Dienstag, 24. Dezember 2013

Christian Bartlau: Die Krawalle in Hamburg und die Rolle der Polizei - Was alles nicht gesagt wird

Zur Wahrheit gehört, dass die Polizei nicht so massiv vorgehen musste. Sie sollte die Demonstration begleiten und die Sicherheit für alle gewährleisten. Einzelne Gewalttäter hätte sie gezielt aus dem Protestzug entfernen können, oft genug belässt sie es dabei. Nicht so am Sonnabend in Hamburg. Innerhalb weniger Minuten eskalierte die Situation völlig. Kleine Gruppen aus zehn bis zwanzig Polizisten rannten teilweise bis einhundert Meter in die Demonstration hinein, wobei sie selbst vom Schwarzen Block eingekesselt wurden. Wer auch immer diese Aktionen angeordnet hat: Sie waren taktisch dumm, wirkungslos und für die Beamten lebensgefährlich. Erschrockene Demonstranten retteten sich in Geschäfte und beobachteten durch die Ladenfenster, wie einzelne aus dem Schwarzen Block mit Verkehrsschildern auf Polizisten losgingen. Zum besseren Verständnis der Exzesse sei angemerkt, dass es nun einmal - und diese schlichte Wahrheit traut sich so gut wie kein Politiker anzusprechen, weil er sich dann die Gewerkschaften der Polizei zum Feind macht - auch unter den Beamten Menschen gibt, die bewusst Gewalt suchen. Hooligans in Uniform, wenn man so will. Jeder, der öfter als einmal im Jahr auf eine Demonstration geht, weiß das. Es gibt Einsatzhundertschaften, die berüchtigt sind für ihren dünnen Geduldsfaden. Das ist kein Generalverdacht gegen die Polizei, sondern eine nüchterne Feststellung, die zur Wahrheit dazu gehört.

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Montag, 23. Dezember 2013

Benno Stieber: Je kleiner, desto schwächer - Der Fall des freien Journalisten Hubert Denk zeigt: In Deutschland gerät die Pressefreiheit unter Druck

Den juristischen Druck wohlhabender Kläger müssen investigativ arbeitende Journalisten wohl aushalten. Wenn es aber nicht einmal mehr eines handwerklichen Fehlers bedarf, damit ein Journalist in seiner Existenz bedroht wird, wird die Presse behindert. Auch durch die Ermittlungen staatlicher Stellen. Eigentlich ist die Rechtslage eindeutig: Im Spiegel-Urteil, und 50 Jahre später im Cicero-Urteil hat das Bundesverfassungsgericht das Zeugnisverweigerungsrecht der Journalisten gestärkt und klargestellt, dass Akten, Büros und Wohnungen von Journalisten nur durchsucht werden dürfen, wenn sie einer Straftat verdächtigt werden. Ebenso wenig dürfen Ermittlungen dazu dienen, Journalisten einzuschüchtern. Im Fall Denk ermitteln die Behörden deshalb trickreich wegen Anstiftung zur Verletzung des Dienstgeheimnisses.

(Aus: DIE ZEIT, 19. Dezember 2013, Nr. 52, S. 13)

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Steffen Roski: "Büchner BLUEs" - Sabine Dissel: Literarische Lesung und Kunst in der Ottensener "Bedürfnisanstalt"

"Leonce und Lena" - Komödie und Spätwerk Büchners - stand am vergangenen Samstag (21. Dezember 2013) auf dem Programm der Büchner-Reihe mit der Literaturwissenschaftlerin Sabine Dissel und bildete zugleich den literarischen Endpunkt derselben.

Ehrlich gesagt bin ich mit etwas gemischten Gefühlen in die "Bedürfnisanstalt" nach Altona-Ottensen gekommen. Im Kontext einer Unterrichtsvorbereitung hatte ich vor Jahren das Stück gelesen und es schnell wieder weggelegt. Die Handlung ist denn auch rasch wiedergegeben: Ein Prinz (aus dem Königreich Popo) soll eine Prinzessin (aus dem Königreich Pipi) laut königlischem Dekret heiraten, ist allerdings unwillig und flieht mit seinem getreuen Vasallen gen Süden. Spiegelbildlich begibt sich auch die ebenfalls heiratsunwillige Prinzessin auf Wanderschaft. Man begegnet sich, verliebt sich ineinander und nach einigen Kalamitäten kommt es schließlich dann doch noch zur Hochzeit.



Noch etwas muss ich freimütig einräumen: Als ich das Stück gelesen hatte, versäumte ich es, die einschlägige Sekundärliteratur zu wälzen. Zu wenig interessant fand ich den Text damals. Sabine Dissel hat mir jedoch die Gelegenheit gegeben, das einst Versäumte nachzuholen und mich eines Besseren belehren zu lassen. Tatsächlich bildet "Leonce und Lena" gleichsam den Schlussstein im Büchnerschen Oeuvre. Alles, was der jung verstorbene Autor zuvor verfasst hat - handele es sich um den "Landboten" oder der den "Lenz" -, findet sich in der Komödie gleichsam autoreflexiv wiedergespiegelt. Dissel vertrat sogar die These, dass die legendäre rebellisch-politische Schrift "Der Hessische Landbote" von Büchner in "Leonce und Lena" in subtiler Weise dramatisiert worden sei. Neben Anspielungen und ironischen Brechungen des eigenen Werks sind in der Komödie eine Vielzahl von Zitaten und Verweisen auf literarische und philosophische Schriftten und Werke aus den unterschiedlichsten Epochen und Zeiten vom Autor kunstvoll amalgamiert worden. Dies von der Büchner-Kennerin souverän serviert bekommen zu haben, lohnte allein schon den Besuch der Veranstaltung. Dass das Stück dann noch in einer sehr schönen Fassung aus dem Jahre 1949 zu Gehör gekommen ist, rundete den Abend in der "Bedürfnisanstalt" gelungen ab.

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Dienstag, 17. Dezember 2013

CATERINA LOBENSTEIN: ALTERNATIVE FÜR DEUTSCHLAND - Wie autoritär ist die AfD? - Die AfD ist die One-Man-Show ihres Chefs Bernd Lucke. Das ist gefährlich. Denn dadurch bleibt verborgen, mit welchen extremen Positionen an der Basis hantiert wird.

Die AfD hat gute Chancen, im kommenden Jahr ins Europaparlament einzuziehen. Sie könnte in Dutzende Kreistage gewählt werden. Und sie könnte in Sachsen, Thüringen und Brandenburg in den Landtag kommen. In allen drei Ländern erhielt sie bei der Bundestagswahl mehr als sechs Prozent der Stimmen. Aber wer wird dann bestimmen, wofür die AfD steht? Marktliberale wie Hans-Olaf Henkel, der Spitzenkandidat für die Europawahlen werden könnte? Ultrakonservative Adelige um die Berliner AfD-Politikerin Beatrix von Storch, die auf Abtreibung und Homosexuelle schimpfen? Islamfeindliche Populisten, die gegen den Bau von Moscheen hetzen? Selbst ernannte "Leistungseliten", die offen darüber nachdenken, Hartz-IV-Empfängern das Wahlrecht zu entziehen? Sie alle haben in den vergangenen Monaten in der AfD ihren Platz gefunden. Sie wollen mitreden, wenn um Posten, Listenplätze und Inhalte gestritten wird. Doch was die offizielle Linie der AfD ist, entscheidet momentan vor allem einer: Bernd Lucke selbst. Im Alleingang veröffentlicht er Thesenpapiere (über den Islam), Benimmkataloge (für Parteigenossen) und Gesinnungsfragebögen (für neue Mitglieder). Die Parteimitglieder dürfen seinen Vorschlägen per E-Mail zustimmen oder sie ablehnen. Mitgestalten dürfen sie nicht. "Schlimmer als in der SED", nennt das ein ostdeutscher Landeschef. Gerhard Nadolny, AfD-Mitglied aus Nordrhein-Westfalen, der im August aus der Partei ausgetreten war, bezeichnet Bernd Lucke als einen "autoritären AfD-Führer".

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Thomas Fischer: Völkisches Recht - Der Mord-Paragraph ist eine Erfindung der Nazis. Wie konnte er sich so lange halten? Plädoyer für eine überfällige Rechtsreform

Jede vorsätzliche Tötung eines Menschen ist ein empörendes Geschehen. Jeder Verbrecher ist, die meiste Zeit seines Lebens, nicht Räuber, sondern Sohn, nicht Plünderer, sondern Kollege, nicht Mörder, sondern Nachbar. Dies und vieles andere ist bei der Strafzumessung zu berücksichtigen. Wenn aber die schwankende Grenze zum Begriff des "Mörders" überschritten wird, ziehen sich die Lebensgeschichte und die Persönlichkeit des Beschuldigten an den Fäden des Freislerschen Tätertyps zusammen auf einen Punkt. Dann entscheidet die Bewertung eines einzigen Augenblicks über alles: heimtückisch oder habgierig oder niedrig? Nichts anderes zählt mehr. Obgleich doch alle wissen, wie leicht es ist, heimtückisch zu sein oder rachsüchtig oder habgierig.
"Mörder ist, wer ..." ist eine menschenunwürdige Formel. Sie reduziert den Richter auf die Funktion eines Automaten, der eine starre Rechtsfolge auszuwerfen hat nach Eingabe von Merkmalsdaten, an deren Kraft er selbst kaum glaubt. Sie reduziert den Beschuldigten auf einen einzigen Punkt. Sie reduziert die Errungenschaften der Moderne - Diskursivität, Rationalität, Verantwortung - auf ein paar formale Erkenntnisse. Dies tut sie nicht, wie der Unkundige annimmt, auf gesichertem Grund, sondern auf der Basis moralisierender Bewertungen, unklarer Abgrenzungen und ungerechter Schematisierungen. 
(Aus: DIE ZEIT, 12. Dezember 2013, Nr. 51, S. 8)

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Montag, 16. Dezember 2013

Thomas Barth: Beginn der politischen Demenz bei der Tageszeitung "junge welt"?


M.Zander referiert nahezu unreflektiert Ergebnisse einer Studie der Bertelsmann Stiftung (BtmSt), die sich im linken Gewand präsentiert und mangelnde Wahlbeteiligung von Arbeitslosen und Verelendeten diagnostiziert (ihr Lösungsvorschlag "Wahlpflicht" ist wohl kaum ernst gemeint). Bis auf ein paar Nebenbemerkungen und zwei kauminformierte, lauwarm-kritische  Schlußsätze bleibt die jW bemerkenswert folgsam im Referieren der Ergebnisse. Der Leser erfährt ganz zum Schluss nur lapidar, dass Bertelsmann doch "für die Privatisierung öffentlichen Eigentums und die Schleifung sozialer Sicherheiten, also für die Verschärfung der gesellschaftlichen Gegensätze" gearbeitet hat. Wenn dies alles ist, was bei linken Publizisten noch von den Anti-Btm-Protesten erinnert wird, grenzt es an politische Demenz.
Die maßgebliche Federführung der BtmSt für Bildungsprivatisierung, -abbau und verflachung etc., und insbesondere für Harzt IV erwähnt Zander ebensowenig wie die mediale Macht des Konzerns: RTL als Leitmedium der verelendeten und dortselbst ausgestellten und verhöhnten "Unterschichten". Wer einen Vormittag RTL guckt, wudnert sich nicht, dass die dort Sozialisierten inzwischen schon der 2.Generation völlig entpolitisiert sind.

Kritik an


wäre sicher nicht verfehlt.

jW, 14.12.2013 / Inland / Seite 5
Exklusive Demokratie
Bertelsmann-Stiftung diagnostiziert »soziale Spaltung der Wählerschaft« bei der Bundestagswahl im September. Autoren schlagen unter anderem Plicht zur Teilnahme vor. Von Michael Zander
Je prekärer die lokalen Lebensverhältnisse, desto weniger Menschen gehen wählen. Dies ist das Ergebnis einer am Donnerstag veröffentlichten Studie der Bertelsmann-Stiftung zur Bundestagswahl 2013. Die Autoren Armin Schäfer, Robert Vehrkamp und Jérémie Felix Gagné untersuchten Daten aus 1644 Stadtteilen und ländlichen Stimmbezirken. Die Wahlbeteiligung, so ihr Befund, fällt dort gering aus, wo die Erwerbslosenquote hoch ist und Menschen über wenig Kaufkraft sowie relativ niedrige Bildungsabschlüsse verfügen.
In »Nichtwählerhochburgen« wie Köln-Chorweiler, Leipzig-Volkmarsdorf oder Bremen-Tenever liegt der Erwerbslosenanteil bei rund 20 Prozent, umgekehrt sind in Quartieren mit 90 Prozent Wahlbeteiligung – etwa Köln-Hahnwald oder Hamburg-Nienstedten – weniger als drei Prozent der Stimmberechtigten ohne Arbeit. Dieser Trend zeigt sich bundesweit in allen Untersuchungsgebieten. Der Zusammenhang zwischen Kaufkraft und Wahlverhalten läßt sich sogar im Vergleich zwischen relativ wohlhabenden und reichen Vierteln nachweisen. Das Bildungsniveau spielt eine Rolle, fällt aber gegenüber anderen Faktoren weniger ins Gewicht. Die Variable »Geschlecht« wurde nicht berücksichtigt.
Insgesamt lag 2013 die Wahlbeteiligung bei nur 71,5 Prozent, dies ist der zweitniedrigste Wert seit Gründung der Bundesrepublik. Rund 17 Millionen Bürger gingen nicht zur Wahl. »Hinter der zunehmenden Ungleichheit der Wahlbeteiligung verbirgt sich eine soziale Spaltung der Wählerschaft«, heißt es in der Studie. »Die Demokratie wird zu einer immer exklusiveren Veranstaltung für Menschen aus den mittleren und oberen Sozialmilieus, während die sozial prekären Milieus deutlich unterrepräsentiert bleiben.«
Die Zahlen sagen allerdings nichts über die subjektiven Gründe für die Wahlenthaltung. In der Bertelsmann-Publikation Einwurf (1/2013) schreiben Vehrkamp und sein Koautor Dominik Hierlemann, ein »Wertewandel« habe dazu geführt, daß auf soziale Ungleichheit nicht mit Protest, sondern mit Apathie reagiert werde. Dabei verlieren sie kein Wort über die Rolle der jeweils regierenden Parteien, die ihre Politik als »alternativlos« darstellen und so Wahlberechtigte systematisch entmutigen. In Umfragen der Friedrich-Ebert- und der Konrad-Adenauer-Stiftung während der letzten Jahre gaben viele Befragte als Motiv für Enthaltung an, durch ein Votum keinen nennenswerten Einfluß auf die Politik nehmen zu können.
Schäfer, Vehrkamp und Gagné möchten mit ihrer Studie eine Diskussion über Gegenmaßnahmen anregen. Sie erwägen eine »gesetzliche Wahlpflicht«, eine »veränderte Berichterstattung über Politik« durch die Medien, »direkte Demokratie und Bürgerbeteiligung« sowie eine stärkere Rolle der Schulen bei der »Demokratieerziehung«. Auf die eigentlich naheliegende Idee, daß eine politische Kraft notwendig sei, die soziale Ungleichheit beseitigen oder wenigstens verringern könnte, kommen sie nicht. Das ist insofern konsequent, als die einflußreiche Stiftung selbst sich in den vergangenen Jahrzehnten für die Privatisierung öffentlichen Eigentums und die Schleifung sozialer Sicherheiten, also für die Verschärfung der gesellschaftlichen Gegensätze stark gemacht hat.



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Paul Gillespie: Much regional variation in performance of European populist right parties - Opinion: Consolidation without further integration could mean a period of stagnation, some economists argue

This systemic integration problem concerning the euro zone is matched by one concerning political and social integration. There is plenty of evidence to show the crisis has affected national electoral politics and some to show it links up national and European political levels. But voters do not have a clear choice at either level about alternative policies to handle the crisis. This failure diminishes overall levels of accountability and hence of trust and legitimacy. Researchers at a recent conference organised by the European Union Democracy Observatory in the European University Institute in Florence heard how economic voting has punished incumbent governments held responsible for the crisis and rewarded opposition parties.

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Freitag, 13. Dezember 2013

Patrick Gensing: Die konformistische Rebellion - Bei der Bundestagswahl kratzt die AfD an der Fünf-Prozent-Hürde. In Berlin-Hellersdorf sahnt die NPD mit Hetze gegen Flüchtlinge mehr als zehn Prozent ab. Thilo Sarrazin ist salonfähig – und während Politik und Medien vor neuen »Flüchtlingswellen« warnen, füllen Frei.Wild mit bierseligem Identitätsrock die großen Hallen. Alles nur isolierte Phänomene – oder Zeichen eines oft beschworenen Rechtsrucks der Gesellschaft?

Durch die großen Hallen Deutschlands hallen ähnliche Parolen: „Nichts als Richter, nichts als Henker – Keine Gnade und im Zweifel nicht für dich – Heut gibt es den Stempel, keinen Stern mehr“, grölen Tausende Frei.Wild-Fans bei den Konzerten. Die Band behauptet, sie seien überhaupt nicht rechts, eigentlich unpolitisch. Ihre Texte erzählen eine andere Geschichte: Ein dumpfes Wir-Gefühl wird transportiert, Frei.Wild bieten nicht nur einfache Erklärung für komplexe Probleme, sondern schweißt die Fans zu einer Gemeinschaft zusammen – „Feinde deiner Feinde“ haben sie ihre jüngste CD getauft. Bei den Gigs recken wütende junge Männer trotzig ihre Fäuste in die Luft und schwören, nie aufzugeben. Schuld an der eigenen Misere sind auch hier linke Gutmenschen, etablierte Politiker sowie „die“ Medien. Von denen fühlt sich auch die Band schlecht behandelt – und rief daher eine eigene Webseite ins Leben: „Die Macht der Medien“. Hier werden Presseberichte in gut und schlecht eingeteilt – so wie der ganze Frei.Wild-Kosmos von einem klaren Freund-Feind-Denken geprägt ist. Übrigens haben auch AfD-Anhänger eine eigene Webseite aufgesetzt, um gegen die „mediale Hetze“ vorzugehen. Sogar eine Art Internet-Pranger für Journalisten gibt es hier; die Parteispitze distanzierte sich zwar, doch auf der eigenen Facebook-Seite bewirbt man die Seite bis heute.

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Stephan Wehowsky: Gastkommentar zu NSA und Big Data - Das neue Paradigma verstehen

Im Zusammenhang des Aufrufs zur Verteidigung der Demokratie hat der Schriftsteller T. C. Boyle eine Formulierung gefunden, die der heutigen Situation relativ nahekommt: «Während wir schliefen, haben die Maschinen die Welt übernommen, genau wie es die alten Science-Fiction-Filme voraussagten.» Statt «Maschinen» müsste man besser sagen: «Informationstechnologien» oder noch genauer: «das Informationsparadigma». Erst dann wird nämlich klar, warum unsere überkommenen Vorstellungen von Privatsphäre und der Politik, die zumindest in freiheitlichen Ländern diesen individuellen Raum zu schützen habe, unserer Zeit nicht mehr gerecht werden. Denn das Informationsparadigma löst die Privatheit ebenso auf wie das Individuum und die Regeln der herkömmlichen Politik. Dieses Paradigma hat eine ähnliche gesellschaftliche Wucht wie einstmals die Einführung der Geldwirtschaft. Denn es verändert unsere herkömmlichen Wahrnehmungen dadurch, dass die neue Währung der Information bisherige Konventionen ebenso sprengt wie das Geld, das die Grenzen zwischen Ständen relativiert und zuletzt aufgehoben hat.

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Donnerstag, 12. Dezember 2013

Hoo Nam Seelmann: Diktat westlicher Schönheit - Die Traurigkeit der Mandelaugen - Die Mandelaugen gelten als ein Merkmal der mongolischen Rasse. Um die Augen vor der Kälte zu schützen, machte die Evolution die oberen Augenlider dicker und schwerer. Was einst Schönheitsideal war, wird heute zunehmend als Makel empfunden. Wie in Südkorea legen sich immer mehr Menschen unters Skalpell.


Die Mandelaugen gelten als ein Merkmal der mongolischen Rasse. Um die empfindlichen Augen vor der Kälte zu schützen, wurden, so die Evolutionstheorie, die oberen Augenlider dicker und schwerer. Die Augen lassen sich darum nicht ganz öffnen. Menschen, die Mandelaugen haben, besitzen auch flache Gesichtszüge und eine niedrige Nasenwurzel. Dass die Augen der Europäer gross erscheinen, hat unter anderem mit der Beschaffenheit der oberen Augenlider zu tun. Diese sind dünn und lassen sich beim Aufschlagen weit nach hinten aufklappen. Man sieht mehr von den Augen. Die gesamte Anatomie des Gesichts ermöglicht dies: Die Nasenwurzel liegt hoch, die Stirn ist vorgewölbt, und die Augenhöhlen sitzen tief. Ein weiterer wichtiger Faktor ist, dass die Augenlider an ihren unteren Enden Falten besitzen.


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András Schiff: Hungarians must face their Nazi past, not venerate it - A new statue of Admiral Horthy – Hungary's war-time ruler and Hitler's ally – symbolises a refusal to face up to the country's darkest history


Antal Rogán – a spokesman for the governing Fidesz party – is worried about Hungary's negative reputation abroad. He has every reason to be troubled, because the country is responsible for some of the worst news within the European Union. Let's face it, there are no Hitler statues in Germany, and in Austria they are constitutionally forbidden. The same is true of Mussolini in Italy, Pétain in France, Ion Antonescu in Romania or Josef Tiso in Slovakia. None of them is being commemorated and extolled.


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Chris Johns: What lessons can be learned from economic recovery? - Europe obsesses about who will pay for future bank bailouts while failing to deal with consequences of the last


Europe, as is painfully familiar, pursued an alternative policy mix. Aggressive fiscal austerity in many countries was accompanied by reluctant and relatively feeble monetary stimulus. One consequence of which, which has not attracted enough comment or analysis, is that the euro has been too strong. Japan lost two decades (not just one) pursuing a policy mix that led, until very recently, to an over-valued currency. Another difference between the US and the UK on the one hand and the euro area and Japan on the other is the speed which banking systems have been cleaned up.


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Werner J. Marti: Drogenpolitik - Kehrtwende in Lateinamerika


Angesichts dieser Tragödie erstaunt es nicht, dass in letzter Zeit in Lateinamerika und selbst in den USA zunehmend Stimmen nach einer Änderung der bisherigen Anti-Drogen-Strategie rufen. Denn es ist gerade die Prohibition, die – wie seinerzeit beim Alkoholverbot in den USA – die Mafia entstehen liess und so stark und gefährlich machte. Es wirkt geradezu zynisch, wenn heute vielerorts in Europa und in den USA der Drogenkonsum de facto geduldet wird, aber gleichzeitig von den Lateinamerikanern erwartet wird, dass sie weiterhin die hohen menschlichen Kosten der Bekämpfung des Anbaus und des Handels tragen.


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Claudia Aebersold Szalay: Kosten der Regulierung - Deutsche Banken fürchten sich vor gemeinsamen Töpfen


Grundsätzlich wollen die Banken, die bei der Präsentation der Studie zwar zugegen waren, aber nicht der Auftraggeber der Untersuchung sind, die verschiedenen Regulierungsvorstösse – Kosten hin oder her – gar nicht infrage stellen und auch nicht über sie jammern. Sie hatten am Mittwoch im Gegenteil sogar Grund zur Freude. Denn nicht Mifid und CRR sind es, die die deutschen Banken fürchten, sondern das, was sie selbst «Europäisierung der Töpfe» nennen, also dass deutsche Institute künftig für Bankenpleiten in Griechenland oder Irland aufkommen könnten. Der in Brüssel in der Nacht auf Mittwoch gefundene Kompromiss eines gemeinsames Rettungstopfs mit vorerst nationalen Kammern ist genau nach dem Gusto der deutschen Kreditwirtschaft – für einmal ist diese denn auch mit Finanzminister Schäuble zufrieden, der sich in diesem Punkt erfolgreich für die deutschen (Banken-)Interessen eingesetzt hat.


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boese-geschaefte.com: Abgezockt vom Saubermann – Betrug durch Bertelsmann - Diesen Blog habe ich gestartet, weil meine Großeltern übel von Bertelsmann und seinen Handlangern über den Tisch gezogen wurden. Über die Jahre haben sie tausende Euro als angebliche Wertanlage in wertlosen Papiermüll in Form angeblich wertvoller Bücher investiert. Ich habe inzwischen viele Informationen zusammengetragen und auch Kontakte zu Anwälten und anderen Geschädigten. Ich veröffentliche das hier in der Hoffnung, dass wir diesen Betrügern das Handwerk legen können.

Eintrag von Michaela (3. Juli 2013):


Hallo an alle, bei uns war es am Dienstag auch mal wieder so weit, ein Vertriebsleiter von Bertelsmann rief an um uns zu informieren das noch einige CDs und Begleitbände zu den CDs fehlen würde, die wir im Februar diesen Jahres zu den Büchern der Lexikothek gekauft haben, die er uns nun mit unserem Zahlungsplan liefern wolle. Ich sagte von Anfangan, das ich kein Interesse an einem weiteren Verkaufsgespräch hätte ( es wäre dann schon das vierte) und er sicherte mir zu, das es sich lediglich um eine Lieferung handeln würde. Ich stimmte dem zu. Als er dann kam stellte sich heraus das es sich doch um ein Verkaufsgespräch handelte. (war ja eigentlich schon klar) Aber nun kommt der Hammer. Er kam mit dem 2. Teil der Lexikothek auf CD,die uns laut Gespräch im Februar komplett,ich habe mehrmals nachgefragt, verkauft wurde,um uns diese nun zu verkaufen. Da uns das gleiche auch mit den Büchern passiert ist war ich bei den CD´s schon vorsichtiger, aber laut Gespräch handelt es sich hier um eine Pyramide, wo eins auf dem anderen aufbaut und eins ohne das andere keinen Sinn macht. Heute weiß ich auch, das das Blödsinn ist aber ich war halt gutgläubig. Nun zurück zu Dienstag. Er schob erst alles auf den Verkäufer im Februar so nach dem Motto falsche Beratung usw. gab aber im Laufe des Gespräches zu , das hier eine klare Verkaufsstrategie zu Grunde liegt, erst die Hälfte des Produktes zu verkaufen und dann nach ein paar Monaten mit dem zweiten Teil zu kommen. Laut Aussage des Vertriebsleiters springen auch 90% der Leute darauf an. Wir haben nichts mehr gekauft und werden uns nun auch fachliche Hilfe suchen,um zu klären ob hier nicht Betrug oder ähnliches vorliegt.Mein Fazit ist nun bei der Firma Bertelsmann ( soweit ich das steuern kann bei diesem riesigen Unternehmen) nichts mehr zu kaufen. Meine nun mehr als 17 Jahre bestehende Clubmitgliedschaft ist auch gekündigt. Ich weiß das die nicht auf mich angewiesen sind aber ich kann alle nur warnen Hände weg von Bertelsmann. Gute Nachschlagewerke, ist die Lexikothek meiner Meinung nach auf jeden Fall, gibt es anderswo auch zu dem Preis und das ohne unfaire Mittel!!!!!

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nachdenkseiten.de: Quo vadis Bildung? - Seit Jahr und Tag werden uns die „Bildungsrepublik Deutschland“ und „Vorrang für Bildung“ versprochen. Geschehen ist in all der Zeit nicht wirklich viel. Wird sich dies nun ändern – mit und dank der Großen Koalition? Jens Wernicke sprach mit Ulrich Thöne, ehemaliger Vorsitzender der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW).


"Schwarz -Rot wird mit nahezu 80% den Bundestag majorisieren. Ein kräftiges Argument könnte die Notwendigkeit sein, starke Mehrheiten für einen Aufbruch schaffen zu müssen – so wie in Finnland in den 70er. Aber nicht einmal das mittlerweile von fast allen als falsch angesehene Kooperationsverbot, das heißt die finanzielle Beteiligungsmöglichkeit des Bundes an Bildungsausgaben der Länder, soll korrigiert werden. Dafür droht im Länderfinanzausgleich eine weitere Entsolidarisierung. Gleichzeitig wird die Chance leichtfertig vertan, aus der Verpflichtung zur inklusiven Bildung einen Schritt zur Verbesserung der Bildungseinrichtungen zu machen und den Kinder und Jugendlichen sowie den beteiligten Pädagoginnen und Pädagogen drohen weitere unzumutbare Verschlechterungen."


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Jürg Dedial: Piskorski - Die Verjagten Verfrachtet durch ganz Europa - Das Thema von Flucht und Vertreibung wird im deutschsprachigen Raum zumeist mit einer deutschlastigen Optik behandelt. Ein umfangreiches Werk des polnischen Historikers Jan M. Piskorski korrigiert diese oft einseitige Betrachtungsweise. - Rezension zum Buch: Jan M. Piskorski, Die Verjagten. Flucht und Vertreibung im Europa des 20. Jahrhunderts, Siedler-Verlag, Berlin 2013. 432 S.

Der Text widmet sich ausführlich den Massenvertreibungen von Serben im Ersten Weltkrieg, von Armeniern und Griechen, den furchtbaren Verfolgungen und Deportationen unter Stalin und dann der Vertreibung von «nichtarischen» Volksgruppen durch die Nazis zu Beginn des Zweiten Weltkriegs. Im Einklang mit der nationalsozialistischen Rassenlehre sollte hier den «heim ins Reich» geholten Volksdeutschen neuer Lebensraum verschafft werden, noch ehe die Hitler-Barbarei im Wahnsinn des Holocausts gipfelte. Dass das prekäre Glück der Neuzuzüger auf Kosten anderer nicht einmal drei Jahre dauerte, ist die bittere und brutale Ironie der Geschichte, die immer mehr von Rache und Vergeltung geprägt wurde. Die letzte grosse Woge von Flucht und Vertreibung setzte schliesslich mit dem Vorrücken der Roten Armee und der Konsolidierung der Sowjetmacht in Osteuropa ein – eine gigantische Woge menschlichen Leids, die sich jetzt nach Westen wälzte und deren Wunden bis heute nicht vollständig verheilt sind.

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Thomas Speckmann: Mazower - Die Welt regieren - Die Regierbarkeit der Welt - Die Idee der Weltregierung ist überholt. Dennoch wird heute globale Grundsatzpolitik gemacht wie nie zuvor. Der Historiker Mark Mazower zeigt Vorstellungen und Ausprägungen globaler Ordnung in Vergangenheit und Gegenwart auf. - Rezension zum Buch: Mark Mazower, Die Welt regieren. Eine Idee und ihre Geschichte von 1815 bis heute, Verlag C. H. Beck, München 2013. 464 S.

Um dem Kontinent nach Napoleons endgültiger Niederlage eine neue Ordnung zu geben, wurde 1815 das erste Modell einer internationalen Regierung gestaltet: das Konklave der Grossmächte am Wiener Kongress. Als Reaktion auf diesen entstand wiederum der Internationalismus des 19. Jahrhunderts. Dessen Vertreter gingen davon aus, dass er zusammen mit dem Nationalismus als dem einflussreichsten politischen Glaubenssatz der damaligen Zeit die Welt zu einem besseren Ort machen werde. Dabei erinnert vieles von dem, was Mazower schildert, an die heutige Zeit: Kaufleute und Journalisten forderten freien Handel und weitergehende Industrialisierung. Wissenschafter verbreiteten technisches Wissen und verwirklichten Grossprojekte, welche die Menschheit einen sollten. Juristen drängten Staaten dazu, auf Kriege zu verzichten und ihre Konflikte durch einen Weltgerichtshof beizulegen. Und bereits gegen Ende des 19. Jahrhunderts hielten Geheimpolizisten Europas internationale Kongresse ab, um den Terrorismus besser bekämpfen zu können.

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Martin Meyer: Zeitungszukunft

"Durchschlagskraft" bedarf somit eines Rahmens; einer Gestalt, die Evidenz beglaubigt, indem als Instanz das gedruckte Medium auftritt und als solches anerkannt ist. Instanz wiederum bedarf zu ihrer Anerkennung gerade nicht einfach der aus öffentlichen Mitteln gespeisten Subvention. Denn Glaubwürdigkeit ist beschädigt, wenn im Hintergrund das staatliche Über-Ich die Fäden ziehen könnte. Glaubwürdigkeit wiederum bindet sich an Autorität. Urteilskraft, Sachverstand, Begründungsmacht und weitere Attribute aus dem Fundus einer mit Tradition verbundenen Leistung wirken dabei mit am gesellschaftlich Allgemeinen. Dieses ist seinerseits abhängig von politisch-rechtlich verfasster Ordnung.

Hinzu kommt Technisches. Denn gegen die virtuellen Unendlichkeiten des Webs und seiner Links organisiert die gedruckte Zeitung auf begrenzter Fläche und für abgeschlossene "Zeit" eine Wahl, die als Regie der Meinungsmacher akzeptiert wird: Der Leser entlastet sich wohltätig von den Zwängen, fortlaufend weiteren Optionen nachzuklicken. Selektion und Reflexion, der Umgang mit Begriffen und Ideen, Korrekturen und Refuktionen gegenüber den Social Media und ihrem Dauergewitter - das alles wird hier bedacht und ins Recht gesetzt. Dürfen wir ergo eine "Doppelstruktur" von Print und digitalen Medien erwarten? Es wäre jedenfalls zu wünschen. Oder mit den Autoren gesprochen: "Tatsächlich erwächst die größte Zukunftschance der bedruckten Zeitung aus der Konsequenz, mit der sie dem Überfluss von Optionen im Netz die Verknappung der Optionen im Print gegenüberstellt, redaktionell wie technologisch." - Warten wir's ab.

(Aus: Neue Zürcher Zeitung, 10. Dezember 2013, Nr. 287, S. 19)

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Mittwoch, 11. Dezember 2013

Jonathan Mirsky: China - Five Pounds of Facts

Many ambitious parents in the UK are now seeing to it that their children learn Chinese, which, Wilkinson reports, is now the mother tongue of 10 percent of the world’s population; it may soon be almost double that. English, meanwhile, is spoken by 25 to 30 percent, but this dominance is declining. Will Chinese replace English as the global language? Wilkinson thinks not. The same alphabet is used in hundreds of world languages, while Chinese characters, which must be memorized one by one, are used mostly in China. “The prestige of English as the language of the rich and powerful may still survive intact,” he concludes, “Chinese will gain in influence as a second language.” If Wilkinson, for whom spoken and written Chinese must be much like a second language, says so, that’s good enough for me.

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Svenja Bergt: Kommentar - Googles Anti-Spähkampagne - Verlogen? Genau! - Große Internetkonzerne wie Google oder Facebook starten eine Kampagne gegen Spionage. Selbst wollen sie auf das Datensammeln aber nicht verzichten.

Dass die großen Internetkonzerne sich nun für weniger Überwachung aussprechen, heißt also nicht, dass sie weniger Überwachung wollen. Sie haben nur Angst davor, Nutzer zu verlieren.

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Michael Müller: Wider die Natur - Der Wissenschaftler Paul Trutzen hat als Erster erkannt, dass der Mensch stärkster Treiber für die Zerstörung der Erde ist und nannte das Phänomen "Anthropozän". Zeit, umzudenken

Paul Crutzen ist in diesem Sinne ein Vordenker für eine globalisierte Wissenschaft und Wirtschaft im Geiste Alexander von Humboldts. Der deutsche Universalgelehrte versuchte "in der Mannigfaltigkeit die Einheit zu erkennen, die unter der Decke der Erscheinungen verhüllt liegt", wie er schreib. Humboldt sah die Natur als ein durch innere Kräfte bewegtes und belebtes Ganzes an. Er verstand Wissenschaft nicht als etwas Statisches, sondern als einen dynamischen Prozess der Aufklärung.
Crutzens Sichtweise schafft die Voraussetzung für eine Verantwortungsethik, die auf die gesamte Menschheit gerichtet ist. Die Idee des Anthropozän liefert einen intellektuellen Ausgangspunkt für das überfällige Projekt einer anderen, nachhaltigen Moderne. Das Konzept benennt den Menschen und seine falsche Einrichtung der Welt als Hauptverantwortlichen für die ökologische Krise. Zugleich fordert es von ihm, die Rolle des Ausbeuters der Natur abzustreifen und zum guten Gärtner zu werden. Trutzen glaubt an die Kraft von Wissenschaft und Forschung, sein Konzept des Anthropozän verlangt, nicht vom scheinbar Machbaren zu reden, sondern zuerst von dem Notwendigen - und dann über seine Machbarkeit zu streiten.

(Aus: DIE ZEIT, 5. Dezember 2013, Nr. 50, S. 33)

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Dienstag, 10. Dezember 2013

Petra Pinzler: Extrarechte für Multis - Das Handelsabkommen mit Amerika soll US-Investoren besonders schützen - sogar vor deutschen Gesetzen

Starke Argumente liefern auch amerikanische Bürgerrechtler. Denn die haben erlebt, wie ihre Regierung in den vergangenen Jahren immer wieder Handelsabkommen mit ärmeren Ländern abgeschlossen hat, in denen der Investitionsschutz aggressiv durchgesetzt wurde. Dabei lautete das wohlklingende Argument: Diese Klauseln seien für alle Seiten gut. Amerikanisches Kapital fließe eben nur in andere Länder, wenn es dort auch sicher investiert werden könne. Die Regierungen des Südens ließen sich darauf ein, weil sie tatsächlich nicht die gleichen Rechtsstandards bieten können wie die USA. Doch inzwischen bereuen viele ihre Leichtgläubigkeit.
Die Zahl der internationalen Schiedsverfahren ist in den vergangenen Jahren stark gestiegen: 2012 zählte die Handels- und Entwicklungsorganisation Unctad 514 laufende Verfahren, 58 sind innerhalb eines Jahres neu dazugekommen. Immer öfter werden arme Länder von Rohstoffunternehmen aus den Industrieländern verklagt und in zwei Dritteln der Fälle auch zu Schadenersatz verurteilt. Im Oktober 2012 musste Ecuador dem amerikanischen Ölkonzern Oxy 1,7 Milliarden Dollar zahlen, weil es Bohrrechte nicht verlängern wollte. Peru soll 800 Millionen Dollar an Minenfirmen zahlen, weil Schürfrechte in La Oroya nicht länger gelten.
(Aus: DIE ZEIT, 5. Dezember 2013, Nr. 50, S. 25)

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Emanuel Eckardt: Der Bildermann - Am 25. Dezember wäre er 100 geworden: Henri Nannten, der seinen "stern" zum Weltmagazin machte

Dieser Erfolg weckt Begehrlichkeiten. 1965 hatten Buccerius, Verleger Jahr und Drucker Gruner ihre Unternehmen zur Gruner + Jahr GmbH & Co zusammengeschlossen. Als Gruner, entsetzt über den Linkskurs des sterns, seine Beteiligungen abstößt, steigt Bertelsmann ein. Ende 1976 besitzen die einstigen Buchclubkönige aus Gütersloh 74,9 Prozent. John Jahr 25,1 Prozent. Gruner + Jahr wird zur Aktiengesellschaft, und Buccerius ist nun, im Tausch gegen seine Anteile, bei Bertelsmann mit 10,74 Prozent beteiligt. Er hat nie bestritten, wem er das verdankt: "Ich wurde dank Nannten doch recht wohlhabend und konnte die Defizite der ZEIT bezahlen."
(Aus: DIE ZEIT, 5. Dezember 2013, Nr. 50, S. 21)


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Marlis Tepe: Ihr seid nicht die Schule der Nation - Nicht die Bundeswehr ist zum Politikunterricht sa, sondern wir, die Lehrer. Eine Entgegnung auf Dominik Wullers

Die Bundeswehr ist keine Bildungseinrichtung. Den Bildungsauftrag haben die Schulen und ihre Lehrerinnen und Lehrer - sie sind die Fachleute. Dabei lautet der vom Gesetzgeber vorgesehene Auftrag, Schülerinnen und Schüler zu demokratischem Handeln, Kritikfähigkeit, Gewaltfreiheit und Toleranz zu erziehen. Ob und inwieweit Soldatinnen und Soldaten Eingang in Schule und Unterricht finden, sollten wir Lehrkräfte entscheiden dürfen. Das dürfen wir jedoch meist nicht: Die von vielen Landesregierungen beschlossenen Kooperationsabkommen räumen der Bundeswehr weitreichende Möglichkeiten bei der Gestaltung des Politikunterrichts sowie in der Lehreraus- und fortbildung ein. Im Saarland, in Hessen, Bayern und Baden-Württemberg werden die Angebote der Jugendoffiziere beispielsweise direkt über die Verteiler der Regierungspräsidien an die Schul- und Fachbereichsleiter verschickt. Von einem derart privilegierten Zugang können andere Institutionen nur träumen.
(Aus: DIE ZEIT, 5. Dezember 2013, Nr. 50, S. 15)

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Inge Hannemann: Gemeinsamer Mut und unbändiger Wille werden die 50000 knacken

Kreativität, Menschentrauben vor den Jobcentern, Mails zur Verbreitung, Mundpropanda und das persönliche Unterschriftensammeln vor Ort zeigte alle Facetten. Ein Wirbelwind durchzog die Straßen voller Enthusiasmus, Motivation und dem unbändigen Wollen und Willen das Ziel von 50 000 zu erreichen. Die Halbzeit ist angebrochen. Der aktuelle Stimmenanteil überwiegt den Quotient der Halbzeit. Und die Stimmung bleibt und ist petitionsbeständig. „Wir machen es nicht nur für uns, sondern für die Zukunft unserer Kinder und Enkelkinder. Es gibt nicht mehr Arbeit für alle. Darum raus und Unterschriften sammeln. Jeden kann es treffen“, ein Satz, der den Kern der Sache trifft. So leben wir zwar im Heute, aber was ist morgen? Eine Zukunft im steigendem prekären Arbeitsmarkt, eine Zukunftsrente, die erst nach 45 Beitragsjahren abschlagsfrei ist und einer kommenden Bildungspolitik, welche die Starken stärkt.

Petition für die Abschaffung der Sanktionen nach dem Sozialgesetzbuch II und XII - alle relevanten Informationen und Links!

Inge Hannemann und Horst Schneider (Stellvertretender Vorsitzender der Bezirksfraktion DIE LINKE in Altona) am 9. Dezember 2013 auf der Hamburger Montagsdemo, Mönckebergstraße



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Samstag, 7. Dezember 2013

Sibylle Berg: Hass und Toleranz - Menschen mit Angst und solche ohne - Die einen reden berechtigt von Heimat und Werten, die anderen von Toleranz. Dazwischen ist ein Graben mit Vorurteilen gefüllt. Wir brauchen aber keinen Hass - sondern sorgfältige politische Überlegungen, an denen alle teilhaben können.


Deutschland ist ein Sozialstaat, der nicht wegen der sogenannten Sozialschmarotzer untergeht. Es geht den Einkommensschwächeren, den Arbeitslosen, den Alleinerziehenden, den Dreifach-Jobbern nicht schlechter, weil das Land Asylbewerber aufnimmt oder weil es Homosexuelle gibt, die heiraten. Der Sozialstaat geht unter, weil alle sich demokratisch auf eine Regierung geeinigt haben, die den nicht regulierten Kapitalismus forciert und den sozialen Gedanken der Demokratie langsam untergräbt. Für die berechtigte Frustration der Mehrheit muss nun ein Ventil her. Ein Schuldiger. Das kennt man aus der Geschichte und wirklich nicht nur aus der deutschen. Heimat ist eine großartige Sache. Sie ist vertraut, sie stiftet Identität, aber das Aussehen der Heimat ändert sich, so wie alles. Und das werden wir mit Hass nicht aufhalten können. Sondern nur mit sorgfältigen politischen Überlegungen, die alle hier, in einem phantastischen freien Land, treffen können.


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Peter Rásonyi: Austerität in Grossbritannien - Sparen und doch immer mehr ausgeben - Die britische Regierung macht wie die Opposition grosses Aufhebens ob der scharfen Austeritätspolitik. Tatsächlich wird der Staatshaushalt nur sehr langsam saniert. Die strukturellen Herausforderungen nehmen gar zu.


Um diesen Kostensprung zu kompensieren, müssen alle anderen Ausgaben umso kräftiger sinken, gemäss den Berechnungen des OBR um 16,7%. Das heisst, es wird anteilsmässig und absolut deutlich weniger Geld zur Verfügung stehen unter anderem für Schulen, Universitäten, Forschung, Verkehrsinfrastruktur, Wirtschaftsförderung usw. Das sind alles Ausgaben, die die derzeit bedenklich geringe Produktivität und die Wirtschaftsleistung des Landes potenziell fördern können, die aber von unproduktiven Sozialtransfers und den Gesundheitskosten zunehmend verdrängt werden. Im Vergleich mit dem preisbereinigt ähnlich hohen Haushalt von 2003 nimmt sich die Verschiebung sehr deutlich aus. Gesundheit, Altersrenten, Soziales und Zinsen werden 2017 gemäss dem IFS 58% des Staatshaushalts beanspruchen. Im Jahr 2003 waren es erst 51%. Wenig spricht dafür, dass dieser ungünstige Trend in absehbarer Zeit gebrochen wird. Die konservativ-liberale Regierung hat im letzten Wahlkampf aus wahltaktischen Gründen versprochen, dass bei Gesundheit und Altersrenten nicht gespart werde. Diese Versprechen hat sie bisher weitgehend eingehalten. Der Haushalt für Gesundheit wächst zwar weiter, aber preisbereinigt nur noch sehr langsam. Die Sparmöglichkeiten sind hier wegen des wachsenden Bedarfs einer alternden Gesellschaft eng begrenzt. Leistungsmangel und Probleme im Nationalen Gesundheitsdienst nehmen bereits wieder sichtbar zu. Ob eine unübersichtliche, von der Regierung eingeleitete Gesundheitsreform ihr Ziel erreichen wird, die Produktivität des Sektors bei karger werdenden Finanzmitteln markant zu erhöhen, ist höchst zweifelhaft.


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Sieglinde Geisel: Fotografien von Wanderarbeitern - Ästhetik der Armut - Das Hamburger Museum der Arbeit zeigt in einer Ausstellung Bilder von neun Fotografen, die in unterschiedlichen Weltgegenden unterwegs waren und das Schicksal von Wanderarbeitern in Foto-Zyklen festgehalten haben.


Die Recycling-Arbeiterin vor einem Berg zartbunter Plasticflaschen, der in der Dämmerung davonhastende Bettler, die nackte «Hostess» vor dem Hotelbett – das sind effektvolle Fotos, nach allen Regeln der Kunst. «Gibt es eine Ästhetik der Armut?», fragt ein Besucher leicht irritiert im Gästebuch. Gibt es einen Widerspruch zwischen Ästhetik und Ethik, zwischen Kunst und Politik? Wenn Fotografie unhaltbare Zustände zeigt, spielt es eine Rolle, ob sich der Fotograf für seine Sujets interessiert oder nur für sein Bild. Dabei geht es immer auch um den Kontext der Aufnahmen. Andrea Diefenbach etwa hat von 2007 bis 2009 in der Moldau fotografiert, einem «Land ohne Eltern», wie sie es nennt. Sie gibt Einblick in einsame Kindheiten: Drei Mädchen sitzen auf dem Bett und schauen fern, ihre Mutter Tanja hat sie im Alter von 8, 10 und 12 Jahren für drei Jahre allein gelassen, um in Italien Geld zu verdienen. Inzwischen hat Tanja einen legalen Aufenthaltsstatus, die älteste Tochter geht in Chisinau zur Schule, die beiden jüngeren hat sie nach Italien geholt.


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Neue Zürcher Zeitung: Karikatur aus der NZZ vom 7./8.12.2013 - R.I.P. Nelson Mandela und Marcel Reich-Ranicki




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Freitag, 6. Dezember 2013

Steffen Roski: Was mich politisch bewegt - eine Zwischenbilanz

Seit Anfang Juni 2013 lebe ich in Hamburg. Es gab mehrere Beweggründe dafür, mein bisheriges Leben - Lehrer an einer niederrheinischen Gesamtschule, Mitglied im Rat der Stadt Xanten - aufzugeben und - zunächst als Aktivist bei Occupy Hamburg - einen Neuanfang zu starten.

Mein Blog "Wissen schafft Gesellschaft" stellt eine Art virtuelle Kontinuitätslinie dar, die meine Vergangenheit mit der Gegenwart verbindet. Deshalb veröffentliche ich diese persönlich-politische Zwischenbilanz auch hier - und bin mir dabei bewusst, dass dies wohl nur wenige Menschen interessiert.

Was also bewegt mich politisch?

Auch weiterhin setze ich mich kritisch mit Bertelsmann, dem in Europa größten Medien und Informationsdienstleistungskonzern, auseinander. Mein besonderes Augenmerk gilt dabei der Bertelsmann Stiftung, die rund 80 Prozent der Kapitalanteile der AG hält und für den Mutterkonzern als eine steuerlich-staatlich begünstigte Forschungs- und Entwicklungsabteilung fungiert.

Das Wirken der Bertelsmann Stiftung ist symptomatisch für postdemokratische Netzwerkmacht und geht weit über das hinaus, was in der politikwissenschaftlichen und massenmedialen Folklore mit dem Begriff Lobbyismus belegt wird. Mir ist daran gelegen, an einem konkreten Fallbeispiel die polit-ökonomischen Wechselwirkungszusammenhänge fortgeschrittener kapitalistischer oder post-fordistischer Gesellschaften aufzuzeigen.

Zwei Politikfelder stehen dabei im Mittelpunkt meines Interesses.

Zum einen die Bildungspolitik. Dass ein global operierender Medien- und Informationsdienstleistungskonzern wie Bertelsmann Wertschöpfung im "Wachstumsmarkt" Bildung zu generieren beabsichtigt, liegt auf der Hand. Über die Bertelsmann Stiftung gelingt es dem Konzern immer wieder aufs Neue, in Ministerien, Schulbehörden, Parlamente, Universitäten, Hochschulräte, einzelne Schulen, Bildungsgewerkschaften und -verbände, Kindertageseinrichtungen und anderen Institutionen vorzudringen und so den "Markt" für Bildung für die AG-Interessen zu öffnen.

Zum anderen die Arbeitsmarktpolitik. Die "Agenda 2010" mit ihren arbeitsmarktpolitischen Bestandteilen - insbesondere das die Menschenwürde verletzende Straf- und Repressionsregime Hartz-IV - wurde maßgeblich von der Bertelsmann Stiftung mitkonzipiert. Die Studien der Rechtswissenschaftlerin Helga Spindler und des Journalisten Thomas Schuler mögen hier als Beleg angeführt werden. Wenn man einmal überlegt, dass eben jene Konzerne von der stiftungsseitig propagierten so genannten "Flexibilisierung" und De-Regulierung des Arbeitsmarktes profitieren, die in den Medienkanälen der Bertelsmann AG (RTL, Tageszeitungen, Zeitschriften, Internetdiensten etc.) Werbekampagnen schalten, wird die enge Verknüpfung zwischen der Bewusstseinsindustrie, Multis und politisch-administrativen Entscheidern offenkundig.

Besonders unterstütze ich die Arbeit von Inge Hannemann, die sich in ihrer Tätigkeit beim Hamburger Jobcenter der Hartz-IV-Sanktionspraxis widersetzt hat. Wir brauchen mehr Menschen, die bereit sind, ihre Stimme gegen das System zu erheben - auch wenn dies die eigene berufliche Position gefährdet!

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MAX HASTINGS: Yes, too many young Britons are work-shy: Shame it takes a Romanian minister to say what our own politicians daren't -

Traditional middle-status, middle-skilled jobs are being relentlessly destroyed by technology. For the rest of the 21st century, at the top there will be high demand for high-skill, high-reward jobs; meanwhile at the bottom, an army of workers will be needed to perform personal service jobs, for instance in the huge health and hospitality industries. It is our choice, or rather that of school-leavers, whether the latter jobs get done by themselves or by immigrant labour. A substantial proportion of Britain’s less skilled young people can either accept jobs as nurses, waiters, chambermaids, drivers, kitchen hands; or they can let foreigners have them, and doom themselves to long-term unemployment.

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Fabian Leber: Einwanderung aus Rumänien und Bulgarien - Unser Problem mit Europas Freizügigkeit - Innenminister Hans-Peter Friedrich warnt vor Einwanderung - vor allem von Roma aus Rumänien und Bulgarien. Dabei ist nicht das Prinzip der europäischen Freizügigkeit das Problem. Es passt nur nicht zum deutschen Sozialstaatsgedanken.

Ausgerechnet der Zentralratsvorsitzende der Sinti und Roma in Deutschland, Romani Rose, hat darauf kürzlich hingewiesen. Er sagte: „Integration ist immer eine Sache, die von beiden Seiten geleistet werden muss.“ Damit offenbart er einen realistischeren Blick auf die Angelegenheit als viele Politiker, die so tun, als käme der Hinweis auf einen eventuellen Missbrauch von Sozialleistungen einem Verrat an der Idee der europäischen Einigung gleich.

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Donnerstag, 5. Dezember 2013

Susan Bonath: Schikanen beenden - Aktionen vor Jobcentern: Unterstützer der Petition von Inge Hannemann sammeln bundesweit Unterschriften gegen Hartz-IV-Sanktionen


In Magdeburg trugen Unterstützer am Dienstag rund 250 Unterschriften zusammen. Auf die Hilfe der Linken mußten sie dabei verzichten. Während Parteivorsitzende Katja Kipping selbst in Berlin für Mitzeichner warb, »hat der Stadtverband unsere Anfragen ignoriert«, monierte eine Sprecherin der Initiative. Sachsen-Anhalts Fraktionschef Wulf Gallert wies jW auf Nachfrage darauf hin, daß sich ja die Bundesarbeitsgemeinschaft Grundeinkommen seiner Partei mit dem Thema befasse. Dies enttäuschte die Initiatoren: »Allein mit den über 60000 Mitgliedern der Linken würde das Quorum erreicht.« Auch in Magdeburg reagierte das Gros der Betroffenen erfreut. So warben etwa Fabian Krause und Benjamin Schmidt (Namen geändert) gleich weitere Passanten. Gegenüber jW berichteten sie, daß das Amt dem 21jährigen Schmidt die komplette Leistung wegen zwei versäumter Termine streichen wolle. Er habe vergessen, einen zehntägigen Klinikaufenthalt zu melden und die Einladungen zu spät gefunden. »Ich war zwei Jahre drogenabhängig und leide bis heute unter dem Entzug«, erklärte Schmidt. Jetzt wolle er »da unbedingt rauskommen« und suche einen neuen Ausbildungsplatz. Sein Begleiter findet es »skandalös«, junge Menschen in einer solchen Situation so hart zu bestrafen«.


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bildungbraucht.de: Offener Brief


Die Finanzierung des Schulbesuchs, Studiums oder der Berufs- bzw. weiterbildenden Ausbildung muss allen Menschen ermöglicht werden, wobei ein reformiertes BAföG das hierfür passende Breitenförderungsinstrument ist. Ein Modell, das sich nicht an Alter oder sozialer Herkunft der Empfänger*innen orientiert und als Voll - zuschuss ausgezahlt wird, kann die soziale Selektivität des Bildungssystems zumindest in diesem Bereich mindern. Daneben fordert die Lebensrealität lebenslangen Lernens, steigender Lebenshaltungskosten und der Bachelor-/Master-Studiengänge weitere Anpassungen: Das Förderungshöchstalter muss dabei wegfallen. Zudem gilt es, die Vergabekriterien für eine gerechtere und von unnötiger Bürokratie befreite BAföG-Vergabe zu überprüfen und zu entschlacken.


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BdWi: Erklärung des BdWi-Vorstandes zur Kooperation deutscher Wissenschaftseinrichtungen mit dem Pentagon

Keine Forschung für globale Kriegsführungsfähigkeit

Recherchen des Norddeutschen Rundfunks (NDR) und der Süddeutschen Zeitung (SZ)
deckten auf, dass vom US-Verteidigungsministerium in den letzten 13 Jahren für
etwa 10 Millionen Dollar Forschungsprojekte an deutschen Hochschulen und für
etwa 1 Millionen Dollar an hochschulfreien, staatlich finanzierten
Forschungseinrichtungen wie die Max Planck Gesellschaft oder das
Frauenhofer-Institut für Kurzzeitdynamik gefördert wurden. Vier der geförderten
Hochschulen haben sich mit einer Zivilklausel in der Grundordnung zu einer
Forschung ausschließlich für zivile Zwecke verpflichtet. Die Palette der
Vorhaben setzt sich zusammen aus direkter Wehrforschung (etwa an Munition und
Sprengstoffen), aus Projekten, die in einem zivil-militärischen Graubereich
(›dual use‹) stattfinden und solchen, die – offenkundig mit dem Zweck der
Verharmlosung – als ›reine Grundlagenforschung‹ (Universität Bremen, Universität
des Saarlandes) deklariert werden. Diese Enthüllungen bekräftigen politische
Bestrebungen zu einer flächendeckenden Einführung von Zivilklauseln, die der
BdWi aktiv unterstützt. An der aktuellen Situation ist einiges bemerkenswert:

1. Es bedarf offenbar aufwendiger journalistischer Recherchen von außen, damit
die BürgerInnen dieses Landes erfahren, was an öffentlich finanzierten
Wissenschaftseinrichtungen eigentlich passiert. Die Hochschulen müssen
nachdrücklicher verpflichtet werden, sämtliche Projekte, Kooperationen und
entsprechende Verträge offen zu legen.

2. Der Hinweis auf angebliche Grundlagenforschung als Entlastungsargument. Die
Wissenschaftsforschung weist seit langem darauf hin, dass Grundlagen- und
Anwendungsbezug immer enger verzahnt sind und die Weichen für praktische Nutzung
von Ergebnissen häufig schon im Grundlagenbereich gestellt werden. Niemand wird
sich wohl den Bären aufbinden lassen, dass ausgerechnet das Pentagon als
selbstloser Förderer zweckfreier Erkenntnis um ihrer selbst willen in
Erscheinung tritt. Auch wenn die geförderten Projekte vordergründig harmlos
wirken, dienen solche Anschubfinanzierungen auch immer der Anbahnung
langfristiger Kooperationen. Das Interesse dabei ist allemal ein militärisches.
Daher ist auch der Hinweis auf die Geringfügigkeit der Fördersummen (bei
jährlich über 5 Mrd. Euro Drittmittel insgesamt) nicht beruhigend.

3. Schließlich die Instrumentalisierung des ›dual-use‹-Argumentes (zivile und
militärische Nutzbarkeit von Forschungsergebnissen), um Warnungen vor
militärischem Missbrauch der Wissenschaft abzufedern oder gar Zivilklauseln für
überflüssig und wirkungslos zu erklären. Erstens fördern wie in den aktuell
enthüllten Fällen militärische Institutionen Wissenschaft immer in einem
militärischen Interesse. Folglich ist auch der Anwendungsbezug der Ergebnisse
nicht offen, nicht neutral und nicht verhandelbar. Zweitens ist die
›dual-use‹-Problematik gerade ein starkes Argument für Zivilklauseln, auch weil
sich die gesellschaftliche Verantwortung der Wissenschaft ebenso auf die
gesellschaftliche Anwendung ihrer Ergebnisse erstreckt. Zivilklauseln fördern
gerade die öffentliche Reflexion von Forschungsinhalten, ggf. die Darstellung
ihrer Ambivalenz und die Warnung vor militärischem Missbrauch ihrer Ergebnisse.

Der BdWi setzt sich folglich auch weiterhin für die Einführung von
Zivilklauseln an Hochschulen ein und dafür, dass dieser Prozess zusätzlich durch
landesgesetzliche Regelungen unterstützt wird.. 14 Hochschulen haben bereits
eine Zivilklausel eingeführt. Das ist zwar eine Aufwärtsdynamik, aber es müssen
noch mehr werden. Die Zivilklausel hat nicht nur eine negative (Verhinderungs-)
Komponente, sondern bedeutet in letzter Konsequenz die Selbstverpflichtung für
eine Forschung, die zu humanen Lösungen globaler Krisen und Konflikte und zu
einer gerechten globalen Verteilung von Lebenschancen und Ressourcen beiträgt,
kurz: Frieden fördert. Last not least weisen die aktuellen Ereignisse auf die
Notwendigkeit hin, dass an den einzelnen Hochschulen zwischen den akademischen
Gruppen stärker Regeln und Verfahrensweisen der Handhabung von Zivilklauseln
vereinbart werden, damit diese nicht nur ein pathetisch-symbolisches Etikett
bleiben.

Schließlich ist die Forderung der GEW zu unterstützen, dass die Enthüllungen der
Pentagon-Kooperationen auch ein Anlass sein sollten, grundsätzlicher über die
dominanten Muster einer ›wettbewerblichen‹ Hochschulfinanzierung entsprechend
dem Leitbild der „unternehmerischen Hochschule“ zu diskutieren, in der
angesichts einer seit drei Jahrzehnten eingefrorenen Grundfinanzierung um jeden
Preis Drittmittel – egal woher – eingeworben werden müssen allein um den
laufenden Betrieb abzusichern. Dies fördert gerade eine strukturelle
Gleichgültigkeit gegenüber der Verantwortung, den Zielen und Zwecken der
Wissenschaft.


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Tim Parks: Literature and Bureaucracy


So could it be—and this is the question I really want to ask—that however much literature may appear to be opposed to bureaucracy and procrastination, it actually partakes of the same aberration? Balzac’s Comedie humaine with his declared ambition to “compete with the civil registry”; Proust’s monstrous, magnificent Recherche, which he likened to a cathedral, tediously extending the analogy to every section of the work; Joyce’s encyclopaedic aspirations in Ulysses, his claim that Finnegans Wake would be a history of the entire world. Or go back to Dante, if you like, and his need to find a pigeonhole in hell for every sinner of every category from every sphere of society. Or fast forward again to Bouvard and Pécuchet, Flaubert’s two incompetents who react to practical failure by becoming obsessive copiers of literary snippets. This without mentioning the contenders for the Great-American-Novel slot, so eager to give the impression that their minds have encompassed and interrelated everything across that enormous continent (one thinks of the interminable lists of contemporary paraphernalia in Franzen’s writing). In each case, however different in tone and content the texts, life is transformed into a series of categories, made more mental, more a matter of words and intellect; we revel in the mind’s ability to possess the world in language, rather than to inhabit it or change it.


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Caterina Lobenstein: Lobbyismus in der Schule - Erste Stunde: Lobbykunde - Unternehmen zahlen Schulen Geld, um sich dort als guter Arbeitgeber zu präsentieren. Sie nehmen Einfluss auf den Unterricht – und auf die Schüler. Dürfen die das?


Die Zahl der Kooperationen zwischen Schulen und Unternehmen ist seitdem unüberschaubar angestiegen. Es gibt Schulen, in denen kommen Banker in den Unterricht und erklären die Finanzkrise. Es gibt Lehrer, die beim Thema Nachhaltigkeit nicht Schulbücher, sondern Unterrichtsmaterialien von Volkswagen benutzen. Mehr als 800.000 kostenlose Unterrichtsmaterialien für alle Schulfächer sind laut einer Studie der Universität Augsburg zurzeit im Internet verfügbar – die meisten davon finanziert von der Privatwirtschaft. Auch DIE ZEIT stellt Materialien für Schulen zur Verfügung. In Hamburg hat das Glücksspielunternehmen Tipp24 eine Gesamtschule mit Laptops ausgestattet, Rüstungskonzerne sponsern mehrere Schulen, und sogar der Tabakkonzern Philip Morris kooperiert über eine Stiftung indirekt mit öffentlichen Schulen. Laut Pisa-Studie besuchten im Jahr 2006 88 Prozent der 15-Jährigen eine Schule, in der Industrie und Wirtschaft den Unterricht beeinflussen. Die meisten Kultusminister der Länder unterstützen das. Erst vor wenigen Wochen beschlossen sie, die Verbraucherbildung zu stärken – und dafür Unternehmensvertreter in die Schulklassen zu holen.


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Claudia Aebersold Szalay: Bussen der EU-Kommission - Banker bleiben unter Verdacht


So verstärken die Grossbanken rund um die Welt Quartal für Quartal ihre Rückstellungen für Rechtsrisiken. Sie schichten um von schwer abschätzbaren ausserbilanziellen Eventualverbindlichkeiten zu handfesten Rücklagen, sobald sich an einer Stelle konkrete Bussenhöhen abzeichnen. Die Bankverantwortlichen lernen derzeit auf die harte Tour, welche operationellen Risiken allzu sorgloses Gebaren in ihren Institutionen bergen. Ob die diversen, aus dem Schrecken der Stunde geborenen Initiativen zum kulturellen Wandel in ihren Reihen ausreichen werden, um ähnliche Fälle in Zukunft zu vermeiden, ist fraglich. Verfehlungen in den Handelsräumen der Banken müssen angesichts ihrer Häufung in den vergangenen Jahren als systemisch bezeichnet werden.


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Ulla Fölsing: Leonardo der Schutthalden - Hamburg widmet dem kapitalismuskritischen Künstler Santiago Sierra eine umfassende Ausstellung.


Aus Gold und lupenreinen Diamanten schafft er edelste Colliers mit dem Emblem „Diamondtraffickills“. Bitterböse geht Sierra auch gegen das Verdrängen der Vergangenheit an und stellt Leute in die Ecke, damit sie sich für ihr Wegsehen schämen. Als skandalträchtigster Einfall machte er 2006 mit Autoabgasen eine ehemalige Synagoge bei Köln zur Todeskammer. Auch diese Reminiszenz an den Holocaust hat Sierra mit Schwarz-Weiß-Fotos dokumentiert. Hunderte davon hängen als Tableaux an den Wänden der Hamburger Phoenix-Hallen. Auf dem Betonfußboden türmen sich schwarze Schläuche, durch die in der Synagoge das giftige Kohlenmonoxid strömte. Selbst die Relikte der umstrittenen Aktion besitzen beklemmende Wirkung. Sierra reduziert die Realität zum minimalistischen Statement. Letztlich gibt er bei allen der 70 gezeigten Werke die Wirklichkeit wieder.


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Mittwoch, 4. Dezember 2013

Fintan O'Toole: The nation’s children will go on paying the cost of the bailout for some time - Opinion: The gap in health between the best-off and worst-off children has doubled in the three years after the bank guarantee

It may not have been open to governments since 2008 not to inflict pain – but it was open to them not to inflict pain on those who could least bear it. Those who can least bear it are children in families at risk of poverty. Even in the first three years of the crisis – when budgets were actually fairer than they have been under the present Government – very little effort was made to protect them. On the contrary, the effects of the recession have been concentrated disproportionately among those who were already struggling. In the Growing Up in Ireland study, just 14 per cent of mothers in the top tranche of earners said the recession has had a “very significant” effect on them. The equivalent for mothers in the bottom tranche was 34 per cent. Hence the silent scandal that we can see the effects of this inequality even in very young kids. The starkest reality is that the health of the children in families where there is no work declined very substantially after the bank bailout. In September 2008, 79 per cent of these kids were classed as “very healthy”. By 2011, just 67 per were very healthy.

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Dienstag, 3. Dezember 2013

Susanne Führer: GENERATION PREKÄR - "Der Fahrstuhl nach oben funktioniert nicht" - Der Soziologe Klaus Dörre über die Zukunft der Arbeit

"Was wir aber sehen, ist eine deutliche Zunahme auch innerhalb der Altersgruppe der bis 24-Jährigen eine deutliche Zunahme von atypischen und prekären Jobs. Mittlerweile ist es so: Das waren vielleicht mal 24 Prozent vor zehn Jahren, die ein solches atypisches Beschäftigungsverhältnis durchlaufen haben. Jetzt sind es in manchen Bundesländern schon deutlich über 50 Prozent. Also, Sie sehen schon das deutliche Anwachsen. Und um jetzt rauszufinden, was mit dem Betreffenden geschieht, müsste man dann gewissermaßen in die Zukunft schauen können, und müsste sehen können, wie sich die Berufskarrieren entwickeln. Und da stellen wir fest, wenn man etwa auf Hochschulabsolventen schaut, dass, abhängig von der Fachrichtung nach fünf Jahren die meisten doch in bessere Verhältnisse gekommen sind. Wobei es dann deutliche Unterschiede gibt etwa zwischen Volks- und Betriebswirten auf der einen Seite und Politologen oder Soziologen auf der anderen Seite. Letztere sind dann meist immer noch 1000, 1500 Euro unter dem Level, was sozusagen im Beruf ansonsten verdient wird, während es bei den Ökonomen sehr schnell eine Angleichung der Gehälter gibt."

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Martin Hitz: Das Trendmedium «Buzzfeed» - In den USA entsteht drolliger Journalismus - Die amerikanische Website «Buzzfeed» gilt derzeit als Trendsetter im digitalen Journalismus. Sie vereint erfolgreich lustige Tierbildchen mit seriösem Journalismus. Dieses eigenartige Phänomen bedarf der Erklärung.

Die üppig sprudelnden Werbeeinnahmen und die fast 50 Millionen Dollar an Risikokapital, die «Buzzfeed» in den letzten Jahren zugeflossen sind, haben es dem Unternehmen erlaubt, eine schlagkräftige Truppe von derzeit rund 140 Journalisten und Reportern aufzubauen. Unter der Leitung des 37-jährigen Ben Smith − bekannt dafür, selbst dem kleinsten Primeur nachzujagen − arbeiten mittlerweile meist jüngere Redaktorinnen und Redaktoren, die sich die Sporen mitunter bei Titeln wie dem «Guardian», dem «Wall Street Journal» oder der «New York Times» abverdient haben. Als Leiter des auf rund sechs Mitarbeiter veranschlagten Investigativ-Ressorts hat sich jüngst gar ein Pulitzerpreisträger auf das «Buzzfeed»-Abenteuer eingelassen. Selbst vor langen Reportagen schreckt «Buzzfeed» nicht mehr zurück.

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Miges Baumann: Gastkommentar zum Welthunger - Auf dem einen Auge blind

Jede Bank, mit der Brot für alle bisher im Kontakt war, argumentierte, dass sie selber nur ein kleiner Player sei und daher keinen Einfluss auf die Richtung und die Höhe der Preisausschläge an den Futures-Börsen habe. Nur: Viele einzelne kleine Banken bewegen auch viel. Allein die Fonds von Schweizer Banken, die öffentlich aufgelegt sind, beteiligen sich mit mehreren Milliarden Franken an der Spekulation mit Nahrungsmitteln. Dies zeigt eine neue Recherche von Brot für alle und Alliance Sud. Auch kleine Akteure müssen für ihr Tun und die möglichen Folgen selber Verantwortung übernehmen und ihre Anlagen ethisch begründen. Wie will ein Bankberater aber seiner Kundin verständlich machen, dass eine Anlage in diesen oder jenen Indexfonds möglicherweise Hunger verursacht und für arme Menschen lebensbedrohlich sein kann?

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Axel Vogel: Flucht vor dem Holocaust - Die rettende Insel - Vor 75 Jahren bekamen dank einer Initiative der britischen Regierung viele Kinder vor dem Holocaust Zuflucht in Grossbritannien. Unter ihnen war auch Kurt Beckhardt. Der Jahrestag hat viele Erinnerungen geweckt.

Kurt wollte in England bleiben, doch seine Eltern zog es im März 1950 nach Deutschland zurück. Der Sohn fühlte sich verpflichtet, beim Neuanfang zu helfen. Anders als seine Schwester, die in Grossbritannien blieb und sich fortan Susan nannte. Dass sich der 23-Jährige trotz verheissungsvollen Perspektiven in London und einer jungen Liebe dem Willen des preussisch-strengen Vaters fügte, bezeichnet er heute als grössten Fehler seines Lebens. Denn zurück in Sonnenberg musste er feststellen: Der Ungeist des Nationalsozialismus war auch nach dem Untergang des «Tausendjährigen Reiches» in vielen Köpfen höchst lebendig. Offene Ablehnung schlug seiner Familie entgegen. Fritz Beckhardt erhielt erst nach einem langen Rechtsstreit das alte Lebensmittelgeschäft zurück. «Warum seid ihr zurückgekommen?», lautete eine Frage, die sich der Sohn oft anhören musste. Damit folgte nach der leidvollen Ausgrenzung vor dem Krieg eine zweite, die ebenfalls Jahre währen sollte. Wegen der Ächtung war Kurt Beckhardt lange Junggeselle geblieben. Erst durch eine Annonce seiner Mutter lernte er mit 30 Jahren seine heutige Frau Melitta kennen. Gramgebeugt über die Ablehnung der Sonnenberger starb 1962 der Vater. Der Sohn verkaufte 1977 das Geschäft und schuf sich ein Domizil oberhalb des Ortes. Der besseren Versorgung im Alter wegen zog Kurt Beckhardt 2007 ins Rheinland zu Sohn Lorenz. Er liess seinen Heimatort mit unguten Erinnerungen zurück.

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SIMON USBORNE: Faceless drones won't solve Amazon's PR problem Ten miles in 30 minutes? - A teenager on a scooter could do that in less time

First, the suggestion that the drone story might not be a PR stunt. Really? Give it five years, Bezos says. That’s five years to work out a way to serve people who happen to live within 10 miles of an Amazon warehouse, while dealing with things like power lines, buildings, the lack of landing sites at your average flat, wind, vandalism, crashes, the risk of drone theft. Also, ten miles in 30 minutes? A teenager on a scooter could do that in less time. But then a drone doesn’t demand minimum wage (Amazon warehouse workers get a bit more). Given some of the recent coverage of the store’s pay and working conditions, its vision of an unmanned future is especially timely.

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Steffen Roski: Weg mit dem bedrohlichen Strafsystem - Nein sagen zu Hartz-IV-Sanktionen! - Inge Hannemann unterstützen!

Viele Menschen unterstützen bundesweit die Petition für die Abschaffung der Hartz IV-Sanktionen. Bis zum 18. Dezember müssen 50.000 Unterschriften gesammelt werden, heute sind es gerade einmal die Hälfte. 

Vor dem Hamburger Jobcenter in der Norderstraße haben sich am 3. Dezember zahlreiche Aktivist_innen versammelt, um für die Petition zu werben. Mit dabei auch die Petentin Inge Hannemann, Mitarbeiterin im "Jobcenter" Altona.  Sie war dort bislang zuständig für junge Erwerbslose bis zu 25 Jahren und gehört zu jenen Mitarbeiter_innen, die sich weigern, grundrechtsverletzende Sanktionen zu verhängen. Nachdem ihre Proteste intern ergebnislos verhallten, machte sie die systematische Entwürdigungs- und Restriktionspraxis öffentlich.

Wichtig für den Erfolg der Petition ist das Engagement vieler Menschen sowie von Initiativen und Bewegungen. Auch die Partei DIE LINKE unterstützt die Petition aktiv. In Hamburg mit von der Partie: Kersten Artus, zuständig in der Linksfraktion für die Fachthemen: Frauen, Wirtschaft, Gesundheit. Obfrau im Eingaben-Ausschuss und Vize-Präsidentin der Hamburgischen Bürgerschaft.

Vor dem Jobcenter

Wohin des Wegs?

Immerhin: Hier darf man etwas ...

Kersten Artus im Gespräch mit Inge Hannemann, Pressevertreter_innen im Hintergrund







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Montag, 2. Dezember 2013

Mailingliste Anti-Bertelsmann: Hartz IV - Abschaffung der Sanktionen - wichtige Petition!

Werte Mitstreiter*in,

ich möchte Dich heute (einmalig) auf eine wichtige Sache hinweisen, die eigentlich unser aller größter Aufmerksamkeit bedarf, sonst aber eventuell "unterzugehen" droht.

Gerade läuft eine sehr, sehr wichtige Petition an den Deutschen Bundestag - und sie wurde von einer ausgesprochen kompetenten Person eingereicht - die ihrer persönlichen Zurückhaltung wegen bisher noch nicht einmal als Petentin genannt wurde. Die Petition kommt von keiner geringeren als der ehemaligen Hamburger Jobcenter-Mitarbeiterin Inge Hannemann, die wegen ihrer Kritik am Hartz-IV-Sanktionssystem selbst suspendiert wurde.

Um diese Petition geht es:

* Petition 46483
Arbeitslosengeld II - Abschaffung der Sanktionen und Leistungseinschränkungen (SGB II und SGB XII) vom 23.10.2013
 <https://epetitionen.bundestag.de/petitionen/_2013/_10/_23/Petition_46483.nc.html>

Text der Petition:
Der Deutsche Bundestag möge beschließen, die Paragrafen im Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (Grundsicherung für Arbeitsuchende, § 31 bis § 32 SGB II) und im Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (Sozialhilfe, §39a SGB XII) ersatzlos zu streichen, die die Möglichkeit von Sanktionen bzw. Leistungseinschränkungen beinhalten.

Begründung:
Die Sanktionen (§ 31 und § 32 Zweites Buch Sozialgesetzbuch) und die Leistungseinschränkungen (§ 39 a Zwölftes Sozialgesetzbuch) verletzen das Recht auf die Absicherung des zwingend gesetzlich festgelegten soziokulturellen Existenzminimums. Wem ganz oder teilweise die Grundsicherungsleistung gestrichen wird, dessen Existenz und gesellschaftliche Teilhabe ist bedroht.


Zu Frau Hannemann und ihrer wichtigen Petition - die uns *ALLE* angeht - berichtet auch die Zeitung von heute:

Junge Welt, 2013-12-02 - »Bedrohliches Strafsystem«
Suspendierte Fallmanagerin Hannemann sucht 50000 Unterstützer für ihre Petition gegen Hartz-IV-Sanktionen
Von Susan Bonath
 <http://www.jungewelt.de/2013/12-02/050.php>


Da das Sanktionssystem von Hartz IV im Prinzip uns *ALLE* betrifft - direkt als von ALG II Betroffene oder indirekt als (angebliche) Unternehmer*in der eigenen Arbeitskraft in Berufstätigkeit, die*der zur Lohndrückung einem erheblichen Niedriglohn-Sektor mit seinen prekären Beschäftigungsverhältnissen ausgesetzt und dadurch diszipliniert wird - möchte ich Dich hiermit bitten, diese Petition (bis zum 18.12.2013 = Ende der Mitzeichnungsfrist) mit zu unterzeichnen. Zudem solltest Du den Hinweis auf diese Petition in Deinen Zusammenhängen weiter verbreiten und alle Deine Freund*innen und Bekannten ebenfalls zur Mitzeichnung aufrufen.

Vielen Dank schon jetzt!

Bunte Grüße,
Manfred

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Sabine Mohamed: Flucht nach Europa - In Eritrea bleiben heisst sterben - Eritrea ist eines der repressivsten Länder der Welt. Viele der vor Lampedusa ertrunkenen Flüchtlinge stammten von dort. Zwei Eritreer, denen die Flucht nach Europa gelang, erzählen von ihrer Odyssee.

«Alles, was ich wusste, war, dass ich hinaus aus Benghasi muss», erzählt Abraham. Er schafft es in die Hauptstadt. Von Tripolis ist der Seeweg nach Lampedusa kürzer. Für eine Überfahrt habe er 1600 Dollar bezahlt. Im April seien sie losgefahren. 300 Leute auf einem zweistöckigen, kleinen Boot. Im unteren Stock, wo Abraham sitzt, kommt Wasser rein. Es reicht ihm bis zum Bauch, dazwischen das Erbrochene der Seekranken. Die meisten sind Nichtschwimmer, zum ersten Mal auf hoher See, zehn Tage lang. «Wir haben Glück gehabt.» Sie landen in Lampedusa. Abraham findet, Italien sei wie Afrika, sie wollten aber nach Europa. «Arbeiten und das bessere Leben.» Schliesslich hat er einst Betriebswirtschaft studiert.

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nzz.ch: Simone Dietz im Gespräch mit der NZZ - "Wer bei Verstand ist, hat auch das Lügen gelernt" - Interview: Claudia Wirz

"Erziehung vermittelt neben der Einübung in bestimmte Fähigkeiten auch viele sogenannte Faustregeln. Als Faustregel ist der Satz «Du sollst nicht lügen» durchaus sinnvoll. Es ist für Kinder ja nicht so einfach einzuschätzen, wann Lügen harmlos sind und wann nicht. Aussermoralisch gesehen spielt man immer mit einem Glaubwürdigkeitskredit, der klug eingesetzt werden muss. Problematisch wird es, wenn Kindern vermittelt wird, das Lügen sei das Schlimmste überhaupt und dürfe niemals vorkommen. Dann machen sich Erwachsene unglaubwürdig, und sie erschweren dem Kind die Möglichkeit eines Geständnisses, wenn es sich aus Angst vor Strafe zunächst mit einer Lüge verteidigt hat."

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