Neue Stimmen braucht das Land
Seit
1987 lobt die Bertelsmann Stiftung gut dotierte Preise und
potentielle Schallplattenverträge im Gesangswettbewerb „Neue
Stimmen“ aus. Im gut geölten Jargon der Bertelsmann Stiftung heißt
es u.a.:
Der internationale Gesangswettbewerb NEUE STIMMEN soll junge Nachwuchstalente aus dem Opernfach aufspüren, fördern und ihnen den Weg in nationale und internationale Karrieren öffnen ...
Die NEUEN STIMMEN folgen der Überzeugung der Bertelsmann Stiftung, dass Wettbewerb die wesentliche Basis für Entwicklung darstellt. Folgende Leitlinien prägen die NEUEN STIMMEN:
Die NEUEN STIMMEN haben sich zum Ziel gesetzt, in ihrer Arbeit inhaltlich, künstlerisch und organisatorisch den höchsten qualitativen Ansprüchen gerecht zu werden.
Die NEUEN STIMMEN verpflichten sich zu Transparenz und Fairness bei der Bewertung aller Wettbewerbsteilnehmer.
Die NEUEN STIMMEN verstehen sich als ein Instrument der internationalen Verständigung mit dem Grundsatz, absolute Toleranz gegenüber der kulturellen Vielfalt und dem Individuum zu wahren.
Die NEUEN STIMMEN fördern den internationalen Opernnachwuchs im Sinne der gesellschaftlichen Verpflichtung zur Pflege und Weiterentwicklung der klassischen Musiktradition.
Was heißt bei Bertelsmann eigentlich "Gemeinnützigkeit"?
Die
NEUEN STIMMEN, ein Projekt der Bertelsmann Stiftung, verfolgen
ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke.“
„Ausschließlich
und unmittelbar gemeinnützige Zwecke“ werden hier verfolgt. Oder
doch nicht? Die Fakten sprechen für sich:
Sony
BMG Music Entertainment ist eine der größten Plattenfirmen der
Welt. Sie ist ein Gemeinschaftsunternehmen der Konzerne Bertelsmann
und Sony zu gleichen Teilen und verfügt über einen weltweiten
Marktanteil von ca. 25 %. Damit gilt sie als Major-Label. (Quelle:
http://de.wikipedia.org/wiki/Sony_BMG_Music_Entertainment
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10.
Juli
2008, 14:35 Uhr MEZ
Die
Bertelsmann Stiftung präsentiert sich, um öffentliche Anerkennung
und politischen Zuspruch rege bemüht, als Förderin der schönen
Künste. Natürlich tut sie dies – nebenbei gesagt – nicht
uneigennützig, steht doch hinter ihr ein weltweit agierender
Medienkonzern, der vor allem am Erwerb von Rechten an geistigem
Eigentum und künstlerischer Betätigung interessiert ist. Damit ist
das Bild der Lüge noch nicht vollständig. Wer ausschließlich das
Elitesegment betrachtet - „Die NEUEN STIMMEN fördern den
internationalen Opernnachwuchs im Sinne der gesellschaftlichen
Verpflichtung zur Pflege und Weiterentwicklung der klassischen
Musiktradition“ -, erkennt nur die halbe Wahrheit. In einer vor
ziemlich genau einem Jahr ergangenen Pressemitteilung heißt es:
Appell an die Bertelsmann-Stiftung: Schluss mit bildungsfeindlichen Sendungen in Ihrem TV-Sender!
Mehr
als 300 Schüler, Eltern, Lehrer haben einen vom
Robert-Blum-Gymnasium in Berlin Schöneberg initiierten offenen Brief
unterschrieben, der sich an die Bertelsmann-Stiftung wendet. Unter
ihnen auch Angehörige der Schulleitung sowie der Kreisjugendpfarrer
Wolfram v. Heidenfeld, der externes Mitglied der Schulkonferenz der
Robert-Blum-Schule ist.
Zu
den Unterzeichnern gehören auch der prominente Medienkritiker Prof.
Manfred Spitzer („Vorsicht Bildschirm!“) von der Universität
Ulm, Prof. Dr. Ingrid Lohmann, Universität Hamburg, Vorstand der
Deutschen Gesellschaft für Erziehungswissenschaft, Dr. Werner Hopf,
Schulpsychologe, Medienforscher und Schulberater in München, sowie
der CDU-Bundestagsabgeordnete Dr. Jochen-Konrad Fromme.
Die Stiftung stattet Showrooms für die Reichen und Mächtigen aus; der Konzern sorgt via RTL für die mediale Narkotisierung der Massen
Der
in der Bildungsberatung aktiven Stiftung wird vorgehalten, durch
seine Sender RTL, RTL 2 und Super-RTL Bildungsferne, Werteverfall und
Verrohung von Jugendlichen zu befördern, was im Widerspruch zum
Bildungsanspruch der Stiftung stehe. Die Unterzeichner appellieren
deshalb, die von Jugendlichen häufig konsumierten Gerichtsshows mit
menschenverachtenden Inhalten sowie Filme mit extremen
Gewaltdarstellungen abzusetzen und die auf Jugendliche gezielten
Werbestrategien einzudämmen. In diesem Zusammenhang wird auch der
Ausstieg aus dem sog. „Media-Smart-Projekt“ gefordert, dem
vorgeworfen wird, im Rahmen des Schulunterrichts Schüler zu
unkritischem Umgang mit Werbung zu erziehen.
Der
Appell schließt mit den eindringlichen Worten: „Im Interesse der
Bildung der Jugendlichen und im Interesse der Zukunft unseres Landes,
aber auch im Interesse Ihrer Glaubwürdigkeit: Machen Sie in diesem
Sinne Ihren Einfluss geltend!“
Bei
Horst Bethge kann nachgelesen werden, mit welchem
strategischem Geschick es der Bertelsmann Stiftung z.B. in
Nordrhein-Westfalen gelungen ist, unter Mitwirkung der
Landesregierung(en), der Ministerialbürokratie, von
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, aber auch der Gewerkschaft
Erziehung und Wissenschaft durch von ihr entwickelte
Evaluationsfragebögen „Schule zu machen“ und aller Welt weiß zu
machen, wie sehr ihr doch die Bildung der Kinder am Herzen liege.
Gleichzeitig versorgt der Konzern mit den Programmen der RTL Group
die sogenannten „bildungsfernen Schichten“ mit telegener
Massenware, damit die ihnen angehörenden Kinder angemessen
unterhalten werden, wenn ihre Erziehungsberechtigten aufgrund
prekärer sozialer Lagen und dem repressiven Druck der – wie Helga
Spindler herausgearbeitet hat – von der Bertelsmann Stiftung
mitinitiierten Agenda 2010 und ihrem arbeitsmarktpolitischen
Bestandteil Hartz IV genötigt sind, aufgrund eines „Niedriglohnjobs“
außer Haus sein zu müssen.
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