Dienstag, 10. Juli 2012

fluter.de: Interview mit Ralf Ptak - MACHT EUCH DOCH BLOSS NICHT SO VERRÜCKT

Die Lücke zwischen erhöhten Anforderungen an die Bildung bei gleichzeitigem Sparen sollen private Akteure auf neuen Bildungsmärkten schließen. Bisher war Bildung ein öffentliches Gut und nicht abhängig vom Portemonnaie des Einzelnen. Wenn die öffentliche Hand aber nicht mehr in der Lage ist, dieses Gut in ausreichender Qualität bereitzustellen, muss ich es mir woanders besorgen. Daher steigt zum Beispiel die Anzahl der Privatschulen dramatisch. Auch das Volumen der Schülernachhilfe hat enorm zugenommen. Das ist ein Riesenmarkt, ungefähr zweieinhalb Milliarden Euro pro Jahr. Auch in den öffentlichen Schulen selbst halten marktwirtschaftliche Mechanismen Einzug: Schulen sollen in Wettbewerb miteinander treten, über Sponsoring eigene Mittel einwerben und wie Unternehmen geführt und gesteuert werden. Nach dieser Logik ist der Rektor in Zukunft nicht mehr ein Lehrer unter vielen, sondern eine Art Manager mit betriebswirtschaftlicher Kompetenz, der ein eigenes Budget verwaltet und seine Kollegen „leistungsbezogen“ entlohnen soll. Bei den Unis haben wir ja bereits eine entsprechende Besoldung der Professoren. Und man bekommt kaum noch einen Job, wenn man nicht ausreichend selbst eingeworbene Finanzmittel mitbringt. Die Frage ist, ob wir Schulen und Unis tatsächlich wie ein Wirtschaftsunternehmen behandeln wollen oder ob wir aufgrund der gesellschaftlichen und sozialen Auswirkungen von Bildung ihren spezifischen öffentlichen Charakter weiterhin anerkennen. Aber darüber gibt es leider keine öffentliche Debatte.

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