Dienstag, 11. September 2012

Götz Hammann: Thomas Rabe sucht das Filet - Der Chef des Medienkonzerns Bertelsmann probiert einen erneuten Aufbruch ins digitale Zeitalter

In normalen Jahren verfügt das Unternehmen über eine halbe Milliarde Euro, um Firmen zu kaufen. Darüber hinaus könnte sich der Konzern weitere zwei Milliarden Euro über Kredite beschaffen, also die Verschuldung vergrößern. Dafür aber müsste die selbst gesetzte Schuldengrenze vom Zweieinhalbfachen des Gewinns aufs Dreieinhalbfache erhöht werden. Dann fehlten immer noch zwei Milliarden Euro für den großen Wurf, und die will Rabe einsammeln, indem er das Eigenkapital erhöht. Einfach ist das nicht.
Schließlich kommt ein Börsengang nicht infrage. Die Familie will nicht. Aber wie ein Manager der Investmentbank Goldman Sachs vorgerechnet hat, würde wohl auch der Kapitalmarkt nicht recht wollen, weil Bertelsmann zu viele Unwuchten hat. Erstens ist der Konzern zu unübersichtlich im Vergleich zu anderen Medienunternehmen, weil er die Sparte Arvato hat, einen Dienstleister für die Industrie. Arvato betreibt Callcenter, verpackt und versendet Software für Microsoft und für viele Handyanbieter. Die Lufthansa lässt von dort ihr Vielfliegerprogramm organisieren und Google seine Abrechnungen. Meistens darf Arvato die Kunden nicht mal nennen.
Dann wachsen diese Industriedienstleistungen auch noch stärker als die Mediengeschäfte, während die Margen besonders gering sind: Auch das begeistert keinen Investor. Gewinne liefert vor allem das Fernsehgeschäft, was in den Augen der Anleger ein Klumpenrisiko ist. Im Buchgeschäft, das im ersten Halbjahr dieses Jahres um 20 Prozent gewachsen ist, sehe Anleger vor allem die Risiken, weil das Geschäft durch Amazon umgewälzt wird, und am Ende wächst der Verlag Gruner + Jahr kaum noch.
(Aus: Die Zeit, 6. September 2012, S. 23)


Mein Blog befasst sich in einem umfassenden Sinn mit dem Verhältnis von Wissen, Wissenschaft und Gesellschaft. Ein besonderes Augenmerk richte ich dabei auf die Aktivitäten des Medien- und Dienstleistungskonzern Bertelsmann und der Bertelsmann Stiftung.

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