ver­kür­zung der Schul– zeit, Wirt­schafts­kennt­nisse für alle, neue Lern­formen und vor allem Lap­tops für jeden Schüler.«
Die Ber­tels­mann Stif­tung kommt ihrer Rolle als Weg­be­rei­terin des Medien– und Dienst­leis­tungs­kon­zerns Ber­tels­mann AG nach, in dem sie ein ökono­mis­ti­sches Bil­dungs­ver­ständnis in der erzie­hungs­wis­sen­schaft­li­chen Theorie und in der päd­ago­gi­schen Praxis sowie in der bil­dungs­po­li­ti­schen Debatte gezielt an die Macht putscht. Ber­tels­mann macht Schule!

Und dies auf zwei­erlei Weise:

Einmal ganz unver­blümt und direkt, wenn sie sich – im Ver­bund mit anderen Stif­tungen wie der Initia­tive Neue Soziale Markt­wirt­schaft und dem Bun­desver– band der Banken – für die »ökono­mi­sche Bil­dung« stark macht. Der Erzie­hungs– wis­sen­schaftler Rein­hold Hedtke berichtet bei­spiels­weise, daß die Ber­tels­mann Stif­tung eine Unter­richts­reihe aus­ge­rechnet zum Thema Urhe­ber­recht finan­ziert hat. Hier arbeitet sie direkt der Ber­tels­mann AG zu, die mit dem Rech­te­handel viel Geld verdient.

Weit bedroh­li­cher erscheint mir aller­dings die Tat­sache, daß es der Ber­tels­mann Stif­tung gelungen ist, über die Pro­mo­tion von Unter­richt­s­tech­niken »mit Methode« in den Schul­un­ter­richt vor­zu­dringen. So wurde bereits im Jahre 1996 der kana­di­sche Schul­be­zirk Durham in der Nähe von Toronto/​Ontario mit dem Carl-​Bertelsmann-​Preis der Ber­tels­mann Stif­tung aus­ge­zeichnet als der »inno– vativste Schul­be­zirk der Welt«. Geehrt wurde vor allem »der Motor hinter die– sem unge­heuren Ent­wick­lungs­prozeß«, Norm Green.

Er struk­tu­rierte den Rahmen für ein umfas­sendes Aus­bil­dungs­pro­gramm aller Lehrer in diesem kana­di­schen Bezirk. Im »Schnee­ball­system« imple­men­tierte Green in den fol­genden Jahren das koope­ra­tive Arbeiten (Coope­ra­tive Learning) sowohl in den Klas­sen­zim­mern wie auch in den Leh­rer­zim­mern der Region Dur– ham. 1996, nach der Ver­lei­hung des Carl-​Bertelsmann-​Preises, holte die Ber– tels­mann Stif­tung Green mit seinen kana­di­schen Mit­strei­tern zu Vor­trägen und Lehr­gängen nach Deutschland.

Seit dem Jahr 2000 gibt es wohl kein Stu­di­en­se­minar in diesem Land mehr, das den ange­henden Jung­leh­rern nicht die Seg­nungen des koope­ra­tiven Ler­nens preist. Rainer Dol­lase, Päd­ago­gik­pro­fessor aus Bie­le­feld, beob­achtet seit lan– gem diese Ent­wick­lung kri­tisch und merkt an:
»Auch im Lande NRW hat man hin und wieder den Ein­druck, daß die Ver­bin­dung der Ber­tels­mann Stif­tung mit dem Schul­mi­niste– rium (…) gegen kri­ti­sche Bemer­kungen inqui­si­to­risch ver­tei­digt werden und daß die Schul­auf­sicht hin und wieder reni­tenten Lehr­kräften mit Kon­se­quenzen droht, wenn sie sich nicht an den betref­fenden Pro­grammen betei­ligen.«
Und Reni­tenz ist angebracht.

Der »Witz« des »koope­ra­tiven Ler­nens« ist näm­lich dieser – und wer weiß das schon? –, daß Green in den 80er und 90er Jahren die Manage­ment– und Team-​bildungsmethoden des damals größten Arbeit­ge­bers, General Motors, in die Schulen seines Distrikts hin­ein­ko­piert, sie gleichsam »päd­ago­gi­siert« hatte. Der Effekt für GM: »Human­ka­pital« wurde an den Schulen her­an­ge­bildet, das sich nahtlos in die Arbeits­struk­turen des Auto­mo­bil­bauers inte­grieren ließ.
Geflis­sent­lich aus­ge­blendet werden von den Prot­ago­nisten des »koope­ra­tiven Ler­nens« die größten Leh­rer­streiks der nord­ame­ri­ka­ni­schen Geschichte, die sich in Ontario, Kanada, im Jahre 1997 gegen eben diese neo­li­be­rale Schul­re­form richteten.

Fazit: Der Bil­dungs­be­griff à la Ber­tels­mann ist funk­tio­na­lis­tisch und auf die Be– dürf­nisse der modernen Indus­trie aus­ge­richtet. Daß aus­ge­rechnet die GEW Hand­rei­chungen zum »koope­ra­tiven Lernen« her­aus­gibt, ist dabei eine Pointe, über die zu lächeln ich mich weigere.

Blockupy Düsseldorf: Aufruf

Blockupy Düsseldorf - Widerstand gegen die autoritäre Krisenpolitik der EU - Für internationale Solidarität und Menschenrechte




Wir rufen auf zu weiteren Protesten gegen das Krisenregime der Europäischen Union vom 6. - 9. Juni in Düsseldorf. Im Mai wurden die Versammlungen von Blockupy Frankfurt größtenteils verboten und durch die Polizei verhindert. Nach diesen tiefen Einschnitten in die Grundrechte tausender Teilnehmer haben wir eine sehr kraftvolle, laute, bunte und friedliche Demonstration ins Bankenviertel erlebt.



Um an die europäischen Tage des Protests anzuknüpfen, wollen wir im Rahmen dezentraler Aktionstage den Widerstand in die Landeshauptstadt von Nordrhein-Westfalen tragen. Die Metropole Düsseldorf ist nach Frankfurt am Main zweitwichtigster Banken- und Börsenplatz in Deutschland - rund 170 Banken haben eine Filiale oder ihre Zentrale in Düsseldorf. Auch zahlreiche Konzerne haben hier ihren Sitz, z.B. Monsanto Deutschland, L’Oréal Deutschland, Vodafone Deutschland, die Metro AG, E.ON, Rheinmetall, Henkel, E-Plus und die ERGO Versicherungsgruppe. Wir widersetzen uns dem Versuch, mit nationalistischen Parolen die Beschäftigten, die Erwerbslosen, die Prekären in Deutschland und Griechenland, in Italien und Frankreich oder in anderen Ländern gegeneinander aufzuhetzen. Wir setzen dagegen ein Zeichen der Solidarität mit allen Menschen und Bewegungen, die sich seit Monaten schon in Europa gegen die Angriffe auf ihr Leben und ihre Zukunft wehren. Wir werden gegen die Politik von EU und Troika demonstrieren, die Banken blockieren und die öffentlichen Plätze in Düsseldorf besetzen – wir sind BLOCKUPY!



Die Revolten in Nordafrika brachten im vergangenen Jahr ein jahrzehntelang zementiertes Machtgefüge ins Wanken. Dieses Signal des Aufbruchs ging um die Welt, hat inspiriert und Mut gemacht. Auch in den USA und in Europa wurden Zelte zum Symbol des Protests. Zehntausende eroberten in Spanien die zentralen Plätze und forderten „Echte Demokratie!“. In Tel Aviv wurden ganze Straßenzüge in ein Camp verwandelt; große Demonstrationen stellten die steigenden Lebenshaltungskosten in den Mittelpunkt. In Griechenland kam es wegen der Spardiktate und neoliberalen Zumutungen zu massenhaftem Aufruhr und einer Reihe von Generalstreiks.

Ausgehend von Occupy Wall Street ist wie aus dem Nichts eine weltweite Bewegung gegen Entdemokratisierung und soziale Angriffe entstanden. Hunderttausende sind weltweit gegen Internetzensur auf die Straße gegangen. Auch das Camp vor der Börse und der Bundesbank in Düsseldorf besteht weiter.

Bewegungen und Proteste in vielen Ländern der Europäischen Union richten sich gegen die massiven Sparprogramme, die von den Regierungen, gleich welchen politischen Lagers, durchgesetzt werden. Löhne werden gesenkt und das Rentenalter wird erhöht, Stellen im öffentlichen Dienst werden gestrichen und soziale Einrichtungen werden reihenweise geschlossen. In fast allen Ländern wird im Gesundheits- und Bildungsbereich gekürzt. Von den Milliardenbeträgen der „Eurorettung“ bekommen die Menschen in den betroffenen Ländern keinen Cent, der Hauptteil fließt direkt an die Banken zurück.

Dieses Krisendiktat der von den Regierungen Frankreichs und Deutschlands dominierten Troika aus EU-Kommission, Europäischer Zentralbank (EZB) und dem Internationalen Währungsfonds (IWF) schafft demokratische Verfahren faktisch ab. So wurden in Griechenland und Italien ohne Wahlen „Technokratenregierungen“ eingesetzt, die die Spardiktate aus Frankfurt und Brüssel nur noch umsetzen.

Setzen wir unsere Solidarität gegen ihre Politik der Spardiktate! Machen wir deutlich, dass wir nicht weiter zulassen werden, dass die Krise auf den Rücken von abhängig Beschäftigten, Erwerbslosen, Pensionierten, Prekären, Studierenden, Flüchtlingen und vielen anderen Betroffenen abgeladen wird, weder anderswo, noch hier.

Die Düsseldorfer Protesttage schließen zeitnah an die europäischen Aktionstage in Frankfurt vom 16. - 19. Mai an. Zeitgleich wachsen die monatelangen Studentenproteste in Kanada, wo vor wenigen Tagen das Versammlungsrecht dauerhaft eingeschränkt wurde. Wegen dieser Einschränkungen machen Menschen mit Kochtöpfen und Löffeln lautstark auf sich aufmerksam, wie es in anderen Ländern mit ähnlichen Restriktionen praktiziert wird.

Mittwoch, 06.06. Anreise und Nachttanzdemo - Donnerstag, 07.06. Take the Square, Versammlungen, Aktionen und Spaziergänge - Freitag, 08.06. Für einen Tag das System stilllegen :-) Samstag, 09.06. Abschluss-Demonstration

BLOCKUPY, das sind Gruppen und Aktivist_innen aus der Occupy-Bewegung, den Erwerbsloseninitiativen und Krisenbündnissen, Gewerkschafter_innen, Attac-Aktivist_innen, aus der Umwelt- und Friedensbewegung, antirassistischen und migrantischen, antifaschistischen Initiativen, Gruppen und Organisationen der radikalen Linken, Jugend-und Studierendenorganisationen, Aktivist_innen der verschiedensten lokalen Kämpfe, linker Parteien.



Mittwoch 06. Juni 2012 ab 15:00 Uhr Zelte aufbauen
Treffpunkt Martin Luther Platz




Mittwoch 06. Juni 2012 19:00 Uhr Plenum
Treffpunkt Martin Luther Platz


Mittwoch 06. Juni 2012 20:00 Uhr Nachttanzdemo
Treffpunkt Martin Luther Platz


Donnerstag 07. Juni 2012 11:00 Uhr Plenum
Treffpunkt Martin Luther Platz


Donnerstag 07. Juni 2012 12:00 Uhr Take the square
Treffpunkt Martin Luther Platz


Donnerstag 07. Juni 2012 16:00 Uhr Aktionen in der Düsseldorfer Innenstadt (Mehr Infos folgen).
Treffpunkt Martin Luther Platz


Donnerstag 07. Juni 2012 19:00 Uhr Plenum
Treffpunkt Martin Luther Platz


Donnerstag 07. Juni 2012 20:00 Uhr Spaziergang mit Töpfen und Kochlöffeln
Treffpunkt Martin Luther Platz


Freitag 08. Juni 2012 07:00 Uhr Für einen Tag das System stilllegen (Mehr Infos folgen)
Treffpunkt Martin Luther Platz


Freitag 08. Juni 2012 19:00 Uhr Plenum
Treffpunkt Martin Luther Platz


Freitag 08. Juni 2012 20:00 Uhr Spaziergang mit Töpfen und Kochlöffeln
Treffpunkt Martin Luther Platz


Samstag 09. Juni 2012 13:00 Uhr Netzwerktreffen Niemandsland
Bitte vorher anmelden auf:
https://www.facebook.com/events/387696134609294/Niemandsland e.V. Heerstraße 19, Düsseldorf


Samstag 09. Juni 2012 14:00 Uhr Abschlussdemo
Treffpunkt Martin Luther Platz


Samstag 09. Juni 2012 19:00 Uhr Plenum
Treffpunkt Martin Luther Platz

Horst Hilse (SOKO Köln): Über die NRW-Piraten


Die Piraten
Diese Protestformation zog nach Berlin, Saarbrücken und Kiel nun auch in den Düsseldorfer Landtag ein.
Ihren Stimmenanteil von fast 609 000 Stimmen holten sie von überall:  Sie gewannen Stimmen aus allen Lagern – 90.000 von der SPD, je 80.000 von den Grünen und der Linkspartei, 70.000 von Nichtwählern, 60.000 von der CDU und 40.000 von der FDP. Sie bilden eine klassische Protestformation: nur 30% ihrer Wähler wählten sie wegen ihrer Inhalte, aber über 66%  erklären, dass sie Piraten wählen, weil sie den etablierten Parteibetrieb generell ablehnen und am liebsten abschaffen möchten..Sie fühlen sich von den Parteien verraten.
 Im Gegensatz zur Zeichnung des medialen Bildes ist festzuhalten:   Den höchsten Zuspruch bekommen diese Protestler von formal weniger gebildeten Bevölkerungsschichten und haben ihre höchsten %-anteile unter Arbeitslosen und Arbeitern!

Bei den Arbeitslosen, die noch 2010 in NRW zu über 24% die Linke gewählt hatten, haben diese heute nur noch 11% ,  aber 18% dieser Gruppe gaben ihre Stimme den Piraten.
Insgesamt hat also die Unzufriedenheit unter Erwerbslosen noch erheblich zugenommen und wenn man Piraten und Linke zusammenzählt, kommen die Proteststimmen in diesem Wähler -Segment fast an den SPD Anteil von 32%  heran. Im Gegensatz zum gezeichneten Medienbild sind die Piraten nicht in erster Linie eine großstädtische Protestpartei, worauf die Wahlerfolge in Schleswig- Holstein verweisen.

In N R W hatten sie ihre größten Erfolge in den mittleren Zentren. (Neuss/Siegen Wittgenstein/Brilon im Hochsauerland) Sie repräsentieren einen rebellionsbereiten Klassenteil, der keinerlei Bindung an irgendeine Form der Arbeiterbewegung mehr kennt. Dieser Umstand  kann zukünftig bei weiteren Radikalisierungsprozessen in diesem Wählersegment durchaus eine Rechtsentwicklung bewirken. Ich denke, dass der fatale Rückzug des DGB´s aus der Fläche und die Konzentration auf die Großbetriebe als ein Aspekt bei der Analyse berücksichtigt werden muss.

Ganz im Gegensatz zur Linken und teilweise den Grünen, waren die Piraten bei jeder Protestwelle dabei und steigerten ihre Teilnahme von mal zu mal (S.21 – Bundestrojaner -Fukushima –- Fluglärm – Acta - )
Ihre aktuelle Anziehungskraft gewinnen sie derzeit auch durch die innere Verfasstheit, z.B. im durch starke Mitgliederbeteiligung bei der Kandidatenauswahl. Gäbe es das "Kandidatengrillen" bei der Linkspartei, wären nach meiner Schätzung mindestens ein Drittel ihrer Repräsentanten nicht dorthin gekommen, wo sie nun sitzen. Ausserdem haben die Piraten überwiegend ehrenamtliche Vorstandsmitglieder, die ansonsten ihrem normalen Beruf nachgehen.

Sozial repräsentieren die 30 Vorstandsmitglieder in NRW das untere Einkommensdrittel der arbeitenden Bevölkerung. Vom Busfahrer, Trucker und der Verkäuferin bis zum Fotohändler und IT-freak ist dort die "arbeitende Klasse" viel genuiner präsent, als bei der Linkspartei. Man könnte sie als einen naiven unpolitischen Ausdruck von Klassenteilen kennzeichnen, die sich vom derzeitigen System abwenden, ohne in den Nichtwählerbereich zu wechseln. Natürlich wird das so nicht bleiben und die Differenzierung in dieser Formation wird sehr rasch einsetzen.

In ihrem Funktionärskörper finden sich in NRW langjährige Mandatsträger/innen der Grünen, Gründungsmitglieder der WASG sowie langjährige Antifa-Aktivisten. Damit besteht die auf 3000 angewachsene Mitgliederzahl keineswegs nur aus „unerfahrenen Leuten“.

SOKO Köln, Horst Hilse: Nachkarten : NRW-WAHL - eine Analyse


Gesellschaftliche Krisensituationen, sind auf der politischen Ebene durch plötzliche Wendungen, unverhoffte politische Kurswechsel und unstetes Wahlverhalten gekennzeichnet. Dies ist unter parlamentarischen Bedingungen der Ausdruck von Unruhe unter den Klassen und ihren einzelnen Schichtungen.
Deutschland ist da keine Ausnahme und so befinden wir uns also im Mainstream europäischer Entwicklungen. Was das praktisch für Folgen haben kann, verdeutlicht sich in krasser Weise aktuell am Schicksal der Partei DIE LINKE

Formation: DIE LINKE
Die Partei, 2005 im Westen mit der WASG gestartet, fusionierte im Sommer 2006 als kleine Gruppe mit dem eingespielten Parteiapparat der ehemaligen Staatspartei der DDR. Das Interesse der PDS bei der Fusion beruhte auf der Überwindung des Status einer Regionalpartei des Ostens. Das Interesse der WASG war in der Hoffnung begründet, dass damit die westdeutsche Linke Masseneinfluss erringen könnte. Mit sehr zweifelhaften Methoden aus der Taufe gehoben (Erinnert sei an die manipulierte Mitgliederbefragung zur Fusion sowie an das als alternativlos dargestellte Morlock-Gutachten, das dem Anwalt über 100 000 Euros aufs Konto schaufelte.  2006  aus dem Taufbecken gehoben, sollte sie eine "basisdemokratisch orientierte" Partei "neuen Typs" werden, " die "von ihren Mitgliedern regiert wird "wie Klaus Ernst gemeinsam mit Gysi vor den Kameras verkündete.
Doch bereits 1 Jahre später war klar und deutlich der weitere Weg vorgezeichnet: ein gewählter Landesvorstand in Berlin wurde aus politischen Gründen seines Postens enthoben und durch einen Politkommissar ersetzt.  Innerparteilich wurden Materialien der Geheimdienste aus den 50er ,60er, 70er Jahren zurechtgezimmert, um den Einfluss trotzkistischer Strömungen mit anonym bundesweit versendeten Pamphleten (Möbiusring) zu zerstören. Diese Vorgänge sowie erste bürokratische Drangsalierungen durch Lokalfürsten führten zu einer Rebellionsstimmung in den westlichen Landesverbänden, die sich in der "Kasseler Konferenz" mit über 300 Teilnehmer/innen sowie in der Gründung des "Netzwerkes Linke Opposition" manifestierte. Helmut Born und Manuel Kellner schrieben damals als isl-Vertreter:
"Wir sind keineswegs dagegen, sondern dafür, die Parteiform durch "basisdemokratische Elemente" zu erneuern. Wir rücken kein Jota von unserer Kritik an der entstehenden neuen linken Partei ab, auch im Hinblick auf ihr absehbares organisatorisches Funktionieren. Es entsteht keine Partei "neuen Typs", keine Partei, "die von ihren Mitgliedern regiert " wird, sondern eine Partei, die von ihren Parlamentsfraktionen im Zusammenspiel mit ihrem Hauptamtlichen Apparat dominiert wird." 
Diese Einschätzung hat sich in der Folgezeit tausendfach bestätigt und hat bis heute ihre Gültigkeit nicht verloren. Auch wenn diese Partei bis 2009 einen wahren Höhenflug erlebte und die Hoffnungen vieler Menschen auf eine neue Kraft bündelte, so merkten doch die Mitglieder und Wähler sehr schnell, was Manuel und Helmut bereits 2007 auf den Punkt brachten.
Seit ihrem Zenit-Jahr 2009 verlor sie in 3 Jahren über 50% ihrer Wählerbasis. In Berlin wurden neoliberale Maßnahmen im Widerspruch zu programmatischen Erklärungen exekutiert und als dort die Linkspartei in zwei Wahlen hintereinander zuerst eine Halbierung ihrer Wählerzahlen erfuhr, und anschließend in der nächsten Wahl nochmals ein Drittel einbüßte, wäre in jeder anderen demokratischen Partei ein Rücktritt der Verantwortlichen, notfalls von der Parteibasis erzwungen, fällig gewesen.

NRW-Wahl 
Insofern war die NRW-Wahl  mit einer Bevölkerungszahl, die mehr als alle 5 neuen Bundesländer umfasst, ein Schlusspunkt am Ende einer unheilvollen schädlichen Entwicklung und ein Vorläufer für die Bundestagswahlen 2013.
Die harten Wahrheiten der NRW-Wahl:  Die Linke verliert mit 90 000 Stimmen den größten Wähleranteil an die SPD und 80 000 an die Piraten, während 30 000 Wähler zu den Grünen gehen. 20 000 ihrer ehemaligen Wähler beteiligen sich nicht an der Wahl, während 10 000 die FDP wählen. Damit hat die Linke in NRW weniger Wähler an das Lager der Nichtwähler abgegeben, als zuvor in Schleswig-Holstein.
Zum Vergleich: Die Linke hatte bei der Landtagswahl 2010  in NRW 789.800 Stimmen erhalten, was 5,6% entsprach, während sie aktuell bei 194 539 Stimmen und 2,5% landete. Vor der Vereinigung, als noch PDS und WASG in NRW getrennt kandidierten, hatten beide Gruppierungen zusammen 254 977 Stimmen, also 60 000 Stimmen mehr erhalten, als heute.
Was sagen diese Zahlen aus?
Der größte Teil der verlorenen Linken -Stimmen mit 90 000 ging an die SPD. Vertreter der Linken behaupten anschließend, das sei derjenige Teil gewesen, der schon immer ein gemeinsames Zusammengehen mit der SPD gewollt habe. Das mag zutreffend sein, ist aber so nicht verallgemeinerbar.
Es gibt Traditionswähler der SPD, die sich von der Linken erhofft hatten, dass sie die SPD mal so richtig aufmischen würde. Stattdessen erlebten sie die Linken (medial, da die Partei vor Ort kaum existiert) als Mehrheitsbeschaffer für die SPD (was real nicht immer stimmt). Auf lokaler Ebene zeigte sich zudem sehr rasch, dass das Parteiprogramm beim täglichen Kleinklein keine Richtschnur für linke Politik war. Diese Erfahrung wurde durch das mediale Bild noch verstärkt und zeigte ihnen: alternative Politik ist mit denen nicht zu machen.
Die Rückwendung dieser linken Stamm-Wähler zur SPD hat teilweise resignative Züge, da die “SPD eben zu schlau“ sei. Andererseits dominierte der Wille, wie bei der übergroßen Mehrheit der übrigen Wähler auch, die Sparpolitik mit allen Mitteln zu stoppen Das ist realistischerweise nur möglich, wenn die SPD die kommende Regierung stellt. Da für diese Wähler eine andere Partei als die SPD nicht in Frage kommt, bleibt ihnen nur diese Option übrig.
Gerade bei Arbeitern mit niedrigerem Einkommen und bei Arbeitslosen, hatte DIE LINKE  bei der letzten Wahl von allen Bevölkerungsgruppen die größte Zustimmung mit einem Prozentanteil von über 20%, bzw. ca.24% !
In beiden Wählergruppen ist die Linke aktuell massiv eingebrochen und wurde von den Piraten überholt.

Ein weiterer scheinbarer Widerspruch wird bei den gewerkschaftlich Organisierten sichtbar: Obwohl diese Wählergruppe in mehreren Umfragen verschiedener Institute die größten Sympathien mit den Forderungen der Linkspartei bekundete und obwohl keine andere Partei in den letzten Jahren so viele gewerkschaftliche Themen aufgegriffen hatte, wie die Linkspartei, verlor sie gerade in dieser Gruppe der gewerkschaftlich organisierten überdurchschnittlich viele Wähler!
Die Übersetzung des Zahlenmaterials bei diesen 3 relevanten Klassengruppen besagt: Man traut der linken Truppe von Seiten der organisierten Kollegen eine Um- bzw. Durchsetzung der Forderungen nicht zu!
Nichts ist für eine politische Formation bei organisierten Kollegen tödlicher, als wenn sie in den Ruf geraten, bloße Maulhelden zu sein, es aber „praktisch nicht zu können“. Die Abwendung  dieser Wählergruppen besagt dann: „Ihr mögt ja in vielem Recht haben, aber für uns  könnt ihr nichts heraus holen!“ –
Zusätzlich ist es ein ganzes komplexes Bündel, das den linken Sturzflug erklärt: Dazu gehört sicherlich das Bild der Zerstrittenheit, die fehlenden markanten Persönlichkeiten, die fehlende Parteipräsenz vor Ort, der völlig respektlose Umgang miteinander, der Versammlungs-Charakter verstaubter Hinterzimmer.  Für neue Mitglieder, die nicht über die Strömungen rekrutiert wurden, ein wahres Horrorszenario. Selten haben so viele Mitglieder nach so wenigen Monaten die Partei wieder verlassen. Auch andere Parteien haben ganze Serien von Niederlagen er- und überlebt. Aber bei der Linkspartei sind die Überlebensbedingungen aus mehreren Gründen ausgesprochen schlecht:
-Durch den fehlenden Parteiunterbau, bzw. ein Parteileben gibt es keinen Basis-Druck, der Versager beiseiteschiebt und die Situation personell bereinigt. Das sich nach den Berliner Vorgängen in der Partei kein Entrüstungssturm erhob, das Lederer, Wolff und andere aber weitermachten 20o9 weiter, als sei nichts geschehen und auch in der Partei erhob sich kein Entrüstungssturm. Auch die Psychiatrisierung missliebiger Parteimitglieder (Saarland) durch Vorstände hätte bei einer funktionierenden Partei massive Folgen.
- Der Charakter der Partei im Westen ist der eines Umgruppierungsprojekts. D.h. Jede der Strömungen versucht als Sieger aus der Umgruppierung hervorzugehen. Die Bindung der Mitglieder liegt in erster Linie bei der Strömung, nicht bei der Partei, die eher eine koordinierende " Dachfunktion" wahrnimmt. Daher konnte sich keine verantwortliche Führungsmannschaft der Partei ausbilden, die aktuell dringend nötig wäre. Sie müsste die nötige Autorität strömungsübergreifend besitzen um die gewaltige Aufgabe einer umfassenden Reform und einen Neustart zu bewältigen. Lafontaine hatte im Westen als Person diese integrative Funktion. Trotzdem eine Herkulesaufgabe –
Es war m.E.  richtig, dass er dazu die gesamte Autorität, bzw. die Geschlossenheit der Partei einforderte und keine Gegenkandidatur dulden wollte. Dass die Medien ihm das ankreiden, während Westerwelle, Brüderle, Schäuble, Hinze u.a. keine Zeile wert sind, wenn sie sich ebenso verhalten, sagt etwas über die Macht der Medien aus. Anders ist dagegen dieses Verhalten unter dem Aspekt einer „neuen“ Linkspartei zu betrachten.
Hinzu kommt die riesige Kluft zwischen den inhaltlichen Vorstellungen der parteilichen Flügel, Strömungen und Kleingruppen die oft bei Außenstehenden den Eindruck hinterlässt, man habe es mit 2, 3 vielen Linksparteien zu tun.
Demgegenüber ist die Bilanz auf parlamentarischer Ebene in NRW nicht einmal so schlecht:
*   Die Studiengebühren wurden abgeschafft. Ohne die Fraktion DIE LINKE wäre das sicher noch nicht erfolgt.  Wahlwirksam im Sinne von spürbar ist dieser Fortschritt dagegen eher nicht, da der überwiegende Teil der Linke -Wähler davon nicht betroffen ist.
*Die Kopfnoten wurden abgeschafft. Das Thema hat aber dann im Wahlkampf keine Rolle mehr gespielt. Ansonsten-siehe oben !
*     Die Abwahl von Bürgermeistern per Volksentscheid wurde möglich gemacht  und in Duisburg haben wir nach der love parade ein erstes Beispiel erlebt. Der neue Oberbürgermeister dort ist noch immer nicht gewählt.
*Es wurde mehr Geld für die Beratungsstellen für Opfer rechter Gewalt zur Verfügung gestellt. *Es wurden zusätzliche Steuerfahnder eingestellt, um Steuerhinterziehung wirksamer zu bekämpfen und damit mehr Steuergerechtigkeit herzustellen.
*Das Landespersonalvertretungsgesetz und damit die Mitbestimmungsrechte der Personalräte des Landes wurden verbessert. bzw. die       Verschlechterung unter Rüttgers rückgängig gemacht.
*     Bei der Vergabe öffentlicher Aufträge durch das Land gelten jetzt seit 1. Mai Mindestlöhne.
Alle diese Fortschritte sind-außer Studiengebühren- immer nur bei kleinen Gruppen in der Gesellschaft real spürbar. umso wichtiger wäre es gewesen, mit diesem parlamentarischen Pfund im Wahlkrampf zu wuchern:

Der Wahlkampf der Linkspartei
Motto hätte sein müssen: WIR haben die Landesregierung veranlasst, . WIR haben den Vorschlag unterbreitet, dass  . . . WIR waren es, die . . . .
Es ist mir schlicht völlig unbegreiflich, warum die Linkspartei das nicht ganz plakativ in Wahlkampfmaterial umgemünzt hatte, nach dem Motto: NUR mit uns war es möglich.
Ganz anders dagegen die SPD, die diese auf Druck der Linkspartei zustande gekommenen "Erfolge" landauf landab plakatierte: "Wir haben den Schulfrieden gebracht" , " wir haben das Studieren ermöglicht"   etc.etc. 
Die Plakate der Linkspartei waren bieder, grafisch ohne pep und ideenlos. sie stellten zudem Forderungen auf, die nur auf Bundesebene umsetzbar sind: Truppenabzug Afghanistan, Millionärssteuer, etc.etc. Persönlich fand ich noch das beste:  "Miethaie zu Fischstäbchen"
K. Schwabedissen hat dagegen eine erstaunlich gute Figur abgegeben und hat sich nicht ins abseits schieben lassen. Sie hatte noch am ehesten den Eindruck vermitteln können, dass die Linkspartei etwas anderes darstellt, als die Etablierten. Ihre Konterattacken gegen das CDU-Argument "wie soll das bezahlt werden" oder "wie wollen sie das durchsetzen" waren schlagfertig,  gut rübergebracht und als Person wirkte sie authentisch.. 
Andererseits aber wiederholte sie die völlig kontraproduktive Selbstdarstellung der  Partei, dass sie es gewesen sei, die „ die Grünen grüner, die SPD sozialdemokratischer gemacht“ hätte. Das Signal an die Wähler lautet dann: toll, dann können wir ja die durch euch verbesserten Parteien auch wählen…

Die Piraten
 Diese Protestformation zog nach Berlin, Saarbrücken und Kiel nun auch in den Düsseldorfer Landtag ein.
Ihren Stimmenanteil von fast 609 000 Stimmen holten sie von überall:  Sie gewannen Stimmen aus allen Lagern – 90.000 von der SPD, je 80.000 von den Grünen und der Linkspartei, 70.000 von Nichtwählern, 60.000 von der CDU und 40.000 von der FDP. Sie bilden eine klassische Protestformation: nur 30% ihrer Wähler wählten sie wegen ihrer Inhalte, aber über 66%  erklären, dass sie Piraten wählen, weil sie den etablierten Parteibetrieb generell ablehnen und am liebsten abschaffen möchten..Sie fühlen sich von den Parteien verraten.
 Im Gegensatz zur Zeichnung des medialen Bildes ist festzuhalten:   Den höchsten Zuspruch bekommen diese Protestler von formal weniger gebildeten Bevölkerungsschichten und haben ihre höchsten %-anteile unter Arbeitslosen und Arbeitern!
Bei den Arbeitslosen, die noch 2010 in NRW zu über 24% die Linke gewählt hatten, haben diese heute nur noch 11% ,  aber 18% dieser Gruppe gaben ihre Stimme den Piraten.
Insgesamt hat also die Unzufriedenheit unter Erwerbslosen noch erheblich zugenommen und wenn man Piraten und Linke zusammenzählt, kommen die Proteststimmen in diesem Wähler -Segment fast an den SPD Anteil von 32%  heran. Im Gegensatz zum gezeichneten Medienbild sind die Piraten nicht in erster Linie eine großstädtische Protestpartei, worauf die Wahlerfolge in Schleswig- Holstein verweisen.
In N R W hatten sie ihre größten Erfolge in den mittleren Zentren. (Neuss/Siegen Wittgenstein/Brilon im Hochsauerland) Sie repräsentieren einen rebellionsbereiten Klassenteil, der keinerlei Bindung an irgendeine Form der Arbeiterbewegung mehr kennt. Dieser Umstand  kann zukünftig bei weiteren Radikalisierungsprozessen in diesem Wählersegment durchaus eine Rechtsentwicklung bewirken. Ich denke, dass der fatale Rückzug des DGB´s aus der Fläche und die Konzentration auf die Großbetriebe als ein Aspekt bei der Analyse berücksichtigt werden muss.
 Ganz im Gegensatz zur Linken und teilweise den Grünen, waren die Piraten bei jeder Protestwelle dabei und steigerten ihre Teilnahme von mal zu mal (S.21 – Bundestrojaner -Fukushima –- Fluglärm – Acta - )
Ihre aktuelle Anziehungskraft gewinnen sie derzeit auch durch die innere Verfasstheit, z.B. im durch starke Mitgliederbeteiligung bei der Kandidatenauswahl. Gäbe es das "Kandidatengrillen" bei der Linkspartei, wären nach meiner Schätzung mindestens ein Drittel ihrer Repräsentanten nicht dorthin gekommen, wo sie nun sitzen. Ausserdem haben die Piraten überwiegend ehrenamtliche Vorstandsmitglieder, die ansonsten ihrem normalen Beruf nachgehen.
Sozial repräsentieren die 30 Vorstandsmitglieder in NRW das untere Einkommensdrittel der arbeitenden Bevölkerung. Vom Busfahrer, Trucker und der Verkäuferin bis zum Fotohändler und IT-freak ist dort die "arbeitende Klasse" viel genuiner präsent, als bei der Linkspartei. Man könnte sie als einen naiven unpolitischen Ausdruck von Klassenteilen kennzeichnen, die sich vom derzeitigen System abwenden, ohne in den Nichtwählerbereich zu wechseln. Natürlich wird das so nicht bleiben und die Differenzierung in dieser Formation wird sehr rasch einsetzen.
In ihrem Funktionärskörper finden sich in NRW langjährige Mandatsträger/innen der Grünen, Gründungsmitglieder der WASG sowie langjährige Antifa-Aktivisten. Damit besteht die auf 3000 angewachsene Mitgliederzahl keineswegs nur aus „unerfahrenen Leuten“.
Die Grünen haben in NRW durch die Piraten ebenfalls leicht an Stimmen(0,8%) eingebüßt, sind aber in etwa mit ihren 884 136 Stimmen stabil geblieben. Sozial gesehen hat sich durch die Verluste an die Piraten ihr Profil jedoch noch schärfer konturiert: Deutlicher noch repräsentieren sie hochgebildete Akademiker, gut  verdienende Angestellte des Öffentl. Dienstes und Beamte.
Sie konnten ihr Umfragehoch nach Stuttgart 21 und Fukushima nicht halten und sackten unter die Umfragewerte ab.

Anmerkung zu Faschisten
Die NPD mit fast 40 000 und PRO NRW mit 118 000 haben zusammen trotz eines aufwändig medialen Provokationswahlkampfes mit über 20 "Moscheebesuchen" und Kameradschafts-aufmärschen  weniger Stimmen erhalten, als noch 2010 gemeinsam mit den Reps . sicherlich hat dazu auch das schnelle und entschlossene Vorgehen des NRW-Innenministers beigetragen, der die Pro´s und die Salafisten noch 4 Tage vor der Wahl mit Razzien überzog. Dass dabei bei einem Ratsmitglied der Pro´s in Radeformwald nach polizeilichen Angaben auch eine „Langwaffe“ gefunden wurde, war geradezu ein „Glücksfall“ für die wahlkampfstrategen. Der Versuch ehemaliger Funktionäre von faschistischen Organisationen, sich über die Pro-Bewegung einen „bürgerlichen anstrich2 zu geben, darf als gescheitert betrachtet werden. Dazu hat sicherlich auch die massive antifaschistische Gegenwehr beigetragen, die bis tief in die SPD hineinreichte.
Verlassen wir die unteren Etagen kommen wir zur Bundesliga.
Die SPD hat einen fulminanten Sieg in NRW eingefahren: mit 3 050 000 Wählern hat sie die CDU um eine Million Stimmen abgehängt und weit hinter sich gelassen. Ein extrem personalisierter Wahlkampf, eine aufgeputzte Parteimaschinerie und ein hoher Kompetenzbonus hat ihr den Sieg gesichert.
Sie repräsentiert in NRW heute den in ganz Europa spürbaren Klassenwillen zum Widerstand: Schluss mit der Sparpolitik!
Sie wird als die Kraft angesehen, die  realistischerweise in der Lage sein soll, die merkelsche Sparpolitik zu beenden.
Bei dem Sieg der  SPD gilt es m.E. zwei für Linke bemerkenswerte Umstände zu beachten: erstmals seit 1995 gelang es ihr - bisher als einziger Partei - bei den bisherigen jungen Nichtwählern unter 25 Jahren und in der Altersgruppe der Wähler bis 29 Jahre große Einbrüche zu erzielen. Insgesamt mobilisierte sie 110 000 bisherige jüngere Nichtwähler. In der Altersgruppe der bis 29jährigen wurde sie von 32% gewählt, während die CDU in dieser Altersgruppe bei 16% dümpelt!
 2 Tage vor der Wahl organisierte sie im Ruhrgebiet mit Falken und Jusos ein großes "workers meeting" mit einer großen Teilnehmerzahl.  Wenn also eine Partei in NRW derzeit als attraktiv bei den jüngeren Jahrgängen gilt, dann ist es die alte, verstaubte, verkommene SPD. Dies wiederspricht dem von den Medien vorgezeichneten Jugendbild diametral und es ist eine Aufgabe für uns, diesen tatbestand näher zu untersuchen.
Vergessen wir nicht, dass besonders Jugendliche heute unter Mehrfachjobben, sozialer Not und Ausgrenzung zu leiden haben.
Der fulminante Wahlsieg birgt für die SPD Gefahren, die aus ihrer politischen Klassenstellung herrühren:  Die Erwartungshaltung der Klasse gegenüber der Partei ist hoch und SPD-Chef Gabriel stellt die europaweite gewerkschaftliche und sozialdemokratische Forderung nach einem zusätzlichen Wachstumspaket zur Ankurbelung der Konjunktur in den Raum.
 Zugleich beteuert er in Interviews, dass er weder die Schuldenbremse im Grundgesetz, noch den europäischen Fiskalpakt in irgendeiner Weise infrage stellt. Wie dieser Spagat angesichts leerer öffentlicher Kassen gelingen soll, ist ein Geheimnis.
 Die Forderung nach einer gerechteren Lebenssituation für die Klasse  wird ohne weitere Schulden kaum durchsetzbar sein. Bereits in der zweiten Woche nach der Wahl erleben wir, wie bewusst sich die SPD-Führung dieser Situation ist: Hannelore Kraft eilt in die Betriebs-versammlung bei Opel, um, wie sie sagt " die Sache in die Hand " zu nehmen. Sie fordert vor der versammelten Belegschaft den Vorstand von General Motors  zu sofortigen Gesprächen mit der Landesregierung NRW auf. Der anwesende Betriebsdirektor übergeht das schlicht und lässt sie kalt auflaufen.
Ich vermute mal: kann sie dem Konzernvorstand kein „lukratives“ Angebot vorlegen, wird der amerikanische Konzern keinen Anlass sehen, sich mit der Provinznudel "aus´m Pott" an einen Tisch zu setzen. Ganz verzweifelt musste der Opel-Betriebsrat Einenkel (der zum linken Gewerkschaftsflügel zählt) letzte Woche zuschauen, wie die Gewerkschaften des englischen Zweigwerks zugleich auf Weihnachtsgeld, Urlaubsgeld und Zulagen verzichteten, um wenigstens ihre Arbeitsplätze zu erhalten.
Er schrieb einen flehentlichen Appell zur europäischen Solidarität an alle Betriebsräte der Werke des Kontinents und forderte europaweite Kampfbereitschaft. Die Kollegen der anderen europäischen Staaten dürften sich verwundert die Augen gerieben haben, sind doch solche Töne aus Germoney recht ungewöhnlich. Und Opel ist erst der Anfang, da durch die europaweite Sparpolitik der deutsche Auslandsmarkt im Kontinent wegzubrechen droht. Der asiatische Exportanteil wird das dauerhaft nicht kompensieren können.
Das bedeutet auch, dass die SPD sehr schnell innere Auseinandersetzungen erleben wird. Bereits jetzt schießt sich Helmut Schmidt mit der "Zeit" auf die SPD-Linke ein: Die „Illusionisten“ werden gebrandmarkt, die von Frankreich angesteckt sein könnten und Fiskalpakt und Schuldenbremse in Zweifel ziehen wollen. Schmidt kennt seinen Laden und arbeitet also bereits jetzt innerparteiliche Brandmauern, da er weiss, dass die SPD spätestens 2013 Regierungs-verantwortung übernimmt.
Die CDU hat mit 2 050 000 Stimmen das schlechteste NRW Ergebnis seit 1947 ( vor den Kämpfen um das Betriebsverfassungsgesetz ) eingefahren und Merkel weiß, dass seit Mai der Bundestagswahlkampf 2013 eröffnet ist.
Die Lage für die CDU ist katastrophal: In NRW sind 110 000 Stammwähler der Wahl ferngeblieben. Erste Umfragen nach den Motiven führen die Energiewende und Kandidat Röttgen an. Es geht also nicht - wie die Medien behaupten- in erster Linie darum, dass Röttgen sich nicht zum Verbleib in NRW  oder Berlin äußern wollte. Es geht auch um das mit seiner Person verknüpfte  Merkel-Projekt!
 Das NRW-Menetekel:  Bei den unter 29 jährigen hat die CDU nur noch 16% Stimmenanteil. Aus CDU- Sicht haben die Gegner (SPD,GRÜNE,PIRATEN,LINKE) zwei Drittel der Wählerschaft hinter sich. Seit Monaten zeigt das sonntägliche Politbarometer ähnliche Werte für die ganze Republik an. Es gibt eine strukturelle Mehrheit gegen die Hornissenkoalition aus schwarz-gelb.
Bisher hatte Merkel alle größeren Auseinandersetzungen geschickt vermeiden können: es wurde nicht allzu bösartig gespart, sie hat den Libyenkrieg nicht mitgetragen, sie hat die Energiewende beschlossen, sich bestens mit den Gewerkschaften arrangiert, übernimmt von den Linken die Forderung nach Mindestlohn und Transaktionssteuer und doch hat es den Anschein als ob dieser Opportunismus von den Wählern nicht honoriert wird. Zudem wird ihre Gefolgschaft zunehmend mürrisch und verweigert sich immer entschiedener dem Weg der eisernen Preussenlady.
 Röttgen sollte es sein, der den Beschluss zur Energiewende zügig und elegant noch vor der Wahl mit Leben erfüllt und umsetzt. Aber er hatte nicht nur die Energiekonzerne gegen sich, sondern auch große Teile der eigenen Partei. Bei dieser Konstellation wird auch Altmeier scheitern und damit ist ein zugkräftiges Wahlkampfthema für die bevorstehende BuTWahl verloren. Die Panik und die Wahlniederlage werden wahrscheinlicher.
Während die SPD versuchen muss, die strukturelle Mehrheit politisch umzusetzen, weiß die CDU nicht, womit sie ihre Reihen schließen kann und ein zugkräftiges Wahlkampfthema kreieren könnte.
Die blockupy – Notstandsübung in Frankfurt am vergangenen Wochenende zeigte überdeutlich, wo sich Teile der CDU-Basis verorten. Vom Polizeichef  und Bürgermeisteramt bis zum Verwaltungsleiter haben alle das Merkel-Parteibuch in der Tasche. Gestützt von den Frankfurter Grünen sind sie bereit, den Marsch in die Polizeidiktatur anzutreten. Wenn sich ihre law and order Vorstellungen in der CDU als mehrheitsfähig erweisen sollten, dürfte es zu starken Polarisierungen kommen.
Um genau das zu verhindern werden die "rolling stones" der SPD gemeinsam mit der Preussenlady den Versuch zu einer großen Koalition wagen.
Eine Linke ist dringend notwendig, auch wenn es zweifelhaft ist, ob es DIE LINKE sein muss !

horst hilse (SOKO KÖLN)