Donnerstag, 19. Juli 2012

Axel Troost & Philipp Hersel: Die Euro-Krise als Zäsur: Eine neue Finanz-, Geld-, und Wirtschaftspolitik in Europa

Durch die aktuelle Krise sind die Neoliberalen mit ihrem Konzept einer Konkurrenz-EU streng genommen genau da gelandet, wo sie vermeintlich hinwollten: „der Markt“ straft die Verlierer der Staatenkonkurrenz ab und zwingt sie so zu „Anpassungen“. Offensichtlich wurden die dominierenden Regierungen der EU, allen voran die deutsche Bundesregierung, aber von der Wucht überrascht, mit der die Finanzanleger den Krisenstaaten den Geldhahn zudrehten. Deswegen war Krisenmanagement gefragt. Die Regierungen der Euro-Zone haben deshalb zwei Entscheidungen getroffen. Die erste – richtige – Entscheidung war, Griechenland, Portugal und Irland „vom Markt zu nehmen“ und die (Re-)Finanzierung der Krisenstaaten zeitweise über staatliche Kredite der Regierungen abzudecken. Die zweite – verheerend falsche – Entscheidung war, diese Kredite mit extrem brutalen Sparauflagen, Lohnkürzungen und Privatisierungszwängen zu verbinden. Wenn ein Land ohnehin in einer Wirtschaftskrise ist, wirkt jeder gesparter Euro doppelt: Erstens schrumpft die Wirtschaft, weil z.B. die öffentlichen Bediensteten niedrigere Gehälter bekommen. Im Zweitrundeneffekt schrumpft die Wirtschaft noch mal, weil dieselben Bediensteten das fehlende Gehalt nicht mehr zum Bäcker, Klempner oder Friseur tragen. Solange die Wirtschaft schrumpft, kann ein Staat seine Schulden nicht senken, denn ihm fehlen plötzlich viele Einnahmen (v.a. Steuern), er kann seine Ausgaben aber nicht kurzfristig gleich stark senken. Bei Schuldenproblemen muss daher das oberste Credo immer sein, das Einkommen zu halten und langsam zu steigern, und dann durch wohl überlegte zielgenaue Einsparungen (z.B. bei ökologisch kontraproduktiven Subventionen) die Überschüsse zu erhöhen. Die Sparauflagen der EU-Kommission, der Europäischen Zentralbank und des Internationalen Währungsfonds haben es Griechenland aber verboten, diese ökonomische Binsenweisheit zu befolgen.

Mein Blog befasst sich in einem umfassenden Sinn mit dem Verhältnis von Wissen, Wissenschaft und Gesellschaft. Ein besonderes Augenmerk richte ich dabei auf die Aktivitäten des Medien- und Dienstleistungskonzern Bertelsmann und der Bertelsmann Stiftung.

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