Gute Karikaturen treffen den Punkt. So diese: Ein Kapitalist macht
einen Armen darauf aufmerksam, dass ein um Asyl nachsuchender Mensch
diesem etwas wegnähme.
Es gibt zwei prinzipielle Arten von
rassistischer Diskriminierung. Die eine ist negativer Natur und wird in
der Karikatur veranschaulicht. Menschen, die objektiv depraviert sind
und sich auch selbst als chronisch benachteiligt erleben, greifen
diejenigen an, die aus ihrer Sicht ihre ohnehin Lebenschancen minimen
Lebensc
hancen weiter vermindern. Sie
nehmen Refugees als unmittelbare Konkurrenten um knappe Ressourcen -
Bildung, Gesundheit, Teilhabe etc. - wahr.
Die andere Art rassistischer Diskriminierung ist positiver Natur und
ist ohne ihre negative Kehrseite nicht denkbar. Ein konstruiertes
Beispiel: Beate J. lebt mit ihren zwei Kindern Antonia und Jakob in
einem Berliner Szenestadtteil. Sie arbeitet in der Kreativbranche, ist
gut gebucht, Geld ist vorhanden. Aufmerksam verfolgt Beate das
Tagesgeschehen und ist angeekelt von einem immer demonstrativer
werdenden Rassiswmus in diesem Land. Mit Refugees hat sie nicht direkt
zu tun. Diese leben irgendwo in einem Teil der Vorstadt, den sie
allenfalls vom Hörensagen kennt. Am Wochenende besucht sie mir ihren
beiden Kindern, die das örtliche Gymnasium besuchen, eine
Kulturveranstaltung, auf der eine Gruppe afrikanischer Menschen
musizieren und die heimische Küche vorstellen. Schnell freundet sie sich
mit einem Refugee an, den sie für die kommende Woche zum Essen einlädt.
Man ist geneigt zu sagen: vorbildlich. Eine zwischenmenschliche
Beziehung ist gestiftet worden.
Beate J. fühlt sich wohl, ein
Musterbeispiel vorurteilsfreien Handelns. Stimmt dies? Zweifel sind
angebracht. Als Werberin ist Beate J. oft geistig ausgelaugt, braucht
zur Aufrechterhaltung ihres kreativen Potenzials immer wieder äußere
Inputs. Und da kommt eine kulturell und menschlich interessante
Begegnung gerade recht. Das alles bleibt letztlich folgenlos, denn ihren
Alltag bestimmen weiterhin die Kreativ- und Lifestyle-Hipster, mit
denen sie Clubs, Kinos, Vernissagen, Theater besucht sowie die Freizeit
für ihre Kinder organisiert. Ihr diskriminierendes Handeln liegt in
Folgendem: Refugees sind auf Grund ihres kulturellen Mehrwerts für Beate
J. interessant. Letztendlich verhält sie sich nicht anders als jene,
die um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhunderts afrikanische Menschen in
Zoos aus Sensationsgier beglotzten.
Um auf die Karikatur
zurückzukommen: Eine von Rassismus freie Gesellschaft werden wir nur
dann erreichen, wenn es die Kluft zwischen Armen Und Reichen, zwischen
Privilegierten und Ausgeschlossenen nicht mehr gibt. Rassismus ist eine
soziale Frage. Solange wir das nicht begriffen haben, haben wir nichts
verstanden.
Mein Blog befasst sich in einem umfassenden Sinn mit dem Verhältnis von Wissen, Wissenschaft und Gesellschaft. Ein besonderes Augenmerk richte ich dabei auf die Aktivitäten des Medien- und Dienstleistungskonzern Bertelsmann und der Bertelsmann Stiftung.