"Es ist ein langwieriger Umbau, den Firmenchef Thomas Rabe Europas grösstem Medienkonzern, Bertelsmann, verordnet hat. Noch vor gut einem Jahrzehnt hatte die Firma in Tiefdruckkapazitäten und in Buchklubs investiert - solche Geschäfte werden derzeit abgewickelt oder abgestossen, was den sinkenden Reingewinn zu einem guten Teil erklärt. Rabe leitet den Konzern seit 2012. Man sei jetzt in der Halbzeit der Transformation angekommen, sagte er an der Bilanzpressekonfetenz in Berlin. Noch ist die Dynamik des Gesamtkonzerns aber verhalten. Der Umsatz ohne Zukäufe ist gegenüber der Vorjahr leicht tiefer.
Rabe will den Konzern internationaler aufstellen. 93% des Umsatzes werden derzeit in Europa und den USA erzielt. Gleichzeitig soll Bertelsmann stärker wachsen. Geschäfte, die jährlich mindestens 5% zulegen, machen derzeit 27% am Umsatz aus. Diesen Anteil will Rabe in wenigen Jahren auf 40% bringen. Auf Grossübernahmen sei man nicht erpicht. Die Familie Mohn, die direkt und über ihre Stiftung 100% der Firma kontrolliert, mag keine Abenteuer.
Rabe will den Umsatz in zwei bis vier Jahren um ein Fünftel auf 20 Mrd. € steigern. Zu diesem Wachstum sollen das Geschäft in den Schwellenländern sowie das noch kleinere Standbein Bildung, etwa mit E-Learning, je 1 Mrd. € beitragen. Ein Beispiel, wie Ersteres gelingen soll, wurde am Montag geliefert: Demnach wird die Internetplattform Alibaba den chinesischen Online-Markt für Künstler von BMG, der Musikrechte-Sparte von Bertelsmann, erschliessen. Das Geschäft mit BMG ist (noch) klein, aber fein. Stabile Erträge liefert weiterhin das Fernsehgeschäft der RTL-Gruppe. Auch dort macht man aber Schritte zum Online-Geschäft. So wurde 2014 die Firma SpotXchange gekauft, über die täglich 3 Mrd. Reklamen für Online-Videos auktioniert werden.
Zu Bertelsmann gehören 250 Buchverlage, die unter dem Dach von Penguin Random House zusammengefasst sind. Jeden Tag verkauft die Firma 2 Mio. Bücher. Sie ist nach dem Zusammengehen von Random House und Penguin Marktführer in den USA, Grossbritannien und Deutschland. Der Marktanteil von E-Books beträgt mittlerweile 20%. Dabei sind die Unterschiede zwischen den Ländern gross: In den USA sind es 30%, in Deutschland erst 15%. Und er differiert auch nach Genre. In den USA etwa liegt die Quote von E-Books für Belletristik bei 50%, bei Kinder- und Kochbüchern aber unter 10%. Bemetkenswert ist, dass in den USA bei E-Books eine Wachstumsabflachung stattfindet. Das gedruckte Buch ist also kein Auslaufmodell."
Quelle: Neue Zürcher Zeitung, 2. April 2015 (Nr. 77, 236. Jg.), S. 13.
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