Jürgen Trabant: Irrtümer der romantischen Linguistik
Es ist eine Zweitsprache, die in einer typischen Pidgin-Situation entstanden ist (Sprecher mit unvollständiger Beherrschung der dominanten Sprache ihrer Umgebung treffen aufeinander), mit strukturellen Merkmalen, wie sie die Forschung bei Pidginisierungsprozessen festgestellt hat. Die Muttersprachen (und Soziolekte) der Kiezdeutsch sprechenden jungen Menschen sind zum Beispiel Türkisch, Arabisch, Kurdisch, Albanisch, zunehmend auch Berlinisch oder gar Hochdeutsch, nämlich dann, wenn die Kinder des Bürgertums diese Sprachvariante verwenden. Gerade das Letztere, das Einnehmen eines bestimmten sprachlichen Verhaltens in bestimmten Sprechsituationen (unabhängig von der „Erstsprache“), zeigt, dass das Kiezdeutsche statt Dialekt oder Soziolekt eine Varietät ist, die man in der Soziolinguistik ein „Register“ nennt: Es ist eine Varietät für eine bestimmte Situation, die durch den mündlichen Modus der Rede, informelle Sprecherbeziehungen und alltägliche Felder der Rede (etwa Freundschaft, Freizeit, Schule) charakterisiert ist.
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