Freitag, 4. Mai 2012

Bertelsmanns Cash-Cow Arvato grast in der NRW-Staatskanzlei

Aus einer arvato-Anzeige (in: innovative verwaltung 4/2012, S. 11):

"arvato erhielt den ZUschlag zum Betrieb des ServiceCenters in den Räumen der Staatskanzlei und arbeitet seitdem [...] im Dienste der Ministerpräsidentin.

Alles Landesressorts und die Staatskanzlei haben die Möglichkeit, das ServiceCenter zu nutzen und ihre jeweiligen Projekte dort bearbeiten zu lassen. [...] Der Gesamtbetrieb erfasst sowohl die Erbringung von Service-Dienstleistungen als auch die Entwicklung und Aktualisierung des unterstützenden CRM-Systems, die Pflege des Web-Auftritts und des sogenannten Broschüren-Services sowie weitere IT-Dienstleistungen.

Das ServiceCenter bearbeitet zudem den gesamten Bürger-Posteingang der Staatskanzlei: Eingehende Briefe werden gescannt, im Content-Management-System erfasst und an die zuständigen Referate bzw. Ministerien weitergeleitet oder eigenständig beantwortet.

Daneben ist das ServiceCenter auch für die erfolgreiche Umsetzung von verschiedenen Sonderprojekten zuständig. Dazu gehört insbesondere die Abbildung von Hotlines zu hochvolumigen Themen (z.B. Zensus) oder zu kurzzeitig aktuellen Fragestellungen (z.B. Schweinegrippe)."

Mindestens zwei Fragen stellen sich:

  1. Wie ist arvato an den Auftrag gelangt? Mag nicht das mildtätige und gemeinwohlorientierte Wirken der Bertelsmann Stiftung, mit der die NRW-Landesregierung eng kooperiert, hier den für den Konzern ertragreichen Boden bereitet haben?
  2. Was ist mit dem Datenschutz? Hat arvato erst einmal sensible Informationen in Hülle und Fülle gesammelt, sind diese bei entsprechender Aufbereitung auch für andere Zweige des Medien- und Dienstleistungsimperiums Bertelsmann nutzbar.
Kommentar von Wolfgang Lieb (NachDenkSeiten):
Wo Landesregierung draufsteht, steckt also ganz häufig arvato drin. Da ruft oder schreibt man die Staatskanzlei an und in 80% der Fälle antwortet arvato und bearbeitet sogar den Fall.
Zu gerne würde man wissen, was sich die Landesregierung dieses ServiceCenter kosten lässt und welche Kosten damit eingespart werden. Wie sieht der Vertrag aus oder unterliegt er der Geheimhaltung?
Es ist ja bekannt, dass die Bertelsmann-Tochter arvato ihr Dienstleistungsgeschäft mit Städten und Kommunen massiv ausbauen will, aber dass sie schon in eine Staatskanzlei vorgedrungen ist, war uns bisher unbekannt. Die Auslagerung eines ServiceCenters auf einen privaten Betreiber ist eigentlich Rosstäuscherei: Man lagert entweder Stellen aus oder rechnet die derzeit 17 „Bürgerinnen-Berater“ als Dienstleistung einer privaten Firma ab.
Damit kann man nach außen hin so tun und sich womöglich noch rühmen, als habe man Planstellen abgebaut oder man verbirgt de facto zusätzliches Personal hinter einem Dienstleistungsvertrag.
arvato sieht auf diesem Feld der öffentlichen und staatlichen Dienstleistungen einen riesigen Markt. Dahinter steckt die Bertelsmannsche Mission, dass Private alles besser und effizienter könnten als der Staat, deshalb „so wenig Staat wie möglich“ und dafür so viel Profit für private Unternehmen wie möglich.
Die Kommune East Riding in England war das Versuchslabor für Deutschland.
Wie ist eigentlich wirklich gesichert, dass mit solchen Dienstleistungen nicht hoheitliche Aufgaben an private Betreiber übertragen werden? Wie ist gesichert, dass persönliche Daten der Bürgerinnen und Bürger gesammelt, ausgewertet, neu verknüpft und weiterverkauft werden. Gibt es einen besonders garantierten Datenschutz?
Hat man schon mal die angebliche Effizienz von arvato überprüft? In Würzburg ist selbst bei einer mittelgroßen Kommune das Service-Konzept kläglich gescheitert und schon gar nicht sind damit die versprochenen Kosteneinsparungen erzielt worden. Die Stadt und arvato haben inzwischen das Pilotprojekt „Würzburg integriert“ wurde inzwischen beendet.

4 Kommentare:

  1. Hätten Sie Interesse daraus eine Kleine Anfrage an die Landesregierung zu bauen?

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  2. Ja, durchaus. Bin allerdings kein Landtagsabgeordneter ... Hier müsste ein/e Profi-PolitikerIn aktiv werden. Kennen Sie denn eine/n Abgeordnete/n, die / der hier entsprechende Initiativen entwickeln könnte? Vielleicht bei den NRW-Piraten, die ja Bertelsmann-kritisch eingestellt sein sollten? Ich wäre gern bereit, nach Düsseldorf zu reisen, um mich mit einer / einem PolitikerIn zu treffen, um ein solches Vorhaben gegebenenfalls zu unterstützen! Sollten Sie hier vermitteln können, wäre ich für Ihre Unterstützung sehr dankbar!

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  3. Die Piraten arbeiten derzeit an einem System, um Anfragen für die Fraktion vorzubereiten:
    http://wiki.piratenpartei.de/NRW:Landtagsfraktion/Antragsfabrik

    Auf der Seite finden sich auch Beschreibungen dazu, wie eine Anfrage aufgebaut sein sollte. Gute Ideen werden nehmen die bestimmt auch jetzt schon gerne entgegen, einfach mal per Mail, Twitter oder so nachfragen!
    https://blog.piratenpartei-nrw.de/fraktion/kontakt/
    @20piraten

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  4. Vielen Dank! Habe ich vorhin erledigt!

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