Samstag, 17. August 2019

Die Plagiatsaffäre Dr. Franziska Giffey - Tweets zum Thema

Ich habe die Plagiatsaffäre Dr. Giffey auf Twitter recht intensiv begleitet. Hier findet sich übersichtlich eine Auflistung der Tweets zum Thema. Abschließend kommentiert habe ich die Affäre als Blogbeitrag.






Mein Blog befasst sich in einem umfassenden Sinn mit dem Verhältnis von Wissen, Wissenschaft und Gesellschaft. Ein besonderes Augenmerk richte ich dabei auf die Aktivitäten des Medien- und Dienstleistungskonzern Bertelsmann und der Bertelsmann Stiftung.

Freitag, 16. August 2019

Dr. Franziska Giffey

Es ist nicht das erste Mal vorgekommen und wird auch nicht das letzte Mal vorgekommen sein: ein prominenter Akteur aus dem politisch-administrativen System schmückt sich mit akademischen Federn, sprich einem Doktortitel, dessen Zustandekommen der bewussten Täuschung, dem vorsätzlichen Abweichen von verbindlichen wissenschaftlichen Standards geschuldet ist.

Aktuell brisant ist der Fall Franziska Giffey, ehemalige Bezirksbürgermeisterin von Berlin-Neukölln und derzeitig Ministerin für Senioren, Frauen und Jugend im großkoalitionären Kabinett Merkel.

Mir war schon zu einem frühen Zeitpunkt, am Beginn der aufkommenden Plagiat-Verdachtsmomente klar, dass an der Sache etwas dran ist, schließlich hatte sich Peter Grottian, Politologe an der FU Berlin, dahingehend vernehmen lassen, dass Giffey einschlägige Standards nicht eben penibel eingehalten habe. Grottian steht sicherlich was seine gesellschaftlich-politische Positioniering angeht Giffey nicht gerade fern und kann kaum verdächtigt werden, sich etwa aus einem anti-sozialdemokratischen Affekt heraus öffentlich geäußert zu haben.

Wer Universitäten eher fern steht, muss wissen, dass es mindestens zwei Typen von Promotionen gibt - jedenfalls in den Kultur- und Geisteswissenschaften. Der eine Typ betrifft die universitäre Laufbahn und stellt die Voraussetzung dafür dar, auf dem Felde der Wissenschaft zu reüssieren, was, so denn alles wie geplant verläuft, in der Habilitation und der Übernahme eines gut dotierten Lehrstuhls mündet. Dann gibt es Typ 2: Die akademische Promotion dient als Sprungbrett in außerhalb der Universität angesiedelten Bereichen - im Bildungs- und Erziehungswesen, der öffentlichen Verwaltung, der Wirtschaft, den Kirchen, in den zivilgesellschaftlichen NGOs, in der Parteipolitik oder einfach dafür, sich mit einem akademischen Grad als 》Experte《für was auch immer zu schmücken und überlegene Kompetenz zu demonstrieren.

Dr. Franziska Giffey ist ein Paradebeispiel für den zweiten Promotions-Typus. Der Doktorgrad wird seinen Anteil daran gehabt haben, dass Giffeys politische Karrieriesierung sozusagen》wie geschmiert《verlaufen konnte - von der engagierten Lokalpolitikerin zum Shootingstar und Kümmerfrau der Post-Agenda-SPD.

Um Schaden von ihrer Partei abzuwenden, hat Dr. Franziska Giffey jüngst erklärt, nicht für das Amt der SPD-Vorsitzenden zur Verfügung zu stehen. Vom Ministeramt dagegen, so Dr. Giffey, werde sie nur dann zurücktreten, wenn von Seiten der Universität ihr der Doktorgrad aberkannt würde. Es ist wie so oft bisher: Am Ministeramt wird so lange eisern festgehalten bis der akademische Ruf qua Beschluss der mit der Angelegenheit befassten Gremien endgültig den Bach hinuntergegangen ist.

Das alles ist nicht weiter sensationell und fügt sich nahtlos in ein Muster, das in der BRD altbekannt ist. Erstaunt bin ich allerdings darüber, dass sich in den 》Leitmedien《des Landes Stimmen erheben, die gegenüber Frau Dr. Giffey Milde einfordern.

So titelt Katharina Schuler in der Wochenzeitung DIE ZEIT, jedenfalls in den Online-Kanälen der Hamburger Publikation, Folgendes: 》Schade! - Dass Franziska Giffey wegen der Plagiatsvorwürfe nicht für den SPD-Vorsitz kandidiert, ist bedauerlich. Das Land sollte lernen, Politikern Fehler zu verzeihen.《

Auf Schulers Argumentation näher einzugehen, unterfordert mich doch sehr. Nur so viel: Dass  ausgerechnet eine ZEIT-Autorin》moralischen Rigorismus《beklagt, entbehrt der Ironie nun gerade nicht, ist es doch das Hamburger Wochenblatt, deren Redakteure sich in den ätherischen Deutungshöhen eines bundesrepublikanischen Leitmediums wähnen und nichts lieber tun, als allwöchentlich den Zeigefinger mahnend und warnend in die Luft zu heben.

Meine Forderung geht in eine völlig andere Richtung. Es ist an der Zeit, dem bürgerlichen Establishment dieser Republik - vom Oberstudienrat bis zum Minister - genauer auf die Finger zu schauen! Konkret: Jede in den vergangenen zehn Jahren abgelieferte Promotion wäre auf Täuschung und Plagiat hin zu überprüfen. Analog zum Umgang mit Steuersündern könnte so verfahren werden, dass freiwillige Eingeständnisse bis zu einem bestimmten Stichtag eine entsprechend diskrete Behandlung des jeweiligen Falles garantierten. Mit öffentlicher Skandalisierung muss dann jener zusätzlich zum allfälligen Karriereende  rechnen, der nach dem Stichtag durch die Ermittlungen einer 》akademischen Wahrheitskommission《auffliegt. Wenn DIE ZEIT dann solches Vorgehen naserümpfend als moralisch rigoros bekrittelt, wäre mir das, ehrlich gesagt, ziemlich wumpe, wie man in Berlin zu sagen pflegt.



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Mittwoch, 31. Juli 2019

Chinese Society Studies - Tweets from July 2019 - 中国社会研究 - 2019年7月的推文

At 0:30 Carsten Cramer, executive Director of Borussia Dortmund, was asked whether he knew the Chinese translation of the club's slogan 《real love!》
https://t.co/ZWmLKJqjtn
#China #Chinese #BVB #football #Dortmund

0:30,Borussia Dortmund执行董事Carsten Cramer被问及他是否知道俱乐部口号“真爱”的中文翻译。
https://t.co/ZWmLKJqjtn
#China #Chinese #BVB #football #Dortmund

The Chinese spends an average of € 500 a day for shopping on holiday.
中国人每天平均花费500欧元购物度假。

#China #Chinese #holiday #shopping

China is deliberately separating Muslim children from their families, faith and language in its far western region of Xinjiang.
中国故意将穆斯林儿童与他们的家庭,信仰和语言分离在新疆西部地区。
#China #Chinese #BBC @BBCBreaking #Muslim #Children #Xinjiang

China is at the centre of the global accumulation of surplus capital through urbanisation and industrial expansion.
通过城市化和工业扩张,中国处于全球盈余资本积累的中心。
#China #Chinese #capitalism

The hukou system was established in the 1950s for purposes of population administration and control by dividing China’s vast population into rural and urban sectors.

#China #Chinese #hokou #population

户口制度建立于20世纪50年代,目的是通过将中国庞大的人口分为农村和城市部门来实现人口管理和控制。
#China #Chinese #population

The rural population residing in areas close to industry and polluted cities and still depending on solid household fuels will likely to be the worst off when it comes to air pollution exposure.
#China #Chinese #pollution #industry

居住在靠近工业和污染城市的地区的农村人口仍然依赖于固体家庭燃料,在空气污染暴露方面可能是最糟糕的。
#China #Chinese #pollution #industry

The northern city of Tangshan is ranked as one of the urban areas with the worst air quality in China.
北部城市唐山被评为中国空气质量最差的城市之一。
#China #Chinese #Tangshan #pollution

By 2015, the value of domestic investment in five central provinces alone was 2.5 times that of foreign investment throughout China.
到2015年,仅中部五个省份的国内投资价值就是全国外商投资的2.5倍。
#China #Chinese #investment

According to estimates by the financial news agency Bloomberg, China's debt has risen to 271 percent of economic output.
根据彭博财经新闻社的估计,中国的债务已经上升到经济产出的271%。
#China #Chinese #Bloomberg #debt #economy

China will conquer the moon.
中国将征服月球。
#China #Chinese #moon

Waste separation rules are established in Shanghai.
废物分离规则在上海成立。
#China #Chinese #waste #shanghai

The philosophy of qi defines things as correlative, changing and responsive.
气的哲学将事物定义为相关,变化和反应。
#China #Chinese #philosophy #qi

China is the new Saudi Arabia. It sits on close to 40% of rare earth resources and its 120,000 tons of annual production accounts for about 80% of global supply.
#China #Chinese #SaudiArabia #rareearth #economy

中国是新的沙特阿拉伯。 它占近40%的稀土资源,其年产量为12万吨,约占全球供应量的80%。
#China #Chinese #SaudiArabia #rareearth #economy

Is Sun Yang a 》drug cheat《?
孙杨是“毒瘾”吗?
#China #Chinese #swimming #SunYang

The leaders in global beer ranking are the Chinese.
全球啤酒排行榜的领导者是中国人。
#China #Chinese #beer #economy

Xi Jinping has proclaimed China's global supremacy in artificial intelligence by 2025.
习近平到2025年宣布中国在人工智能方面的全球霸主地位。
#China #Chinese #ArtificialIntelligencee #ArtificailIntelligence #XiJinping

China announces maneuvers near Taiwan's coast.
中国宣布在台湾海岸附近进行演习。
#China #Chinese #Taiwan #military

China and Vietnam are battling for oil and natural gas in the South China Sea.
中国和越南正在争夺南中国海的石油和天然气。
#China #Chinese #Vietnam #Oil #gas #SouthChinaSea

Map of The Belt and Road Initiative.
“一带一路”倡议地图。
#China #Chinese #BeltandRoad #BRI #economy #politics https://t.co/HNMwG48ANk

The six economic corridors of The Belt and Road Initiative.
“一带一路”倡议的六条经济走廊。
#China #Chinese #BeltandRoad #BRI #economy #politics https://t.co/PCP4YbLaHj


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Samstag, 29. Juni 2019

Chinese Society Studies - Tweets from June 2019 - 中国社会研究 - 2019年6月的推文

This is the list of tweets from my Twitter account @steffenroski for June 2019:

这是2019年6月我的Twitter帐户@steffenroski发布的推文列表:

Education distribution patterns differ between China and Western countries in that family SES is less important, whereas structural factors (measured by region and urban–rural divide) are more important in the former than in the latter. #China #Chinese #society #education

中国和西方国家的教育分布模式不同,家庭SES不太重要,而结构因素(按地区和城乡差距衡量)在前者比后者更重要。#China #Chinese #society #education

The US, Germany and China are alike in the proportion of individuals who have left the parental home by age 30. -
美国,德国和中国在30岁时离开父母家庭的人口比例相似。#China #Chinese #USA #Germany #society

China’s economic boom has been accompanied by a large decline in relative educational mobility chances. - 中国的经济繁荣伴随着相对教育流动机会的大幅下降。#China #Chinese #education #Mobility #economy #society

There seem to be long-term protests in Hong Kong.
香港似乎有长期的抗议活动。

#China #Chinese #society #HongKong

Hong Kong - one system, two forms.
香港 - 一种制度,两种形式。

#China #Chinese #society #HongKong

June 4th 1989: tanks against youth protests.

1989年6月4日:坦克反对青年抗议活动。

#China #Chinese #society #youth #Tiananmen

The Belt-and-Road-Initiative is a global project and is not restricted to the eurasian sphere.
“一带一路”倡议是一项全球性项目,不仅限于欧亚地区。
#China #Chinese #economy #globalpolitics

Two years ago Panama suspended diplomatic relations with Taiwan.
两年前巴拿马暂停与台湾的外交关系。
#China #Chinese #diplomacy #Panama #Taiwan

There exist free trade agreements between China and Chile, Peru and Costa Rica.
中国与智利,秘鲁和哥斯达黎加之间存在自由贸易协定。

#China #Chinese #freetrade #Chile #Peru #CostaRica

Beijing invested 2.5 billion US Dollar in infrastructure in Panama.
北京在巴拿马的基础设施投资了25亿美元。

#China #Chinese #investment #infrastructure #Panama

The Chinese Wall 2.0 is The Great Firewall.

中国墙2.0是防火墙。

#Chinese #China #internet #controlsystem

Nowadays upper class children in Spain are learning at least two foreign languages - English and Mandarin.
如今西班牙的上流社会儿童至少学习两种外语 - 英语和普通话。
#China #Chinese #Spain #upperclass #Mandarin

Panda diplomacy. Two new attractions in the Moscow zoo: Ruyi and Dingding.
熊猫外交。 莫斯科动物园的两个新景点:如意和丁丁。
#China #Chinese #Russia #Moscow #Ruyi #Dingding #panda

Image of the beautiful woman in contemporary China: thin figure, oval face with pointed chin, slim cheeks, high-bridged nose, big eyes, and fair skin.
当代中国美丽女人的形象:瘦身,椭圆形的脸,尖下巴,瘦削的脸颊,高耸的鼻子,大眼睛,白皙的皮肤。
#China #Chinese #beauty #woman

UBS economist Donovan had used distasteful and racist language to analyse China’s inflation.
瑞银(UBS)经济学家多诺万(Donovan)使用令人反感和种族主义的语言来分析中国的通货膨胀。
#China #Chinese #UBS #pigs #pork #inflation

In China the most famous German city is Duisburg.
在中国,德国最着名的城市是杜伊斯堡。

#China #Chinese #economy #BeltandRoad #Duisburg #Germany

Difficult relations with Canada: Will Meng Wanzhou be delivered to the USA?
与加拿大的关系困难:孟万洲将被送到美国吗?
#China #Chinese #economy #Huawei #Canada #USA #MengWanzhou

Since 2005 the global automotive market has grown by 52 per cent - without China it would have been only 9 per cent.
自2005年以来,全球汽车市场增长了52% - 没有中国,它只会增长9%。
#China #Chinese #globaleconomy #economy

Which are the values and ideals that hold the society of the PRC together?
哪些是共同承担中华人民共和国社会的价值观和理想?
#China #Chinese #society #values #ideals

Philosopher Han Feizi suggests that human nature is basically more evil and can only be controlled by punishment.
哲学家韩非子认为人性基本上更邪恶,只能通过惩罚来控制。

#China #Chinese #society #HanFeizi #philosophy

China is the largest market of the German food industry outside the EU.
中国是欧盟以外德国食品工业的最大市场。
#China #Chinese #economy #foodindustry #EU #Europe #Germany #kloeckner

In the year 2000 the US administration established the US-China Economic and Security Review Commission that reports to the Congress on a regular basis.
2000年,美国政府成立了美中经济与安全审查委员会,定期向国会报告。

#China #Chinese #economy #USA #congress

自2008年以来,中国一直在招聘“千人计划”,招聘高科技领域的专家 - 恪守口号:在国外摘花,在中国制作蜂蜜!

#China #Chinese #technology #ThousandTalents

China's breath is much longer than Trump's.
中国的呼吸比特朗普的呼吸要长得多。
#China #Chinese #USA #Trump #DonaldTrump #DonaldJTrump #DonaldTrumpJr





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Dienstag, 11. Juni 2019

Chinese Society Studies - 中国社会研究

On my Twitter Account @steffenroski you find recent information and research concerning contemporary Chinese society.

在我的Twitter帐户@steffenroski,您可以找到有关当代中国社会的最新信息和研究。

Dienstag, 21. Mai 2019

Die Ibiza-Affäre wird Populisten nachhaltig schaden. Eine soziologische Analyse


Österreich droht eine Staatskrise. Ex-FPÖ-Chef und Ex-Vizekanzler Strache, prominenter europäischer Rechtspopulist und -nationalist, wurde vor seinem Eintritt in die Regierung Kurz dabei gezeigt, wie er einer präsumtiven russischen Oligarchennichte bei Wodka-Red-Bull und anderen Freizeitdrogen gegen die korruptive Zusicherung vermeintlicher Parteispenden Staatsaufträge in Aussicht stellte.

Ein veritabler Geheimdienstcoup? Ein Geniestreich des Investigativjournalismus? Man weiß es derzeit nicht und wird es womöglich auch nie erfahren. Was mich umtreibt, ist dieses: Handelt es sich um ein österreichisches Strohfeuer, eine auf die FPÖ zu begrenzende Causa oder wirkt die Strache-Affäre weit über die engen Grenzen der Alpenrepublik hinaus auf das Lager der europäischen Rechtspopulisten? Ich vermute Letzteres und möchte das knapp politisch-soziologisch begründen.

Sogenannte 《westliche》parlamentarische Demokratien sind Mehrparteiensysteme. Ein zentrales Muster konventioneller politischer Partizipation in diesen Systemen besteht darin, innerhalb relativ lang etablierter politischer Parteien einen Prozess der politischen Karrierisierung zu durchlaufen. Selbst sogenannte 《Quereinsteiger》kommen kaum darum herum, zumindest einen gewissen Teil der sprichwörtlichen《Ochsentour》innerhalb der fein austarierten Parteimaschinerien zu durchlaufen.

Die Leitdifferenz 《westlicher》Mehrparteiendemokratien richtet sich an dem Schema Regierung / Opposition aus, was konkret bedeutet, dass prinzipiell jeder politische Akteur innerhalb dieses Rahmens mit jeder konkurrierenden Partei kooperieren können muss, um eine Regierung zu bilden. Populistische Gruppierungen, selbst wenn diese, wie die österreichische FPÖ, schon auf eine jahrzehntelange Geschichte zurückblicken können, ticken da grundsätzlich anders, orientieren sie sich doch an der Leitdifferenz Freund / Feind, die der Staatsrechtler und Nazi-Staatsrat Carl Schmitt in seiner Schrift 《Der Begriff des Politischen》entwickelte.

Man mag von der《bürgerlichen》Mehrparteiendemokratie halten was man will, eines hat sich immer wieder bewahrheitet: die Leitdifferenz Regierung / Opposition hat so etwas wie eine potenziell disziplinierende Wirkung, weil - spieltheoretisch betrachtet - jeder Akteur berücksichtigen sollte, den Speicher an akkumuliertem Vertrauenskapital nicht so weit aufzubrauchen, dass eine - wie politisch unwahrscheinlich dies auch immer sein mag - Zusammenarbeit mit jedem konkurrierenden politischen Akteur möglich bleiben muss.

Anders sieht es bei populistischen Gruppierungen aus, denn es liegt ja gleichsam in ihren jeweiligen politischen Gründungsmythen, sich dem pazifizierendem Schematismus Regierung / Opposition prinzipiell entzogen zu haben. Populisten sehen sich als Repräsentanten 《des Volkes》, also jenes Ausschnitts der jeweiligen Gesamtbevölkerung, der sich mit den populistischen Zielsetzungen identifiziert. Dabei machen sich Populisten systematisch eine Schwäche der Funktionsweise von Mehrparteiensystemen zunutze: Da im Schema Regierung / Opposition jede Partei potenziell regieren können muss, gleichen sich naturgemäß die politischen Programme in wesentlichen Hinsichten wechselseitig einander an. Populisten fällt es daher nicht weiter schwer, hier kartellhaften Elitekonsens zu wittern und dahingehend zu agitieren, dass eben jene herrschenden Parteieliten, ganz gleich, ob diese gerade Regierungsverantwortung tragen oder die Oppositionsbänke drücken, per se den 《Willen des Volkes》missachteten.

Diese agitatorischen Optionen des Populismus bergen indes inhärente Risiken, wie der Fall Strache zeigt. In populistischen Gruppierungen unterscheiden sich Karrierisierungsprozesse gänzlich von denen herkömmlicher Parteien. Der AfD-Fraktionsvorsitzende Gauland führte in einem Interview 2017 aus: 《Wir alle kennen uns nicht, und die AfD ist nun mal ein besonders gäriger Haufen, wie ich das immer nenne, also stark von Graswurzelbewegungen bestimmt und nicht von oben zu führen.》Wenn Bekanntheit nicht vorausgesetzt werden kann, wenn Organisationsstrukturen nicht zuverlässig greifen, wenn statt routinierter politischer Professionalität gärige Überreiztheit und Nervosität vorherrschen, wenn also die Parteimaschinerie kein gut geöltes bürokratisches Organisationsgebilde darstellt, dann fällt es mit populistischem Charisma ausgestatteten Einzelpersonen sehr viel leichter, sich des Apparats zu bedienen und in den Fokus der Aufmerksamkeit zu rücken.

Was populistischen Bewegungen regelmäßig abgeht, sind Kontrollmechanismen, die die jeweilige persönliche politische Karrierisierung steuern, kanalisieren und gegebenenfalls zum Abbruch bringen können. Die Veröffentlichung der Ibiza-Videos macht einen Abgrund an politischer Prinzipienlosigkeit und charakterlichen Mängeln des Populisten Strache überdeutlich. Dies wird innerhalb der populistischen Internationale zu gesteigertem wechselseitigen Misstrauen führen. Wem kann noch vertraut werden, wenn es möglich ist, leutselig-alkoholisierte Politiker in inszenierte Settings zu locken? Gibt es womöglich weiteres ähnliches Material in den Archiven von Nachrichtenmagazinen, Zeitungen, Medienanstalten und Geheimdiensten? In welchem Rahmen kann überhaupt noch 《Klartext》gesprochen werden, ohne Gefahr zu laufen, genau dabei dekouvriert zu werden? Populisten werden sich künftig in Acht zu nehmen haben, das wechselseitige Vertrauen wird schwinden, die rabiate Selbstgewissheit öffentlicher Auftritte wird gedämpfter daherkommen. Insoweit ist der Medienskandal Strache ein schleichendes Gift in populistischen Adern.

Dienstag, 30. April 2019

《Lass es dir schmecken!》 - Zum Tod von Volker Schmidt


Volker Schmidt wird auf Hamburgs Straßen, insbesondere in St. Georg rund um den Hansaplatz unvergessen bleiben.

Meine erste Begegnung mit Volker fand dort statt, wo er sich stets in seinem Element gefühlt hat: in der Küche des B20 in der Brennerstraße. Damals im Jahr 2013 fanden im Untergeschoss des einstmaligen Autohauses Teile der Gruppe Lampedusa in Hamburg ein zeitweiliges Obdach. Jeden Tag kochte Volker für die Refugees, war eine Bezugsperson für viele Menschen, die sich am Tresen versammelten. Wurde aufgetischt, brummte Volker: 《Lass es dir schmecken!》 und fasste sich dabei ans Herz.

Vielleicht ist es hilfreich, will man Volkers humanistische Motivation verstehen, etwas aus seinem Leben zu wissen. Volker war ein Kind der DDR, will sagen: ihn prägte ein Zwiespalt. Da war auf der einen Seite eine Gesinnung, die in einem humanen Sinne wirklich sozialistisch war, ein Impuls, für seine Mitmenschen da sein zu wollen - und zwar mit Tatkraft. Dann waren da allerdings die negativen Erfahrungen in einem sozialistischen Staat, der seine autoritären Züge allzu oft zum Vorschein brachte. Daraus erwuchs sein anti-autoritäres Selbstverständnis, seine Querköpfigkeit, eine gewisse mecklenburgische Kantigkeit auch. Beide Seiten der DDR-Sozialisierung prägten denn auch seine Persönlichkeit.

Das soziale Projekt B20 war 2014 beendet, den Behörden war die Beherbergung der Refugees längst ein Dorn im Auge, ein Verein zur Zwischennutzung der Immobilie gründete sich, Volkers Tätigkeit als Koch war nicht weiter erwünscht.

Nun war es nicht Volker Schmidts Art, sich zur Untätigkeit verdammen zu lassen. Seine Idee: wenn denn die Suppenausgabe im B20 stationär nicht mehr möglich sein sollte, musste es eben mobil gehen. Ausgerechnet eine knallrot lackierte Gulaschkanone aus den Beständen der ehemaligen NVA, wo Volker einst seinen Wehrdienst bei der Volksmarine absolvierte, hatte er aufgegabelt. Eine schöne ironische Volte und zugleich eine wahrhaft sinnvolle Konversion eines Rüstungsguts!

Natürlich: die mobile Suppenküche gab es nicht umsonst und hier mussten Finanzmittel mobilisiert werden. Der Stadtteilbeirat St. Georg stellte schließlich die notwendigen Mittel zur Verfügung. Leider fand sich trotz vielerlei Bemühungen keine Küchenräumlichkeit, in der die Speisen hätten zubereitet werden können. Somit diente Volkers kleine eigene Küche in seiner Wohnung zur Vorbereitung und zum Kochen.

Schließlich konnte es losgehen mit《Hamburg is(s)t gut!》. Täglich erschien Volker mit der roten Suppenküche am Kreuzweg vis-à-vis zum Steindamm. Und zwar bei Wind und Wetter! Und immer wieder brummte Volker herzlich, nachdem die Kelle in die Suppenschüssel geleert wurde: 《Lass es dir schmecken!》

Doch blieb der Suppenausschank am Kreuzweg Episode. Immobilienbesitzer, Behörden und manche anderen, die sozialem Engagement Steine in den Weg zu legen pflegen, sorgten auf die ihr eigene Weise dafür, dass die rote Suppenküche nunmehr an der Peripherie des Hansaplatzes an der Ellmenreichstraße unweit des Schauspielhaus-Seiteneingangs verlegt werden musste. Verdrießen sollte dies den Seebären jedoch keineswegs und so ließ er sich auch dort im sonoren Brummton vernehmen: 《Lass es dir schmecken!》

Danach ging es mit dem Projekt weiter, später auch ohne die rote Suppenküche. Ein Kessel, in einem Einkaufswagen befördert, diente fortan als Ausgabestation. Aber dies ist dann nicht mehr eine Geschichte, die ich in der Lage bin zu erzählen. Denken kann ich mir allerdings sehr lebhaft, wie Volker Schmidt den Hungrigen nach Ausgabe der warmen Mahlzeit zubrummte: 《Lass es dir schmecken!》









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Dienstag, 16. April 2019

Notre Dame - ein Kommentar

Kathedralenbrände sind in ihrer jeweiligen Gegenwart spektakuläre Ereignisse, in die die Zeitgenossen vielerlei hineinzulesen pflegen: Die Katastrophe als Zeichen für alles Mögliche. Historisch betrachtet gehören solcherlei Havarien zur Biografie berühmter Gebäude. Ein Brand stellt dann eine Art Zäsur dar, die sich in die Struktur des in Frage stehenden Gebäudes im Wortsinn 《eingebrannt》 hat. Insofern relativiert sich das Spektakel. Wie viele Monumentalbauwerke gibt es auf diesem Planeten, die nicht schon mindestens einen Großbrand haben überstehen müssen? Nicht eben viele, denke ich. Was mich eigentlich aufregt ist dieses: Unternehmenskonsortien haben 700 Millionen Euro für die allfällige Rekonstruktion der Notre Dame zur Verfügung gestellt. Frage: Wäre es nicht angebracht, Eigentümer dieser Größenordnung in Gemeinwohlhaftung zu nehmen? Wer freiwillig in der Lage ist, Summen dieser Größenordnung für die Rekonstruktion von Sakralgebäuden zu mobilisieren, der sollte regelmäßig herangezogen werden, für die weltlich-irdischen Bedürfnisse armer Menschen entsprechende Ressourcen zu akkumulieren.

Mein Blog befasst sich in einem umfassenden Sinn mit dem Verhältnis von Wissen, Wissenschaft und Gesellschaft. Ein besonderes Augenmerk richte ich dabei auf die Aktivitäten des Medien- und Dienstleistungskonzern Bertelsmann und der Bertelsmann Stiftung.

Samstag, 30. März 2019

Darf man den Bertelsmannkonzern einen 《schmierigen Rechtehändler》 nennen? Ist das eine antisemitisch eingefärbte Kritik?

Am 26. März 2019 habe ich auf Facebook einen Beitrag aus der FAZ weitergeleitet. Autor Carsten Germis berichtet dort über die Digitalstrategie des Bertelsmannkonzerns in der Wettbewerbssituation mit 《Google und Co.》Bezugnehmend auf die in dem FAZ-Beitrag zitierten Aussagen von Konzernchef Thomas Rabe kommentierte ich auf Facebook wie folgt: “《Die Produktion hochwertiger Inhalte ist für Konzernchef Rabe einer der Wettbewerbsvorteile von Bertelsmann gegenüber den globalen Tech-Plattformen.》Haha, this made my day. Bertelsmann, Qualität, Inhalte - wer findet den Fehler?” Wie das so ist und wie ich mir dies ja auch wünsche, entspann sich eine Diskussion über mein Posting. Miriam Gebhardt, Historikerin und Autorin für einen der Verlagsgruppe Random House (Bertelsmann) zugehörigen Verlage, entgegnete mir: 《DVA, Siedler, Manesse, etc., Da gibt's so einige Qualität.》 Darauf reagierte ich zugegebenermaßen etwas flapsig so: 《Eher eingekaufte Qualität. Bertelsmann ist nichts anderes als 1 schmieriger Rechtehändler.》Miriam Gebhardt wollte nun genauer wissen, was mit der Wendung 《schmieriger Rechtehändler》 gemeint ist und las aus meinen weiteren Einlassungen《die (antisemitisch eingefärbte) Kritik an modernene (sic!) Berufen des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts heraus, von wegen raffendem Kapital u.s.w.》 Dieses habe sie stutzig gemacht.

Ich bin weit entfernt davon, rechthaberisch zu sein, möglicherweise würde ich die inkriminierte Wendung in einem differenzierten Text z.B. zum Wirken der Bertelsmann Stiftung so nicht verwenden. Dennoch: Miriam Gebhardts Vorwurf, hier etwas antisemitisch Eingefärbtes gepostet zu haben, bedarf der Entgegnung. Was also ist an dem Rechtehändler Bertelsmann 《schmierig》? Ohne Anspruch auf Vollständigkeit möchte ich folgende Punkte nennen:

  1. Wenn im hauseigenen Sender RTL sozialpornografische Fake-Dokumentationen laufen, in denen Hartz-IV-Bezieher der Lächerlichkeit preisgegeben werden und Bertelsmann mit den Lebensschicksalen armer Menschen Geld verdient, dann ist das: schmierig.
  2. Die Unternehmensgeschichte des Gütersloher Medienhauses ist eine durchaus schmierige: mit den Nazis wurde kollaboriert und die Wehrmacht mit militaristischen Schriften versorgt. Sich selbst vor diesem Hintergrund als 《Widerstandsverlag》zu titulieren, was ist das anderes als 《schmierig》? Mit knallharten Drückermethoden wurden in der BRD der Adenauer-Jahre Millionen in den Buchclub genötigt. Hier von einer transparenten Geschäftspolitik zu reden wäre glatt gelogen. Groß geworden ist Bertelsmann durch ein aggressives und eben: schmieriges Geschäftsgebaren.
  3. Thilo Sarrazins Rendement wäre ohne den Rechtehändler Bertelsmann so nicht denkbar. Sein 2010 bei Random House (Bertelsmann) erschienenes rassistisches Traktat 《Deutschland schafft sich ab》wäre ohne die massive mediale Orchestrierung durch 《Stern》 (Gruner + Jahr, Bertelsmann) und RTL-Sendungen (Bertelsmann) nicht das geworden, als was es heute gesehen werden muss: eine Art neurechtes Gründungsdokument nämlich. Wenn die konzerneigene Bertelsmann Stiftung dann Studien zum Thema Integration publiziert und sich Bertelsmann den Anschein von Progressivität verpassen will, dann nenne ich diese Diskrepanz von Schein und Sein - schmierig.
  4. Mit der von den Finanzbehörden als 《gemeinnützig》 anerkannten Bertelsmann Stiftung hat der Konzern ein raffiniertes Steuersparmodell kreiert. Mit ihren Expertisen dient sie dem Konzern als eine Art steuerlich subventionierter Forschungs- und Entwicklungsabteilung und berät zudem Ministerien und Regierungen in Bund und Ländern im Sinne der unternehmerischen Ziele des Bertelsmannkonzerns. Was unter der Fassade der Gemeinnützigkeit zu Tage tritt: Steuervermeidung, öffentlich subventionierte Einflussnahme, Lobbyismus - dies 《schmierig》 zu nennen, finde ich so abwegig nicht.
Noch Etwas zu Miriam Gebhardts Vorwurf, meine Kritik am Rechtehändler Bertelsmann sei antisemitisch eingefärbt. Ich finde es wichtig und notwendig, sich selbst immer wieder zu befragen: ist eine bestimmte Wortwahl angemessen, stimmt die Intention eines Texts oder haben sich, unterschwellig vielleicht, Tonalitäten eingeschlichen, die antisemitisch sind. Insoweit bin ich für Miriam Gebhardts kritischem Hinweis dankbar. Zu bedenken geben möchte ich allerdings dieses: Wenn auf deutschen Schreibtischen vielerlei Sticker herumliegen, auf denen das Wort 《Antisemitismus》 steht und diese Aufkleber sozusagen reflexhaft verteilt werden, dann zeigt dieses mir: Ja, leider, Antisemitismus ist in der BRD nicht überwunden - und ich möchte behaupten, er wird auch künftig nicht überwunden werden können. Es gibt ihn: rechts, in der sogenannten 《Mitte》 und auch links. Es gilt, ihn zu bekämpfen. Was mein Facebook-Posting angeht, rufe ich Miriam Gebhardt zu: das Wirken eines deutschen Medienhauses kritisch zu betrachten und herauszuarbeiten, was mir daran 《schmierig》 erscheint, hat keinerlei antisemitische Intention.

Mein Blog befasst sich in einem umfassenden Sinn mit dem Verhältnis von Wissen, Wissenschaft und Gesellschaft. Ein besonderes Augenmerk richte ich dabei auf die Aktivitäten des Medien- und Dienstleistungskonzern Bertelsmann und der Bertelsmann Stiftung.

Sonntag, 2. Dezember 2018

Steffen Roski: Gelbe Westen - ein Kommentar


Symbol des Protests in Frankreich: die Gelbe Weste
Wie sehr sich doch die Zeiten geändert haben! Sozialproteste in Frankreich, Proteste gegen Prekarisierung, gegen eine neoliberale Politik des Privatisierens und Sparens auf Kosten der Bevölkerungsmehrheit, Proteste auch und vor allem gegen eine Politik, die vor dem Hintergrund von Komplexität und Globalisierung den Menschen zu suggerieren versucht, ihre Rezepte seien schlechterdings alternativlos, der Wähler habe kommentarlos zu schlucken, sprich: zu zahlen. Konkreter Anlass der Proteste: eine Energiewende à la francaise. Die stärkere Besteuerung von Treibstoffen trifft natürlich jene überaus hart, die ohnehin kaum wissen, wie sie über den Monat kommen sollen. Auch die Sozialproteste sind á la francaise: es brennt, der zivile Ungehorsam zeigt sich u.a. dort, wo die Kluft am deutlichsten hervortritt: an den zentralen Plätzen und in den Prachtboulevards der Hauptstadt Paris.

Wie sehr sich doch die Zeiten geändert haben! Sozialproteste in Frankreich hätten vor nicht allzu ferner Vergangenheit die politische Linke hierzulande elektrisiert. Nicht in dem trivialen Sinn, die französischen Aktionsformen umstandslos auf die BRD zu übertragen, denn so einfach würde dies nicht funktionieren. Wohl aber hätte die Linke in ihren Strukturen politischer Bildungsarbeit versucht, Interessierte und Aktivisten über die französischen Vorgänge zu informieren, um dann Schlussfolgerungen für die politische Praxis in der BRD zu ziehen. Ich sehe davon allerdings nichts. Im Gegenteil. Mir scheint die Linke im populistischen Dilemma wie erstarrt und aktionsunfähig geworden zu sein. Erinnern gelbe Westen nicht an verwirrte neurechte Reichs- und Wutbürger? Liefe man Gefahr, mit Protesten gegen die neoliberale Politik in der BRD, für die letztendlich Angela Merkel die Regierungsverantwortung nicht erst seit gestern trägt, in gefährlicher Weise in die Nähe jener zu rücken, die mancherorts lauthals 《Merkel muss weg!》 skandieren? Und noch etwas weiter gedacht: Verlöre die Linke den Anschluss an das urbane hipstereske Milieu der Ökologisten, deren gut verdienende Vertreter sich am grün-kapitalistischen Moral-Ablasshandel beteiligen, der darin besteht, für ökologisch Einwandfreies gern mehr Geld zu bezahlen?

Ja, die Zeiten haben sich in der Tat geändert! Die Linke hat sich längst von der Konfrontation mit den wahren sozialen Problemen in der BRD verabschiedet. Die Ironie dabei: Die Linke begründet ihren Abschied damit, nicht rechts erscheinen zu wollen - und überlässt damit eben jenen Kräften das Feld, denen sie doch eigentlich keinen Raum geben sollte.



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Sonntag, 28. Oktober 2018

Plakatkunst im Rahmen des Anfachen Award in der Hamburger Zentralbibliothek

Im Kontext des Anfachen Award sind in der Hamburger Zentralbibliothek am Hühnerposten (Bücherhallen Hamburg) Plakate ausgestellt, die auf je unterschiedliche Art und Weise und in verschiedener Perspektive um das Thema Toleranz kreisen. Plakate werden vor allem als Werbemittel eingesetzt und prägen auf ihre Weise urbane Situationen. Im Hamburger Museum für Kunst und Gewerbe, sinnfälligerweise in der Nachbarschaft der Zentralbibliothek gelegen, wird des Öfteren der Grenzbereich von werberischer Gestaltung und Kunst ausgelotet. Manche der in der Zentralbibliothek präsentierten Plakate hätten m.E. durchaus auch im MfKG präsentiert werden können.

Die Plakate des Anfachen Award regen zur Diskussion und zum Nachdenken an. Mal mit eindeutiger Botschaft, mal mit einem gewissen Hintersinn, mal mit gestalterischem Witz: sie sind weithin sichtbar, gelegentlich auch provokativ und sind ein Medium des gesellschaftlich-politisch-ästhetischen Diskurses.

Ich habe einige der ausgestellten Exponate fotografiert, woraus sich eine lichttechnische Limitation ergibt: manches Plakat, welches ich gern im Folgenden gezeigt hätte, ist so stark ausgeleuchtet, dass seine getreue Reproduktion nicht eigentlich möglich ist. Deshalb die Beschränkung auf sieben der ausgestellten Plakate, die allerdings durchaus einen guten Eindruck in die Qualität der Arbeiten geben.

Für weitere Informationen mag man sich wenden an: ANFACHEN AWARD / Frappant e.V., Zeiseweg 9, 22765 Hamburg.









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Samstag, 4. August 2018

Eine Denkfabrik im Deutschlandfunk

Der Deutschlandfunk ruft Hörer dazu auf, sich bis zum 15. August 2018 an der <Denkfabrik> zu beteiligen.

Mit folgendem Schreiben an den DLF habe ich genau dies getan und möchte es als Blog-Eintrag dem interessierten Leser zur Kenntnis geben:

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich lebe in Hamburg, genauer im Stadtbezirk Altona und dort im Stadtteil Osdorf am Osdorfer Born, ein reinenes Wohnquartier, das vor 50 Jahren hochgezogen worden ist. <Getto>, von <sozial schwachen> Menschen bewohnt, so dürfte es jenen allzu leicht über die Lippen kommen, die es aus den trendigen Szene- und Designervierteln zufällig einmal nach Osdorf verschlägt. Mein Eindruck ist, dass sich städtische Politik, genauer: vor allem die politischen Parteien von links bis rechts aus Wohnquartieren wie dem Osdorfer Born fast vollständig zurückgezogen hat. Besonders schmerzt es mich, dass auch Parteien des linken politischen Spektrums im Alltagsleben des Stadtteils kaum mehr sichtbar sind. So residiert etwa die Partei DIE LINKE im Stadtbezirk Altona im edelhippen Ottensen, eine Dependance im abgehängten Osdorf dagegen: Fehlanzeige. Meine Befürchtung ist, dass dieser Rückzug des Politischen jenen Menschenfischern in die Hände spielt, die raunend von <Altparteien>, dem <System>, der <Lügenpresse> usw. schwadronieren. 

Ich würde mich sehr darüber freuen, wenn der Deutschlandfunk diesen augenfälligen Rückzug des demokratisch Politischen aus bestimmten Wohnquartieren, Stadtteilen oder Ortschaften einmal zum Thema einer Sendung machen könnte.

Mit besten Grüßen,


Steffen Roski


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Samstag, 9. Juni 2018

64 Prozent - oder: Was läuft falsch in der Partei DIE LINKE?

Mit 64 Prozent der Delegiertenstimmen ist sie im Amt der Parteivorsitzenden bestätigt worden: Katja Kipping, Liebling der metropolitanen hipsteresken Soja-Latte-Linken.
Wenn es eines Beleges bedurfte für die Spaltung innerhalb dieser Partei, die auch Ausdruck des gesamtgesellschaftlichen Gespaltenseins ist, dann ist dieses Wahlergebnis ein klares Zeichen.
In diesem Marx-Jahr 2018 wird desöfteren das kommunistische Manifest zitiert. Dabei muss den Partei-Linken gelegentlich der korrekte Titel des programmatischen Texts in Erinnerung gerufen werden: <Manifest der kommunistischen Partei>. Bereits in der Titelgebung wird deutlich: es geht hier um nichts weniger als die Organisationsfrage.
Und diese Frage zu stellen, bedeutet konkret zu werden. Ich selbst lebe in Hamburg, im Stadtbezirk Altona und dort im Stadtteil Osdorf. Wo befindet sich die nächstgelegene Geschäftsstelle der Partei DIE LINKE? Im durch und durch gentrifizierten Designer-Quartier Ottensen.
Was wurde auf dem letzten Plakat der Partei DIE LINKE, welches mir in meinem Stadtteil begnetete, beworben? Eine Veranstaltung zum Thema Sexismus in der Werbung, die in ebenjenen Ottensener Räumen stattfand.
Was das alles mit Kipping und dem Wahlergebnis zu tun hat? Auf den ersten Blick wenig. Schaut man genauer, dann schon mehr.
Die Partei DIE LINKE hat vielerorts die Bedürfnisse jener aus den Augen verloren, die am Rande der sich weltoffen gerierenden Premium-Meritokratie in elenden Wohnsiedlungen am Hartz-IV-Tropf hängend vor sich hinvegetieren müssen. Ja, über diese <Abgehängten> wird in der selbstgerechten Prosecco- und Bussi-Gesellschaft der wohlmeinenden <Linken> gern als <sozial Schwache>  geredet, die von linkem Internationalismus und internationaler Solidarität nichts verstünden.
Kurzum, die Partei DIE LINKE hat die von Marx und Engels aufgeworfene Organisationsfrage noch nicht einmal wahrgenommen. Ansonsten wäre sie ja massiv mit Vor-Ort-Büros und stadtteilbezogenen Initiativen dort vertreten, wo die sozialen Probleme im Regime kapitalistischer Akkumulation tatsächlich pressieren.
Im Wahlergebnis für Katja Kipping drückt sich das Elend der Partei DIE LINKE zählbar aus: Es reicht eben nicht, für die ex-grüne Edelklientel in gentrifizierten Hipster-Communities wählbar zu sein. - Höchste Zeit also für eine linke Sammlungsbewegung.

Donnerstag, 26. April 2018

Ein Musikpreis und seine Schallreflexionen. Bei BMG (Bertelsmann) hat's Bang gemacht

Der Musikpreis Echo ist seit heute Geschichte. Die Zahl derer, die dies bedauern, dürfte recht überschaubar sein.

In diesem Blog-Beitrag möchte ich chronologisch meine Kommentierung des Skandals um Farid Bang und Kollegah sowie ihrem Musikverleger BMG (Bertelsmann) so wiedergeben, wie sich diese unter meinem Account @sroski auf Twitter bis heute (25. April 2018) dargestellt hat.

Neben diesen Hauptdarstellern tauchen eine Reihe von Nebenakteuren auf: so z.B. der ZDF-Royalist und hipsteresk-pseudo-kritische Spaßvogel Jan Böhmermann, der sich nur allzu gerne als kumpelhafter Homie von Antisemiten und Schlägertypen à la Kollegah geriert. Fehlen darf natürlich nicht der allfällige CSU-Kommentar eines Alexander Dobrindt, der in der Manier eines einfallslosen konservativen Politikers das tut, was er bloß kann: nach dem (Polizei-)Staat und Gesetzen zu rufen anstatt das Problem an der Wurzel zu packen. Dies würde nämlich bedeuten, die Geschäftspraktiken und das Geschäftsmodell eines der weltweit größten Medien- und Dienstleistungskonzerne zu untersuchen: Bertelsmann.

Ich möchte die Angelegenheit so pointierten: Ja, den Echo, den gibt es nicht mehr - Bertelsmann allerdings wird ohne Skrupel weiter seine Geschäfte machen - mit Dummheit, Hass, Rassismus, Antisemitismus, Sexismus, mit RTL, Sarrazin, Hartz-IV-Sozialpornografie, mit Gangsta-Rap, Inkasso-Diensten, Digitalbildung und und und.

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Mittwoch, 18. April 2018

Zarter Schmelz für Spießer. Frederico Albanese und sein Ensemble in der Elbphilharmonie am 17. April 2018

Einmal schön seicht, bitte.

Dass Hamburg eine sozial gespaltene Stadt ist, manifestiert an kaum einem Ort deutlicher als in der Elbphilharmonie. Das Milliardengrab der Stadtbourgeoisie ist ein Ort der Exklusion. Der systematische Ausschluss derer, die nicht dazugehören sollen, wird hier von einem Publikumsgemisch aus Bewohnern von Designer-Wohnquartieren wie Eppendorf, Blankenese und Ottensen sowie den allfälligen Touristengruppen tagtäglich in Form eines menschenverachtenden Zynismus zelebriert. So war mir der Zugang zu einem Konzertticket erst zwei Jahre nach Eröffnung der von den Hamburgern in seltener Einfalt sogenannten ElPhi möglich.

Und tatsächlich war mir die auf dem Programm des Abends stehende Musik gar nicht wichtig. Um es klar zu sagen: Wegen Frederico Albanese und seinem Ensemble wäre ich in keinen Konzertsaal dieser Welt gegangen, vielmehr war es mir wichtiger, einmal die viel gerühmte Akustik der milliardenschweren Weihestätte des Hamburger Musiklebens aus eigener Wahrnehmung zu erkunden.

Immerhin hat Frederico Albanese erreicht, diesen Blog-Beitrag dann doch der dargebotenen Musik zu widmen, stellte doch das Klanggesäusel des Italieners ein veritables Ärgernis dar. Auf einen Nenner gebracht möchte ich die öligen Ergüsse Albaneses und seines Ensembles so beschreiben: ein mäßig talentierter Komponist repetitiert pianistisch synthetisch-ambiente Figuren, über die vier Streicher karamelisierten Schmelz gießen. An jeder Supermarktkasse gibt es diese zuckersüßen Kügelchen zu kaufen - Giotto heißen diese und Frederico Albanese wäre der ideale Marketingkomponist dieser italienischen Süßware. Ihm würde sogar das Kunststück gelingen, Giotto-Kugeln in Milch schwimmen zu lassen, er besitzt die dazu notwendige kompositorische Oberflächlichkeit.

Der geneigte Leser mag zu der Ansicht gelangen, ich hätte etwas gegen zeitgenössische italienische Komponisten. Dem ist mitnichten so, schätze ich doch etwa Luciano Berio, Luigi Nono und Giacinto Scelsi sehr. Künstlerischen Persönlichkeiten dieses Kalibers ist eines stets glasklar: Wenn ein sich vorwiegend aus den bürgerlichen Schichten rekrutierendes Konzertpublikum den Saal mit zufriedenen Minen verlässt und sich gleichsam vor Glückseligkeit bepisst, dann hat die Musik versagt, der Komponist die Realität antagonistischer gesellschaftlicher Widersprüche klanglich zugekleistert und ist folglich seinem künstlerischen Auftrag in keiner Weise gerecht geworden. Albanese hat noch nicht einmal im Ansatz begriffen, dass Minimalistik in der Musik sich eben nicht in der endlos-schwülstigen Wiederholung des immer gleichen Klangmaterials erschöpfen darf, sondern vielmehr - man denke an Philip Glass, John Cage und Morton Feldman - in der mikroskopischen Variation von Mustern besteht, die sich in der zeitlichen Dauer des musikalischen Prozesses einem schließlich radikalen Wandel unterziehen.

Das Schnöselpublikum des Elphi-Milliardengrabs wird am Ende der Darbietung von Frederico Albanese und Ensemble erleichtert konstatiert haben, dass hier nicht gebohrt wurde, sondern im Gegenteil vielmehr süßlich-klebrige musikalische Giotto-Kügelchen in die Ränge geworfen wurden. Man könnte den Eindruck gewinnen, die Programmgestaltung der Elbphilharmonie obliegt nicht den rigiden Gesichtspunkten künstlerischer Expertise, sondern den merkantilen Interessen einer Stadtgesellschaft, die verlogene Harmonie einer kritisch-wahrhaftigen Kunst den Vorzug einräumt. Schande über die Häupter solcher Künstler, die sich und die Kunst verleugnen, bloß konfektionierte Massenware abliefern. Frederico Albanese gehört zweifellos in diese zwielichtige Gesellschaft.




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Sonntag, 25. März 2018

Über den Alltagsgebrauch des Worts Rassismus

Als Soziologe freut es mich sehr, wenn Fachkollegen sich zu Themen vernehmen lassen, die einen alltagsweltlichen Bezug haben. Gleichzeitig betrübt mich, dass dies allzu oft in einem Duktus der akademischen Unverständlichkeit geschieht. Soziologen berauben sich damit der Chance, die Stimme der wissenschaftlichen Vernunft wahrnehmbar zu machen - gerade auch für Menschen, deren Gewohnheit nicht darin besteht, Diskurse zu analysieren und die Legitimität von Narrativen zu beurteilen. Dabei ist die Stimme der Soziologie gerade in unseren Zeiten der neuen Irrationalität, von Hatespeech und der  argumentativen Verkümmerung wichtig wie selten zuvor.
Der Begriff Rassismus ist in aller Munde. Und natürlich sind die fachsoziologischen Veröffentlichungen zum Thema Legion. Dabei wird jedoch vernachlässigt, die Erkenntnisse der Disziplin so zu trivialisieren und aufzubereiten, dass ein breiteres Publikum von ihnen profitieren könnte. Wenn etwa einschlägige Fachpublikationen von Begriffen wie Critical Whiteness, Cultural Models, Ethnisierung, Postkolonialismus usw. nur so strotzen, darf sich die Disziplin nicht darüber wundern, wenn an sie der Vorwurf adressiert wird, nur noch selbstreferenziell um abstrakte Konstrukte zu kreisen. Dann verdammt sich die Soziologie selbst, die ja, Luhmann folgend, Wissenschaft von der Gesellschaft in der Gesellschaft sein sollte, zur gesellschaftlich-politischen Bedeutungslosigkeit und gibt das leicht lächerliche Bild einer Gemeinschaft von Leuten, die sich in esoterischem Wortgeklingel üben. 
Eine typische Argumentationsfigur der sogenannten Neuen Rechten oder <Identitären> erlaubt es mir, das Thema bei den Hörnern zu packen. Sie funktioniert etwa so: Wenn, so wird argumentiert, sogenannte <Gutmenschen> Vertretern der Neuen Rechten oder den <Identitären> Rassismus unterstellen, dann bedienten sich eben jene <Gutmenschen> genau des Konzepts, das sie ja eigentlich verurteilen würden. Kurz gesagt, ließe sich diese rechte Argumentationsfigur so zuspitzen: Wer von Rassismus spricht, ist selber ein Rassist.
Was auf den ersten Blick als ein bestechendes Argument erscheint, erweist sich bei genauerer Betrachtung als billiger Trick eines sophistischen Straßenzauberers. Wenn wir über ein Phänomen sprechen, Bewertungen vornehmen, dann bleibt uns nichts anderes übrig, als diesem Phänomen einen Namen zu geben, es zu bezeichnen. Und wenn wir es dann aussprechen, um die Einstellungen des Gegenübers zu kennzeichnen oder gar zu kritisieren, dann läuft man eben leicht Gefahr, dass der Kritisierte einem die Bezeichnung als Return wie in einem Tennisspiel wieder um die Ohren haut.
Interessant an diesem Return ist ja zunächst einmal, dass auch der neurechte Gegenspieler zumindest so tun muss, als sei Rassismus etwas Negatives, ansonsten vergäbe dieser sich ja der Möglichkeit der Diskreditierung des <gutmenschlichen> Gegenübers. Dann ist an dem Konzept etwas Weiteres wichtig und interessant. Rassismus ist ein prozessualer Begriff, will sagen: der glasklare Rassist und der ebenso reine Antirassist bilden Endpunkte auf dem Kontinuum des Rassismuskonzepts. Daraus folgt etwas sehr Wesentliches. Insbesondere derjenige, der seinem Gegenüber den Vorwurf des Rassismus macht, muss stets jeweils den eigenen Standpunkt, die jeweils eigene Haltung in dieser Frage kritisch mitreflektieren. Denn rassistische Vorurteile fallen ja nicht einfach vom Himmel, sondern werden anerzogen, über sozialisatorische Instanzen (Peer Groups, Vereine, Bildungseinrichtungen etc.) gelernt und über Verbreitungsmedien alten und multimedialen neuen Typs vermittelt. Somit kann die neurechte, <identitäre> Argumentatuonsfigur sogar produktiv fruchtbar gemacht werden. Der Imperativ lautete dann: Der, der du mich einen Rassisten nennst, überprüfe dich zunächst einmal selbst, ob du dich stets vorurteilsfrei durch die Welt bewegst. Und sofern dieser Imperativ dann auch von dem neurechten oder <identitären> Gegenüber beherzigt würde, wäre für die Überwindung rassistischer Stereotype viel gewonnen. Dass hier allerdings Zweifel anzumelden sind, steht auf einem anderen Blatt.
Viel interessanter als Neurechte oder <Identitäre> zu überzeugen, erscheint es mir allerdings, den Imperativ, den ich aus der Kritik ihrer Argumentationsstruktur abgeleitet habe, im Alltagszusammenhang zu verwenden. Einmal ganz konkret auch auf mich selbst bezogen: Bin ich wirklich immer vorurteilsfrei? - Besser noch: Ich weiß ganz genau, nie zu 100 Prozent vorurteilsbefreit sein zu können. Bin ich mir aber darüber im Klaren, funktioniert mein kritischer Verstand, erkenne ich Vorurteile als solche, wenn sie sich doch einmal wieder Bahn brechen oder gar Bahn gebrochen haben?
Und dies lenkt dann abschließend meinen soziologischen Blick auf jene von den Neuen Rechten und <Identitären> gern als <Gutmenschen> Verspotteten. Und hier bleibt mir nur kritisch zu sagen: Ja, auch jene, die lautstark ihren Mund aufreißen und für sich Antirassismus reklamieren, sollten den Imperativ beherzigen. Nichts anderes besagt ja der Ansatz des Critical Whiteness. Konkret einige Beispiele:  Die weiße, privilegierte Feministin aus der Kreativwirtschaft sollte beim Thema Antirassismus kleinlauter sein, wenn sie sich ihre Designer-Wohnung von einer gering entlohnten Putze reinigen lässt. Oder: Der in der Flüchtlingshilfe engagierte Alt-Studienrat, der noch mal in der Deutsch-Gruppe den obermackernden Lehrer heraushängen lässt und freimütig Lob nach dem Motto <Du sprichst aber schon ganz toll Deutsch> verteilt, sollte in einer stillen Stunde mal darüber nachdenken, dass Diskriminierung positiv viel subtiler funktioniert als andersherum.
Insofern kann die Auseinandersetzung mit Neuen Rechten oder <Identitären> am Ende dazu beitragen, den je eigenen Balken im Auge zu erkennen.

Montag, 29. Januar 2018

Und das Arschloch ist: Maxim Biller.

Hamburg ist eine angemaßte Weltstadt und als solche leistet sich das Elbnest eine Reihe von beschaulich-bürgerlichen Presseerzeugnissen, die vorwiegend im Wochenrhythmus erscheinen. Geistig besonders Derangierte wie Oberstudienräte, Werber und allerlei Hipster-Gesocks aus der sogenannten Kreativwirtschaft halten Donnerstag für Donnerstag das wohl minderwertigste Spießbürger-Weekly stolz posierend vor ihre Wasserköpfe: DIE ZEIT.
Widerlinge wie Giovanni di Lorenzo, Josef Joffe und Iris Radisch adressieren ihre Sinnbotschaften an Ihresgleichen. Das DIE ZEIT-Feuilleton ist dermaßen verkommen, dass sich dort allerhand schwachsinniges Gesindel breit machen darf, ja, es soll dort Redakteurinnen geben, die voll tough auf feministisch machen, jedoch kein Problem damit haben, jeden sexistischen Twist eines Bremer Crétins namens Böhmermann unter lautem Jauchzen als Ausdruck edelster pseudo-kritischer Ironie zu adeln. Aber wehe, es wird diesen Hochglanz-ZEIT-Schlampen mal ganz real mit verbaler Schlüpfrigkeit begegnet - dann ruft man halt laut nach der Polizei.
Kein Wunder für mich, dass in diesem verkommensten Feuilleton der BRD dem Maxim"-analen-Oberarschloch" Biller eine halbe Seite spendiert wird. Das TV-gestählte Enfant terrible des heruntergekommenen Literaturbetriebs dieses unseres Landes passt olfaktorisch bestens in die vollgefurzte Filterblase des Hamburger Wochenblatts. Seine Frage nämlich, wer denn hier das Arschloch sei, betrachte ich mal bereits jetzt als hinlänglich beantwortet.
Dass DIE ZEIT ihre Filterblase mit dieser Biller-Polemik bespaßt, hat einen simplen Grund: Die glatt gegelten Edelstilisten blasen zum letzten Gefecht, wissen sie doch, dass ihre selbst angemaßte Deutungshoheit in den ätherischen Sphären des Leitmediums in Zeiten der Social Media längst sturmreif geschossen worden ist. Das Arschloch Biller schreibt:
<Und jetzt sage ich Ihnen, was mir zurzeit unglaublich auf die Nerven geht: dass Leute wie Sie immer öfter so tun, als hätten die Hass- und Hetz-Atmosphäre im Internet und die radikale, aggressive, sorgfältig komponierte Polemik irgendetwas miteinander zu tun ... Ja, Sie wollen eben nicht, dass man Ihnen mit scharfen Worten erklärt, wie verrottet inzwischen Ihre neu-alte deutsche Gegenwart ist ... (D)er Internet-Hass und der Hass eines bösartigen, wahrheitsliebenden, stringent argumentierenden und maßlos schimpfenden Publizisten haben absolut nichts miteinander zu tun ... Oder glauben Sie wirklich, dass Männer und Frauen wie Spinoza, Karl Popper oder Hannah Arendt mit 280 Zeichen, ein paar Flashmob-Posts und Facebook-Rants besonders weit gekommen wären?>
Och, Billerchen. Hast jetzt aber fein Mimimi gemacht. Dafür lädt dich Onkel di Lerenzo auch auf eine Pizza ein. Jetzt hat das kleine Arschloch so viele Worte gebraucht, so viele Autoritäten missbraucht, um den bescheuerten ZEIT-Lesern diese Botschaft zu vermitteln: Hass, Polemik und einfach mal Pöbeln sind nicht dasselbe.
Fazit: DIE ZEIT muss ganz schön am Arsch sein, wenn ein Arschloch wie Maxim Biller bemüht wird, um nur die Illusion von Deutungshoheit aufrecht zu erhalten.

Dienstag, 17. Oktober 2017

"Wir schaffen das!" - ein halbes Versprechen. Gedanken zur Debattenkultur innerhalb der Partei DIE LINKE

Der Philosoph Thomas Seibert wird in der taz gefragt, ob er Sahra Wagenknecht für rassistisch halte und kommt zu dem Ergebnis, dass "streng verstanden" die LINKE-Fraktionsvorsitzende eine Rassistin sei.
Ein harter Vorwurf, der, sollte er belegbar sein, zur Konsequenz haben müsste, dass gegen Sahra Wagenknecht - mitsamt einer recht großen Zahl von Partei-Linken, die sich mit ihren Positionen identifizieren - ein Ausschlussverfahren einzuleiten wäre. Diese Konsequenz jedoch führt der in formaler Logik geschulte Thomas Seibert in dem taz-Interview nicht an. Ein erstes Indiz für mich dafür, dass es ihm nicht so sehr um ehrlichen Konsequentialismus, sondern vielmehr darum geht, eine ihm unliebsame Politikerin primitivistisch zu stigmatisieren.
Wie also wäre ein Antrag auf Parteiausschluss nach Seibert zu begründen. Ich zitiere: "(D)ie Kanzlerin (hat) durch ihr „Wir schaffen das!“ einen ... Weg eröffnet und unsere Gesellschaft damit vor ein Entweder-Oder gestellt ...: Ja, wir schaffen das und schaffen damit auch eine andere, eine weltoffenere Gesellschaft – oder nein, wir schaffen und wollen das nicht, wollen unter uns bleiben." Und weiter: "(S)ammeln wir eine Mehrheit für das „Wir schaffen das!“ Hier ist die Rose, hier tanze!"
Thomas Seibert stellt keinen Antrag auf Parteiausschluss gegen Sahra Wagenknecht. Stellte er ihn, dann müsste er diesen damit begründen, dass die in Opposition zu Merkel stehende LINKE-Fraktionsvorsitzende sich nicht hinter die "Wir schaffen das!"-Kanzlerpolitik stellt.
Die Konsequenz der Seibertschen Argumentation wäre die politische Selbstdemontage der Partei DIE LINKE, ihr Aufgehen in das neo-liberale Wonderland der Angela Merkel.
Es ist wohl notwendig, Thomas Seibert auf die gesellschaftliche Realität der BRD in diesen Zeiten aufmerksam zu machen. Nur ein paar Schlaglichter:
*Altersarmut als Zustand und Perspektive.
* Bildungsungleichheit.
* Mangel an Lehrkräften und marode Bausubstanz tausender Schulen.
* SGB-II-Regelsätze, die alles sind, nur nicht bedarfsgerecht.
* Prekäre Beschäftigung als Normalfall.
* Ungleiche Entlohnung von Frauen.
* Kein tarifvertraglicher Schutz in weiten Bereichen des Dienstleistungssektors.
* Bezahlbarer städtischer Wohnraum als Mangelware.
* Zurückschrauben öffentlicher Dienste oft unterhalb eines Minimums.
Das ist die Situation heute und das war die Situation auch 2015. Und die Politikerin, die qua Amt die Gesamtverantwortung trägt, stellte sich vor die Kameras und tönte: "Wir schaffen das!"
Wenn eine linke Politikerin wie Sahra Wagenknecht eine Verantwortung hat, dann diese: nämlich jedem - auch dem hinter beschaulich-bunten Butzenscheiben sitzenden Akademiker - klarzumachen, dass das "Wir" in dem Merkelschen "Wir schaffen das!" kein solidarisches Kollektiv prinzipiell Freier und Gleicher ist, sondern dass ein bedeutender Teil dieses "Wir" jahrzehntelang geknechtet in prekärer Lebenssituation ächzt und stöhnt und nicht in der Lage ist, die eigenen Probleme zu bewältigen.
Vielleicht hat Thomas Seibert ja eine Antwort darauf, wie dieses "Wir" zusätzliche Herausforderungen wird "schaffen" können. Ich habe da meine Zweifel. Sicher bin ich mir dagegen, dass Politiker wie Sahra Wagenknecht die reale Situation in der BRD 2017 nicht nur kennen und analysieren, sondern gegen die neo-liberale Front aus Schwarz-Gelb-Grün durch eine harte Oppositionsarbeit mobil machen werden. Und das schließt mit ein, das halbe Merkel-Versprechen zum Gegenstand kritischer Debatten zu machen. Rassistisch ist das nicht.

Montag, 28. August 2017

Hamburg, G20, Gentrifizierung, Filz - und die Rote Flora

Die BRD-Soziologie befindet sich in einem erbärmlichen Zustand. Das Stresspotenzial ist hoch, Widersprüche treten in einem bemerkenswerten Ausmaß zutage, die Welt-Gesellschaft ist geprägt durch Umbrüche und auch regressive Tendenzen. Politisch verordneter Optimismus wird allenthalben demaskiert, lieb gewordene Koordinatensysteme geraten durcheinander. Die institutionalisierte soziologische Forschung hat zu alldem erstaunlich wenig bis nichts beizutragen. Wie das berühmte Kaninchen auf die Schlange schaut man gebannt nach Frankreich und wartet sehnsüchtig auf aktuelle Übersetzungen von Sozialstudien aus der weit verzweigten Schule des verstorbenen Professors Bourdieu. BRD-Beiträge sind da eher eine Rarität, stattdessen befördert man in methodischer Saubermannmanier Datensatz auf Datensatz, betreibt aus Armut an Forschung so genannte Armutsforschung, ohne jemals wirklich arm gewesen zu sein, traut sich an die Reichen und Superreichen nicht recht dran, camoufliert das Versagen, die Klassenfrage zu reformulieren, neuerdings mit Gender-Studies, delektiert sich an der Theatralik des Politischen und spült die Sozialwissenschaften weich. Mit der BRD-Soziologie verhält es sich ganz ähnlich wie mit den Leitmedien des Landes: Man geriert sich fein links-alternativ und feiert sich selbst als Hohepriester einer spät-biedermeierlichen Sozialmoral.

Mit der Objektivität sozialwissenschaftlicher Erkenntnis hat all dies nichts zu tun. Dabei stellt es eine grobe Verkürzung des Weberschen Standpunkts dar, unterstellte man ihm eine aseptische gesellschaftlich-politische Enthaltsamkeit soziologischer Forschung. Ganz im Gegenteil: Soziologie kann nicht wertfrei betrieben werden. Eine Soziologie der Armut etwa ergibt nur Sinn dann, wenn ihr erkenntnisleitendes Interesse darin besteht, an prekären Soziallagen etwas zu verändern und diese gerade nicht als bloßes Faktum zu betrachten. Nur: Wenn denn soziologisch Armut etwa untersucht wird, dann - und das ist Webers These - muss dies mittels eines eines ausgereiften theoretischen Gerüsts und einer objektiven Methodik geschehen - auch auf die Gefahr hin, mit liebgewordenen Institutionen, Interessen und Ideologien zu brechen. Soziologen vom Schlage eines Pierre Bourdieu haben dies praktiziert und entschleiern so die Myriaden feiner Unterschiede, die dem oberflächlichen Blick stets verborgen bleiben.

Soweit die Vorbemerkung. Den Anlass für diesen Blog gibt mir ein Beitrag in den Ruhrbaronen (https://www.ruhrbarone.de/hamburg-krawalle/144668#). Genauer gesagt, handelt es sich um eine in dem  Ruhrbarone-Blog wiedergegebene Erklärung einiger Geschäfts- und Gewerbetreibender des Hamburger Schanzenviertels zu den Ausschreitungen des G20-Gipfels.

Das Hamburger Schanzenviertel ist ein Paradebeispiel für ein gentrifiziertes Stadtquartier, Spekulationsobjekte, Mietwucher, ein Boulevard für ein event- und lifestyleorientiertes hipster-eskes Szene- und Cornerpublikum, für das sich in den vielen auf niedlich und Vintage getrimmten Shops auf Schritt und Tritt nice Konsummöglichkeiten bieten. Erschöpfungsbedingte Pausen können bei Soja-Latte, Craftbeer und Cidre in der trendigen Gastronomie auf und abseits des mit reichlich Fame gehypten Schulterblatts eingelegt werden. Ein beliebtes Selfie-Objekt stellt natürlich das autonome Kulturzentrum Rote Flora für all jene dar, die sich mittels payfunktionalem Smartphone oder Credit Card durchs Viertel bewegen und ihren Social-MediaFriends eine Impression kapitalismuskritischer Abgefucktheit vermitteln können.

Wenn ich nun die Erklärung der Geschäftsleute lese, kommen mir fast die Tränen. Die Hamburger Petit Bourgeoisie äußert sich politisch, der Applaus der Szene ist den Gewerbetreibenden sicher. Dass die Kleinbesitzklasse sich über "erlebnishungrige Jugendliche sowie Voyeure und Partyvolk, denen wir eher auf dem Schlagermove, beim Fußballspiel oder Bushido-Konzert über den Weg laufen würden" mokiert, verwundert mich nicht, denn besagtes Partyvolk hat am 7./8.7. ein, sagen wir mal, etwas unkonventionelles konsumistisches Verhaltensdispositiv zur Schau gestellt. Nur am Rande sei angemerkt, dass ansonsten, außerhalb des singulären Ereignisses G20, jene juvenile Massen natürlich gern als zahlende Gäste gesehen sind. Ganz ehrlich: geschenkt. So tickt das Bürgertum eben, in Hamburg und anderswo.

Es gibt da noch etwas anderes - und dies ist dann schon Hamburg-spezifischer. Zitat aus der Erklärung: "Wir leben seit vielen Jahren in friedlicher, oft auch freundschaftlich-solidarischer Nachbarschaft mit allen Formen des Protestes, die hier im Viertel beheimatet sind, wozu für uns selbstverständlich und nicht-verhandelbar auch die Rote Flora gehört. Daran wird auch dieses Wochenende rein gar nichts ändern."

Ich bin mal ganz böse und stelle mich bewusst außerhalb des links-alternativen Common-Sense, der ja bei nüchterner Betrachtung bloß eine gut kleinbürgerliche Übereinkunft aktiv Kommerz und Gentrifizierung betreibender Menschen ist, die ihre wahren Interessen unter dem Deckmantel einer gern demonstrativ zur Schau gestellten Hypermoral zu tarnen wissen. Ich bin also mal ganz böse und stelle mir vor, welche Wirkung eine solche Erklärung von Geschäfts- und Gewerbetreibenden weiter südlich in Europa, etwa in Palermo, haben würde. Könnte hier nicht gutes Material für einen neuen Hamburg-Roman bereitliegen? Zum Plot könnte dann dies gehören: Da gibt es einen Obergärtner namens Eisenmeier, der bestens politisch vernetzt ist und auch die Geschäfts- und Immobilienwelt der Hansestadt gut kennt. Das muss er ja auch, denn die Gärtnerei bringt viele schöne Blüten hervor. Das kostet Geld und auch Eisenmeier will gemeinsam mit der Geschäftsleitung gut leben können. Besonders im Mai sprießt die Flora üppig und da kommt man dann mal ins Gespräch mit der Immowelt. Da könnte dann geraunt werden, dass die Gesellen des Gärtnerbetriebs aus Gründen vielleicht mal beiläufig ein paar Kieselsteine in das Schaufenster eines Geschäfts in der Monikastraße befördern könnten. Gegen Entgelt, versteht sich. Für friedliche Koexistenz wäre gesorgt, die Geschäfte würden sprießen, Ehrenerklärungen, so denn welche benötigt würden, würden hausfrei gratis erteilt. Schöne, neue Welt in Hamburg? Wer weiß das schon.

Montag, 12. September 2016

Böhmermann - Hipster der Comedians, Comedian der Hipster

Ich habe ein wenig gewartet mit diesem Post. Schließlich besteht meine Intention sicherlich nicht darin, den Hype um des deutschen Hipsters Liebling Jan Böhmermann, ZDF-Late-Night-Comedian, weiter zu befördern. So bewahrte ich die Feuilleton-Glosse aus der bescheuerten DIE ZEIT vom 1. September 2016 mit dem selten dämlichen Titel "Jan Böhmermann ist wieder da und so gut wie kein anderer" aus der Tastatur von Eva Bucher bis heute auf.
Eva Bucher neigt zu einer recht kruden Form der Auto-Makro-Aggression. Es macht ihr nämlich sichtlich Freude, sich von derangierten Hipstern wie Böhmermann als geile Fotze out there bezeichnen zu lassen. Ich kenne Eva Bucher nicht, doch nehme ich mal an, dass diese Selbststigmatisierung zutrifft und sie genau das ist, was Onkel Böhmermann so von einer ZEIT-Redakteurin hält: nämlich eine Fotze zu sein.
ZEIT-Fueilletonistin Eva Bucher stelle ich mir als eine Frau vor, die wahrscheinlich jeder noch so unterschwellig mikro-aggressiven Form von Misogynie pikiert entgegentritt. Von Uslar, Mangold, di Lorenzo und Konsorten sollten sich ihr gegenüber in Acht nehmen: Eva Bucher wird es nicht mögen, auf dem Weg zum WC von den stets leicht geilen ZEIT-Kollegen bedrängt zu werden. Es sei denn ... Es sei denn sie beherrschten wie Jan Böhmermann diesen "doppelten Twist der Pointen". Dann nämlich ist dem Dirty Talking mit anschließendem Gang-Bang bei Eva Bucher Tür und Tor, sprich: sind die Löcher, geöffnet.
So einfach geht das: Da kommt eine blöd grinsende Handpuppe namens Böhmi daher, in dessen Arschloch die Finger von derangierten ZDF-Redakteuren und Lohnschreibern der bildundtonfabrik stecken, und Eva Bucher von der bescheuerten DIE ZEIT gerät total außer Kontrolle.
Böhmermann möchte ich zurufen: Da hast du eine völlig durchgeknallte Hipster-Muddi, der du's nach allen Regeln der Kunst richtig derb besorgen kannst. Nachher wird Eva Bucher dir nicht böse sein, nein, ganz im Gegenteil, sie wird sich in der ZEIT über Twists, Satire, performative Selbstwidersprüche, Parodie und Multiperspektivität auslassen. Jeden Erguss von dir wird die Fotze klaglos schlucken und selig vor Glück Böhmermann "bei der Arbeit zusehen und sich freuen."