"Es überrascht nicht, dass in solchen Kreisen der Umgang mit Literatur, Philosophie und anderen Freigeistereien ebenso wenig zur Debatte steht wie ein Blick auf die Weltgeschichte. Interessant ist jedoch der ambivalente Umgang mit Naturwissenschaft und Technik. Gleich in der Einführung der Propagandaschrift wird der Westen in seinen 'gesellschaftlichen, bildungsmässigen, wirtschaftlichen, medizinischen und industriellen Aspekten' pauschal veravschiedet und stattdessen der karge Lebensstil zur Zeit des Propheten gepriesen, als man in Hütten aus Lehm und Palmwedeln hauste und auf Kamelen und Rossen unterwegs war. Da sich die Anhänger des Islamischen Staats aber mehrheitlich auf motorisierten Untersätzen fortbewegen, mit industriell gefertigten Waffen feuern, ihre Geldmittel unter anderem aus der Bewirtschaftung moderner Ölfelder generieren und ihre Propaganda via elektronische Medien verbreiten, wirken derlei Bekenntnisse vielleicht eine Spur verlogen. Erstaunlich ist auch der Hohn, der sich über das eigene geistige Erbe ergiesst: So werden der grosse Denker und Universalgelehrte Ibn Nafis, dem sich eine bedeutende Entdeckung zum mrnschlichen Blutkreislauf verdankt, und der Mathematiker, Optiker und Astronom Ibn al-Haitham als 'Atheisten und Libertine' verabschiedet."
Quelle: http://www.nzz.ch/feuilleton/das-himmlische-geheimnis-1.18481749
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